Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
Ordnung?«
»Das geht Sie nichts an. Ich muss sofort John sprechen.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte ratloses Schweigen.
»Es geht um Leben und Tod!«, drängte sie ungeduldig.
»Hatten Sie einen Unfall?«
»Nicht ganz. Irgendwie schon. Hören Sie, nun machen Sie endlich. Es ist dringend.« Aufgebracht trat Audrey von einem Fuß auf den anderen. Sie sah sich selbst im Spiegel an. Wirr sah sie aus, irre, völlig durchgedreht.
»Aber Sie sind nicht verletzt?«
»Und wie verletzt ich bin!«, schrie sie ungehalten. »Darum muss ich ja mit John sprechen!«
»Soll ich einen Krankenwagen rufen?«
»Himmel, nein! Doch nicht körperlich verletzt. Ach, hören Sie doch einfach auf, meine Zeit zu verschwenden.«
»Audrey, Sie reden wirres Zeug. Und außerdem kann ich Ihnen Johns Telefonnummer nicht geben. Der Kontakt zu unseren Klienten läuft ausschließlich über mich.«
»Zum Teufel mit Ihren Regeln!«, schrie Audrey zornig. »Die wurden sowieso schon lange gebrochen.«
»Wie meinen Sie das?«
Pickles schnurrte laut, strich Audrey um die Beine und schnupperte an ihren blutigen Fersen.
»Ich meine, es ist rausgekommen! Alle wissen es. John wurde bloßgestellt!«, heulte sie.
»Ach, ich verstehe!« Geraldines Stimme war die Erleichterung anzuhören, die fast schon nach Belustigung klang. »Tja, nun, ich glaube, das wird John nicht weiter beunruhigen. Denn Sie müssen wissen, er hat sich dazu entschlossen, seine Arbeit beim Escort-Service aufzugeben.«
»Er hört auf? Wie – ganz und gar? Er trifft sich mit keiner seiner Klientinnen mehr?« Zum ersten Mal, seit sie aus dem Sitzungsraum im Hauptquartier des BdP gestürmt war, stand Audrey wie versteinert da.
»Ja.«
»Also keine weiteren Verabredungen? Mit niemandem?«
»Ganz recht.«
Audrey schnappte nach Luft. Endlich wurde es wahr! Nach so langer Zeit geschah das, was sie sich immer erträumt hatte! »Ja, aber, verstehen Sie denn nicht?«, erklärte sie ganz aufgeregt. »Umso wichtiger ist es für mich, ihn zu sprechen! Es muss nämlich einiges geklärt werden, ehe wir endlich zusammen sein können!«
»Was denn? Es gibt nichts zu klären. Und Sie beide werden nicht zusammenkommen. Audrey, Sie müssen endlich loslassen!«
»Loslassen? Ach, verflucht noch eins! Sie verstehen aber auch gar nichts. Geben Sie mir sofort seine Nummer! «
»Sie kennen unsere Regeln: Wir geben keine Privatnummern an Klientinnen heraus.«
»Aber Sie haben doch selbst gesagt, er arbeitet nicht mehr beim Escort-Service, und ich bin keine Klientin mehr!«, jaulte Audrey in verzweifelter Wut. Sie war nicht so weit gekommen und hatte so viel durchgemacht, nur um sich jetzt von Geraldine und ihren vermaledeiten Prinzipien abwimmeln zu lassen.
»Audrey, nein«, entgegnete Geraldine bestimmt. »Ich gebe Ihnen die Nummer nicht. Vor allem nicht, wenn Sie in einem solch aufgelösten Zustand sind.«
»Aufgelöster Zustand? Wie meinen Sie das?«
»Sie sind nicht Sie selbst, Audrey. Im Moment könnten Sie etwas tun oder sagen, was Sie später bereuen.«
»Bereuen? Ich sage Ihnen, was ich bereue! Ich bereue es, diese Sache nicht schon vor Jahren aufgeklärt zu haben. Ich bereue die Zeit, die John und ich vergeudet haben.«
Eine lange Pause entstand. Verzweifelt klammerte Audrey sich an den Hörer. »Es tut mir leid«, sagte Geraldine schließlich.
Das traf Audrey mitten ins Herz. Die Ungerechtigkeit ihrer beharrlichen Weigerung raubte ihr den Atem. Wenn sie nicht mit John reden oder ihn noch einmal für einen Abend buchen konnte, wie sollte sie ihn dann je wiedersehen? Wie sollten sie einander sagen, dass sie sich liebten? Wie sollte irgendwas auf dieser Welt jemals wieder gut werden?
»Könnten Sie mir dann wenigstens sagen, wo er heute ist?«, krächzte sie mit gebrochener Stimme. »Bitte? Ich bin wirklich verzweifelt, Geraldine.«
Wieder wurde es lange still.
»Womöglich finden Sie ihn im historischen Viertel südlich des Flusses«, sagte Geraldine endlich. »Mehr kann ich Ihnen nicht verraten. Aber, Audrey …?«
Sie bekam keine Antwort mehr. Die Haustür flog krachend ins Schloss, und das gesprenkelte Glas verzerrte Audreys unförmige Gestalt, die schnurstracks den kleinen Pfad hinunterstolperte. Zurück blieben nur der protestierend maunzende Pickles und ein kleines Tröpfchen Blut auf dem Teppich.
John
J ohn sah auf seine Armbanduhr.
»Ich sollte mich auf die Socken machen.«
Emily, die am Küchentisch saß, schaute von ihrem Laptop auf.
»Macht es dir was
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