Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
Vom Netzwerk:
den Atem aus.
    »Du scheinst ganz mit­ge­nom­men zu sein«, be­merk­te ich.
    »Bin ich auch.«
    »Ich hät­te nicht ge­dacht, daß dir so et­was Angst ein­ja­gen könn­te.«
    »Da hast du dich eben ge­irrt.«
    »Aber warum? Der Ab­sor­ber hat uns …«
    »Der Ab­sor­ber hat uns ei­ni­ge falsche In­for­ma­tio­nen ge­ge­ben.«
    »Viel­leicht hat er das. Aber jetzt brau­chen wir uns kei­ne Sor­gen mehr zu ma­chen. Wir sind da. Das ist die letz­te Hür­de. Den Gang hin­un­ter und durch die Tür. Komm.«
     

 
10
     
    Als wir auf ei­nem Bal­kon stan­den, der den ge­wal­ti­gen La­ger­raum über­blick­te, konn­ten sich mei­ne Au­gen den vor mir lie­gen­den Di­men­sio­nen nicht an­pas­sen. Das Ge­fühl, ei­ne un­schul­dig aus­se­hen­de Tür zu öff­nen, durch einen nor­ma­len Ein­gang zu tre­ten und in ei­ne phan­tas­ma­go­ri­sche Höh­le zu ge­ra­ten, in der mehr als ei­ne Mil­li­on »See­len« ge­la­gert, er­nährt und – viel­leicht nur bis zu un­se­rer An­kunft – ge­schützt wur­den, war schon sehr selt­sam ge­we­sen.
    Mein ers­ter Ein­druck war der, ein wahn­sin­ni­ger Wis­sen­schaft­ler ha­be ei­ne un­ge­heu­er­li­che Ver­wüs­tung an­ge­rich­tet und ein or­dent­li­cher, aber eben­so wahn­sin­ni­ger zwei­ter Wis­sen­schaft­ler ha­be die ein­zel­nen Tei­le wie­der zu­sam­men­ge­fügt. Ein Ge­mäl­de von Hie­rony­mus Bosch, um­ge­formt in ei­ne prä­zi­se, aber dia­bo­li­sche Land­schaft. Al­les war in Li­ni­en und Mus­tern ge­stal­tet. Die Be­leuch­tung war weich, aber nor­mal. Leu­te gin­gen ganz selbst­ver­ständ­lich auf ge­ra­den Gän­gen hin und her. Viel­leicht lag es nur dar­an, was ich über die­sen Ort wuß­te, daß er für mich die At­mo­sphä­re un­ter­drück­ten Wahn­sinns hat­te. Je­den­falls er­kann­te ich beim ers­ten Blick nichts an­de­res als Wahn­sinn. Wahn­sinn lag al­lein schon in der Nor­ma­li­tät des un­ge­heu­ren Raums, des­sen Rück­wand wir nicht ein­mal von un­serm vor­züg­li­chen Aus­sichts­punkt se­hen konn­ten. Heu­te nei­ge ich eher zu der An­nah­me, daß das Ge­fühl des Ab­nor­ma­len, das mich in die­sem Mo­ment von al­len Sei­ten pack­te, ei­ne kor­rek­te Wahr­neh­mung war, die Ema­na­tio­nen von mehr als ei­ner Mil­li­on schla­fen­der Geis­ter, die al­le be­reit ge­we­sen wä­ren, mich zu tö­ten, hät­ten sie nur ge­wußt, warum ich da war. Ich weiß nicht, ob ich die Vi­si­on da­mals hat­te oder ob sie spä­ter in mir auf­ge­stie­gen ist. Aber ich ha­be ei­ne Traum-Er­in­ne­rung an die Mil­lio­nen See­len, ma­te­ria­li­siert zu lang­ge­streck­ten schim­mern­den We­sen, die die Hän­de nach mir aus­streck­ten, und in ei­ni­gen Hän­den wa­ren Mes­ser und Pis­to­len. Der An­blick die­ses Orts er­reg­te Übel­keit, und doch war es ein nor­ma­les, ta­del­los funk­tio­nie­ren­des La­bo­ra­to­ri­um.
    Sta­cy und ich wech­sel­ten einen Blick, sag­ten aber nichts. Wir konn­ten nichts an­de­res tun als an­fan­gen. Oh­ne ir­gend­ein Si­gnal wand­ten wir uns von­ein­an­der ab und gin­gen in ver­schie­de­nen Rich­tun­gen da­von, um je­der sein ei­ge­nes Stück­chen Ter­ri­to­ri­um ab­zu­schrei­ten. Als ich die Me­tall­trep­pe er­reich­te, die ich be­nut­zen muß­te, um in das La­bo­ra­to­ri­um hin­ab­zu­stei­gen, sah ich zu­rück. Ich konn­te Sta­cy nicht ent­de­cken. Of­fen­bar hat­te er sei­ne Trep­pe eher er­reicht als ich und war be­reits auf dem Weg nach un­ten. Ich hat­te beim Ab­stieg das Ge­fühl, die Trep­pe schwan­ke von ei­ner Sei­te zur an­de­ren, aber das mag ich mir ein­ge­bil­det ha­ben. Ich kam un­ten an. Die Luft war an­ders. Käl­ter, als blie­sen ver­bor­ge­ne Luft­strö­me aus un­ter­ir­di­schen Höh­len her­ein. So feucht, daß ich mich nicht be­herr­schen konn­te, mit der Hand über die nächs­te Wand zu fah­ren, ob sie schwit­ze. Ein in mei­ner Nä­he ste­hen­der Tech­ni­ker, der ein Pa­neel mit Ska­len­schei­ben und An­zei­gen über­prüf­te, sah mich an, als wol­le er mir gleich ei­ne ge­fähr­li­che Fra­ge stel­len. Es war Zeit, kom­pe­tent drein­zu­bli­cken. Ich nick­te dem Mann auf pro­fes­sio­nel­le Wei­se zu und schritt den nächs­ten Gang

Weitere Kostenlose Bücher