Alicia II
früheren Angreifer fröhlich ignorierend, hielt ich Umschau. Da es wenig anderes gab, auf das ich die Augen richten konnte, zogen die fernen Lichtflecken meine Aufmerksamkeit von neuem an. Sie erinnerten mich an Glühwürmchen, die ich bei einem Besuch auf der Farm eines Onkels gesehen hatte. Ich war damals erst sieben oder acht, und ich machte mich mit Eifer daran, die nächtlichen Herumtreiber zu jagen. Manchmal fing ich einen und hielt ihn in einem Krug gefangen, sah ihn sterben oder ließ Gnade walten und ihn bald wieder davonfliegen. Ich hatte so lange Zeit keine Glühwürmchen mehr gesehen, daß ich diese Quasi-Glühwürmchen, die den Nebel bewohnten, unbedingt untersuchen mußte. Doch ich wollte gleichzeitig gut aufpassen, ob der Nebel noch andere Verteidigungsstellungen hatte. Wenn solche Phänomene sich materialisierten und mich umbrachten, würde mein Tod den Aufzeichnungsgeräten noch mehr Material liefern.
Fünf Minuten billigte ich mir zu, um die Glühwürmchen-Lichter genauer zu betrachten. Als ich auf sie zuging, konnte ich beinahe hören, wie Stacy mich verfluchte, denn seine Geräte mußten ihn auf der Stelle über meine Mißachtung der Befehle informieren. Ich wußte jedoch, Stacy würde bleiben, wo er war, bis er zurückkommandiert wurde oder ich in wirkliche Schwierigkeiten geriet. Eins würde er bestimmt nicht tun, nämlich mir ohne Grund hinterherhetzen.
Anfangs dachte ich, die Lichtpünktchen hielten sich in ständig gleicher Entfernung von mir, weil sie, während ich mich ihnen näherte, nicht größer zu werden schienen. Dann erwies es sich, daß dieser Eindruck entweder eine Illusion gewesen war oder daß sie sich nur kurze Zeit zurückgezogen hatten. Bald wuchsen sie vor meinen Augen, und ich erkannte in jedem Lichtfleck Farbtupfer. In jedem Glühwürmchenlicht tanzten mehrere Farben umher. Flecken in den Flecken. Purpur und Orange herrschten vor, und blaue Linien verbanden einige der inneren Farbtupfer. Als ich näher heran war, sah ich, daß die Bewegungen der Glühwürmchenlichter nicht so aufs Geratewohl erfolgten, wie ich ursprünglich gedacht hatte.
Einige flogen ein mehr oder weniger kreisförmiges Muster, andere tanzten kompliziertere, nahezu geometrische Figuren.
Ihr schwebendes Ballett hatte wenig Rhythmus oder Schönheit, aber ich war überzeugt, daß irgendeine Organisation dahintersteckte. Als würden die Lichter von einem Verstand manipuliert. Vielleicht war es der Verstand des Nebels selbst oder der einer Wesenheit, die ich noch nicht gesehen hatte.
Ich kam an eins der Lichter nahe genug heran, daß ich Einzelheiten feststellen konnte. Es war beinahe rund und mit einem Durchmesser von fünf oder sechs Zoll nicht besonders groß. Anscheinend hatte es sogar Substanz, wenn auch der Stoff, aus dem es bestand, nicht greifbar war. Ich hatte Transparenz erwartet, vermochte aber nicht hindurchzusehen.
Mit ausgestreckter Hand prüfte ich, ob es von Wärme oder einer fühlbaren Aura umgeben sei, doch da wich es mir seitwärts aus. Die blauen Verbindungslinien schimmerten, und die Farbtupfer bewegten sich etwas. Aufregung packte mich.
Hier gab es tatsächlich Leben, möglicherweise sogar Intelligenz! Sehr langsam folgte ich dem Licht. Ich kam mir wie ein Tiefseetaucher vor, ein Vergleich, der besser zutraf, als ich damals wußte. Ich versuchte, das Licht zu berühren, und immer wieder bewegte es sich von mir weg, sobald ich ihm näherkam. Jedes Mal in eine andere Richtung. Wir spielen also Katze und Maus, dachte ich, aber warum gebraucht es seine Beweglichkeit nicht dazu, mir einfach zu entfliehen? Was hält es innerhalb einer
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