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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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Pro­ble­me. (Ich un­ter­brach sie mit der Fra­ge, wel­che Re­gie­rung heut­zu­ta­ge an der Macht sei. Sie ant­wor­te­te: »Die üb­li­che. Ist es nicht im­mer die üb­li­che?« Ich ver­such­te, mich an ei­ne Zeit zu er­in­nern, als die po­li­ti­sche Struk­tur der Welt für mich noch so­viel be­deu­tet hat­te, daß ich mir wünsch­te, sie zu er­for­schen. Es war mir im­mer klar ge­we­sen, daß es ei­ne Men­ge Leu­te gab, de­ren Auf­ga­be das Re­gie­ren war, an­ony­me Leu­te, die die Ar­beit auf sich nah­men, weil sie ir­gend­wie not­wen­dig war, und ich hat­te mir nie viel Ge­dan­ken dar­über ge­macht, wer sie wa­ren und was sie ta­ten.) So­bald Ali­cia sich end­gül­tig qua­li­fi­ziert hat­te, wur­de sie auf ih­ren ei­ge­nen Wunsch hin gleich in den Au­ßen­dienst ge­schickt. Sie hat­te haupt­säch­lich des­we­gen mit Aus­ge­mus­ter­ten ar­bei­ten wol­len, weil sie bei ih­rem Test nur ganz knapp durch­ge­schlüpft war. Von den Spe­zia­lis­ten für so­zia­le Pro­ble­me in der Kar­tei der Agen­tur leg­ten nicht vie­le Wert dar­auf, in di­rek­ten Kon­takt mit Aus­ge­mus­ter­ten zu kom­men, des­halb hat­te Ali­cia vie­le und un­ter­schied­li­che Mög­lich­kei­ten. Sie setz­te mir aus­ein­an­der, wie schwie­rig es sei, die Aus­ge­mus­ter­ten emo­tio­nal zu er­rei­chen, be­son­ders je­ne, die ge­gen das Sys­tem auf­be­gehr­ten, und ich dach­te da­bei, daß ich mich seit vie­len Jah­ren in kei­ner Ge­sell­schaft so wohl ge­fühlt hat­te wie in ih­rer. Nicht ein­mal in der Bens und ganz ge­wiß nicht in der Sta­cys, der mir zu oft auf die Ner­ven ging und un­be­re­chen­bar war. Tat­säch­lich gab es nur einen Ver­gleich, und das war mein Zu­sam­men­sein mit Ali­cia wäh­rend mei­ner Re­kon­va­les­zen­ten­zeit.
    Das Es­sen kam. Ali­cia nahm es dem Eta­gen­kell­ner vom Ta­blett und sag­te ihm, sie wol­le sich nicht von ihm be­die­nen las­sen. Sie schlang das Steak und den Sa­lat in sich hin­ein. Ich konn­te mir vor­stel­len, daß sie so­zia­le Pro­ble­me auf die glei­che Art in An­griff nahm. Ei­gent­lich hät­te ich über so et­was hin­weg­se­hen müs­sen, aber es mach­te mir rich­tig Freu­de, wenn sie ein her­un­ter­ge­fal­le­nes Sa­lat­blatt vom Schoß nahm, es schwenk­te, um ein Ar­gu­ment zu un­ter­strei­chen, es in den Mund schob und beim Kau­en auf mei­ne Ant­wort war­te­te. Als sie mit dem Es­sen fer­tig war, schi­en sie mit neu­er Ener­gie ge­la­den. Sie ging im Zim­mer um­her, sam­mel­te un­ser Ge­schirr und un­se­re Be­ste­cke ein und sta­pel­te al­les auf dem Ta­blett. Sie trug ihr Wein­glas von ei­nem Platz zum an­de­ren, stell­te es ab, ent­fern­te sich von ihm, kehr­te zu ihm zu­rück, er­griff es und trug es an ei­ne an­de­re Stel­le, wo sie es von neu­em ab­stell­te.
    Nach meh­re­ren Mi­nu­ten hek­ti­schen Be­we­gens setz­te sie sich plötz­lich hin und ver­fiel gleich dar­auf in ei­ne selt­sam me­lan­cho­li­sche Stim­mung. Sie bat um mehr Wein, und als ich ihn ihr ins Glas goß, be­rühr­te sie zärt­lich mei­nen Handrücken.
    Aber es war die Zärt­lich­keit ei­ner Nich­te, und des­halb be­un­ru­hig­te sie mich nicht. Du bist okay, On­kel, schi­en sie mir mit der Ges­te zu sa­gen, auch wenn du das Den­ken als schlech­te An­ge­wohn­heit auf­ge­ge­ben hast. Ich ver­such­te, das Ge­spräch über ih­re Ar­beit wie­der in Gang zu brin­gen, aber sie brach­te kein In­ter­es­se mehr da­für auf. Dau­ernd un­ter­brach sie mich mit der Fra­ge, wie spät es sei, ob­wohl die Uhr auf der Kon­troll­ta­fel deut­lich sicht­bar war. Mir wur­de lang­sam ein biß­chen schwum­me­rig, da ich schnel­ler ge­trun­ken hat­te als sie.
    Schließ­lich konn­te ich dem Drang, das Ba­de­zim­mer auf­zu­su­chen, nicht mehr wi­der­ste­hen. Als ich wie­der­kam, war sie ein­ge­schla­fen. Ih­ren Kör­per hat­te sie merk­wür­dig zu­sam­men­ge­rollt, Kopf und Rumpf in ei­ne an­de­re Rich­tung als die Bei­ne ge­dreht. Dicht über ih­rem Knö­chel war ei­ne klei­ne Ver­let­zung. Ei­ner ih­rer Schu­he war ihr von der Fer­se ge­rutscht und bau­mel­te wie ein Zier­ge­gen­stand von ih­ren Ze­hen. Ich nahm ihn weg und stell­te ihn auf den Fuß­bo­den. In mei­ner

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