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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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Ge­schich­te über mich schrei­ben woll­te. Und ich war­te­te zwei Stun­den lang in der Ho­tel­hal­le. Und dach­te an Ali­cia. Als ich schließ­lich über­zeugt war, sie wer­de nicht mehr kom­men, ver­such­te ich krampf­haft, mir ein paar äu­ßer­li­che Ein­zel­hei­ten an ihr ins Ge­dächt­nis zu­rück­zu­ru­fen. Wir wa­ren am frü­hen Nach­mit­tag nur für ein paar Mi­nu­ten zu­sam­men ge­we­sen. Die star­ke Hel­lig­keit im Foy­er und die ein- und aus­ge­hen­den Men­schen hat­ten mich ab­ge­lenkt, so daß ich Ali­cia nicht ge­nau be­trach­tet hat­te. Es war nicht ge­nug Zeit ge­we­sen, und mei­ne Er­in­ne­run­gen ga­ben eher einen all­ge­mei­nen Ein­druck als ein le­ben­di­ges Bild wie­der. Be­stimmt hat­te sie mich ver­wirrt. Ich wuß­te, ihr Haar war blond, doch den ge­nau­en Farb­ton hat­te ich ver­ges­sen. War das leb­haf­te Gelb ih­rer Kin­der­zeit mit zu­neh­men­der Rei­fe ver­blaßt? Ich er­in­ner­te mich, daß sie at­trak­tiv war, und doch konn­te ich mir die Zü­ge ih­res Ge­sichts nicht vor­stel­len. Ih­re Au­gen hat­ten ge­leuch­tet, doch ihr hel­les, bei­na­he grau­es Blau war mei­nem Ge­dächt­nis ent­fal­len. Ich hat­te be­merkt, daß sie ei­ne gu­te Fi­gur hat­te. Ih­re zar­te Sym­me­trie er­kann­te ich aber erst viel spä­ter.
    Viel­leicht fiel es mir so schwer, ein Bild von der jet­zi­gen Ali­cia her­auf­zu­be­schwö­ren, weil sich stän­dig das des neun­jäh­ri­gen Kin­des da­zwi­schen­dräng­te. Ich ließ mei­ne Ge­dan­ken in die Ver­gan­gen­heit zu­rück­wan­dern, und ich be­gann mit den schö­nen Din­gen. Im­mer mehr Ein­zel­hei­ten über un­se­re In­va­si­on des Tanz­lo­kals fie­len mir wie­der ein. Ich frag­te mich, ob ich sie nie­der­schrei­ben sol­le, da­mit ich sie wäh­rend un­se­rer Mahl­zeit als ver­ba­le Lecker­bis­sen ei­ne nach der an­de­ren her­vor­ho­len kön­ne. Als Ali­cia nicht kam, ver­gaß ich die­se De­tails wie­der, und ich ha­be mir nie mehr die Mü­he ge­macht, sie mir von neu­em ins Ge­dächt­nis zu­rück­zu­ru­fen.
    Von dem Zeit­punkt an, als ich si­cher war, sie wer­de nicht er­schei­nen, er­leb­te ich im Geist un­er­freu­li­che­re Sze­nen mit ihr, zum Bei­spiel, wie sie weg­ging und nichts mehr mit mir zu tun ha­ben woll­te. Schließ­lich ver­ließ ich die Hal­le und über­leg­te, ob die jun­ge Frau, die mich heu­te nach­mit­tag be­sucht hat­te, viel­leicht ei­ne Be­trü­ge­rin ge­we­sen sei, ab­ge­sandt, um mich ge­sell­schaft­lich zu bla­mie­ren.
    Ich kehr­te in die Sui­te zu­rück, die Sta­cy und ich uns teil­ten.
    Er war noch mit Ben un­ter­wegs. Ich schlief ein und er­wach­te von ei­nem recht au­to­ri­tär­en Klop­fen an der Tür. Ali­cia ge­stand spä­ter, sie ha­be nicht mit so­viel Höf­lich­keit von mir ge­rech­net, als sie sich mit­ten in der Nacht auf mei­ner Schwel­le ma­te­ria­li­sier­te. Der Ein­druck war teil­wei­se dar­auf zu­rück­zu­füh­ren, daß ich mein Lä­cheln eben­so sorg­fäl­tig zi­se­lier­te, wie ich mei­ne zer­drück­te Klei­dung glatt­strich. Ali­cia war noch in Stra­ßen­klei­dung und war je­der Zoll be­rufs­tä­ti­ge Frau.
    »Ich ha­be Sie auf­ge­weckt.«
    »Das macht nichts, macht gar nichts. Ich lie­be es, von Vi­sio­nen der Lieb­lich­keit ge­weckt zu wer­den.«
    Merk­wür­dig, daß ich, nor­ma­ler­wei­se so kalt zu Frau­en, mit ihr gleich von An­fang an scher­zen konn­te. Aber viel­leicht war es doch nicht merk­wür­dig.
    »Ich hof­fe, die­se Be­mer­kung ist iro­nisch ge­meint. Soll­te sie es nicht sein, wür­de ich mich näm­lich nicht sehr dar­über freu­en.«
    »Ver­ste­he ich nicht.«
    »Ich mei­ne die­se Vi­si­on der Lieb­lich­keit. Darf ich ein­tre­ten?«
    »Na­tür­lich. Set­zen Sie sich in den Le­der­ses­sel.«
    »Ha­ben Sie et­was Trink­ba­res?«
    »Einen gu­ten Whis­ky.«
    »Gie­ßen Sie mir schnell et­was ein.«
    Sie nahm das Glas mit ei­nem be­zau­bern­den Lä­cheln ent­ge­gen und trank es durs­tig aus. Dann leg­te sie die Hand auf die Brust und hielt den Atem an. Ih­re Au­gen wur­den feucht.
    »Was ist los?«
    »Nichts. Ich hät­te et­was es­sen sol­len, das ist al­les.«
    »Sie ha­ben kein Din­ner ge­habt.«
    »Nicht einen Bis­sen seit

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