Alicia II
Okay?«
»Okay.«
Als ich, beunruhigt durch seine Gereiztheit, sein Büro verließ, fragte ich mich, welche Erinnerungen mein Verhalten in Ben ausgelöst haben mochte. Er war nicht allein wegen meiner Sturheit ärgerlich geworden. Möglich, daß ihm etwas eingefallen war, das mit meinem Vater zusammenhing, oder mit mir. Vielleicht war auch mein erster Gedanke richtig: Es paßte ihm nicht, wenn man seinen Mut in Frage stellte. Ich hätte ihm gern gesagt, Tollkühnheit sei kein Mut, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt dafür, und den Mut dazu hatte ich auch nicht.
10
Die nächsten Tage waren chaotisch. Stacy und ich mußten unsere Suite im Hotel kündigen und uns eine abgelegene Unterkunft suchen, und dabei spähte ich immerzu voller Unbehagen in jede schattige Ecke, an der ich vorbeikam, und traf mich trotz unseres Trecks rings um die Stadt weiter mit Alicia.
Anfangs sagte ich ihr nichts von den Gefahren. Dann wurde mir klar, daß ich sie ihrer eigenen Sicherheit wegen informieren mußte. Doch ich tat es ungern, weil ich fürchtete, sie könne meine schwierige Situation zum Vorwand nehmen, sich von mir fernzuhalten und ihren Verschwinde-Akt zu einer Dauererscheinung werden zu lassen. An dem Abend, bevor ich aus dem Conplaz auszog, nahmen wir das Dinner zusammen im Hotel-Restaurant, und ich erzählte ihr von den Attentatsversuchen. Alicia zeigte sich besorgt und wütend, eine Reaktion, die mir, das gestehe ich, gefiel.
»So etwas dürfte nicht passieren«, erklärte sie. »Es ist unlogisch, selbst wenn man die Denkweise der radikalen Gruppen zugrundelegt.«
»Ich stimme dir zu, daß es unlogisch ist, aber trotzdem bin ich die Zielscheibe.«
»Ich kenne ein paar Leute. Durch meine Arbeit. Vielleicht kann ich etwas tun, jemandem klarmachen, daß – warum lächelst du?«
»Ich habe den Eindruck, jeder, den ich kenne, hat irgendwelche Verbindungen mit der Fraktion der Ausgemusterten, weiß diesen oder jenen, dem er zureden könnte, meinen Namen von der Liste zu streichen.«
»So? Wer denn sonst noch?«
Ich erzählte ihr von Ben. Ihre Begeisterung überraschte mich.
»Dann kennst du Ben Blounte?«
»Ja, natürlich. Du auch?«
»Nein. Aber ich weiß einiges über ihn. Ein paar – hm – meiner Freunde bewundern ihn.«
»Weswegen?«
»Das weiß ich nicht genau, ich erinnere mich nicht mehr daran, aber sein Name wurde erwähnt.«
Ich hatte das sichere Gefühl, daß sie mehr über Ben wußte, als sie zugab. Sogar ich wurde langsam mißtrauisch gegen ihn.
Er war in dieser Runde irgendwie anders, und das ließ sich nicht allein mit den Möglichkeiten einer neuen Lebensspanne erklären – diesen Möglichkeiten, die ihn, wie er sagte, bewogen hatten, eine weitere Erneuerung zu beantragen. Er war verschlossener geworden, er sprach nicht mehr so wie früher alles aus, was ihm durch den Kopf schoß. Es gab Themen, denen er auswich.
Ich wollte bei Alicia gerade nachhaken, was sie von Ben wisse, als sie mich mit der Frage, ob Stacy und ich homosexuelle Partner seien, völlig aus dem Konzept brachte.
Erst meinte ich, mich verhört zu haben. Die Frage kam so plötzlich, so aus heiterem Himmel, und ich sagte: »Wie bitte?«
»Ich denke schon seit Tagen darüber nach, und ich hatte erwartet, du würdest es mir von selbst sagen. Da du es nicht tust, frage ich eben. Das ist nicht böse gemeint. Du brauchst mir nicht zu antworten. Bitte, tu es nicht, wenn du es nicht möchtest.«
»Nein, das ist es nicht. Ich würde es dir sagen, wenn es so wäre. Ich … ich bin überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, daß …«
Bei meiner Erklärung, nicht homosexuell zu sein, kam ich mir lächerlich vor. Meine Verwirrung beunruhigte Alicia.
»Dann bist du also nicht so, Voss.
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