Alicia
MacGregors ließen ihre Stricke fallen und griffen zu ihren Claymores. Aber dafür war es bereits zu spät; denn Alicias Leute fielen über sie her. Sie hatten ihre Plaids abgeworfen und konnten sich in ihren losen Hemden frei bewegen. Ihr barbarisches Kriegsgeschrei hallte schauerlich von den Tal wänden wider. Alicia warf ihren Rock ab und kämpfte im kurzen Hemd und dem Plaid, das ihr nur bis zu den Knien reichte. Sie blieb im Hintergrund, um ihre Männer anzuleiten, ohne sie mit ihren schwachen Kräften zu behindern. In solchen Minuten verfluchte sie, daß sie an Körperkraft nur eine Frau war.
»Jarl! « schrie sie noch rechtzeitig, um einen ihrer Männer vor dem zweischneidigen Schwert zu retten, das über seinem Kopf schwebte. Sie lief über das Gras, um einen anderen MacGregor daran zu hindern, einen ihrer Leute von hinten anzuspringen. Im Mondlicht blitzte ein Dolch, der zum Stoß gegen Douglas ausholte. Sie sah, daß Douglas seine Waffe verloren hatte. »Douglas! « rief sie und warf ihm ihre zu. Der MacGregor drehte sich, um nach ihr zu sehen, und im gleichen Moment stieß ihm Douglas den Dolch unter die Rippen. Langsam brach der Mann zusammen.
Sogleich schien das Gefecht auf der Weide zum Stillstand zu kommen. Alicia, die diese jähe Wandlung bei den Männern spürte, sah auf den Mann zu ihren Füßen. »Der MacGregor selbst«, flüsterte sie. »Ist er tot? «
»Nein«, antwortete Douglas, »nur verwundet. Er wird in wenigen Minuten wieder zu sich kommen. «
Sie sah umher. Die anderen Männer des Klans MacGregor waren in den Wald geflüchtet, als sie bemerkten, daß ihr Anführer gefallen war. Sie kniete neben dem Bewußtlosen nieder. »Gib mir meinen Dolch zurück«, befahl sie.
Douglas gehorchte ihr, ohne zu zögern.
»Ich möchte, daß sich MacGregor an diese Nacht erinnert. Wie wäre es, wenn ich ihm meine Initialen in die Haut schnitzte? «
»Gar auf die Wange? « meinte Douglas eifrig.
Alicia warf ihm einen kalten Blick zu. Im Mondlicht wirkten ihre Augen wie Silber. »Ich möchte nicht einen neuen Krieg heraufbeschwören, sondern ihm nur ein Andenken hinterlassen. Zudem habe ich gehört, daß MacGregor ein hübscher Mann sein soll. « Sie öffnete sein Hemd.
»Ihr scheint in letzter Zeit sehr empfänglich für hübsche Männer zu sein«, sagte Douglas bitter.
»Vielleicht bist du es nur, den das stört. Ist es die Eifersucht oder der Ehrgeiz, der dich verzehrt? Also laß diese kindischen Bemerkungen und kümmere dich um meine Leute! «
Douglas wandte sich von ihr weg.
Alicia hatte eine Menge Geschichten vom Klanboss MacGregor gehört und wußte, daß er eine Narbe zu schätzen wissen würde, die von einer Frau stammte, der er im Kampf unterlegen war. Sie ritzte ihm nur die Haut mit der Spitze ihres Dolchs und schrieb ihm ein kleines A auf die Schulter. Das war wohl Warnung genug und ein Denkzettel für jeden Räuber ihrer Rinderherden.
Als sie ihm ihre Initiale in den Körper geschnitzt hatte, lief sie zu ihren Männern zurück. Sie eilten durch den Wald zu der Stelle, wo sie ihre Pferde angebunden hatten. Es war ein herrliches Gefühl für sie, zum erstenmal als Chefin des Klans ein Gefecht siegreich bestanden zu haben.
»Zu Tam! « rief sie, als sie wieder im Sattel saß. »Wir wollen ihn aus dem Bett holen. Er möchte sicher gern als erster erfahren, daß der Boss der MacGregor nun das Brandzeichen des MacArran trägt. « Sie lachte bei dem Gedanken, wie wütend der Mann sein würde, wenn er das Geschenk entdeckte, das sie ihm hinterlassen hatte.
Doch das Schicksal wollte nicht, daß sie so rasch wieder nach Hause kamen. Plötzlich öffnete der Himmel seine Schleusen, und ein Wolkenbruch eiskalten Regens ging auf sie nieder. Sie wickelten sich die Plaids um den Kopf, und Alicia dachte sehnsüchtig an den Rock, den sie auf der Kampfstätte zurückgelassen hatte. Blitze schlugen ringsum ein, und die Pferde scheuten bei dem Lärm der Donnerschläge.
Sie ritten am Rand der Klippe über dem Meer. Das war nicht der sicherste, aber der schnellste Weg zurück nach Larenston. Sie wußten, daß die MacGregors ihnen auf diesem gefährlichen Weg entlang der Steilküste nicht zu folgen wagten.
Plötzlich peitschte ein mächtiger Blitzschlag aus den Wolken und fuhr direkt vor Alexander in den Boden hinein. Alexanders Pferd änderte die Richtung, und im nächsten Moment hing es mit den Vorderbeinen über dem Rand der Steilwand. Einen Atemzug lang schwebten Roß und Reiter halb auf dem Land,
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