Alien 2: Verborgene Harmonien
vorgenommen hatte.
De Ramaira konnte sich nur schwach an die Technologie erinnern,
die auf Erde zur Kontrolle der tierischen Arbeitskräfte
eingesetzt wurde, welche Mineralien aus der Tiefsee förderten,
mit Mikrowellen-Kollektoren Farmen und Fabriken im unteren Orbit
betrieben und kostbare Isotopen aus den Brennstäben von
abgeschalteten Kernreaktoren aus dem Zeitalter der Verschwendung
wiedergewannen. Nur wenig deutlicher erinnerte er sich an die
Proteste, die die Staatsgewalt daran gehindert hatten, dieselbe
Technologie einzusetzen, um Kriminelle, die wegen Kapitalverbrechen
verurteilt waren, in gehirnlose Roboter zu verwandeln – eine
höhere Form der Sklaverei und tierischen Arbeitsnutzung. Die
Zombie-Aufstände – praktisch das letzte Aufbäumen
zivilen Protestes. Damals war er noch ein Kind gewesen. Aber ohne
Zweifel war diese Technologie bei den Aborigines angewendet worden.
Die beiden Körper waren auf exakt dieselbe Art modifiziert
worden. Ein Mikroprozessor war auf chirurgischem Weg in die
Bauchhöhle implantiert worden, hatte sein Netz parallel zum
Nervensystem gesponnen und sich im Gehirn breitgemacht, wobei das
Netz die mutmaßlichen motorischen und sensiblen Zentren
übernommen hatte. Dabei war das Implantat offenbar aber nur zum
Teil erfolgreich gewesen, denn die meisten Verbindungen zwischen dem
parasitären Netz und den Wirtssynapsen waren wie bei einer
massiven allergischen Reaktion mehr oder weniger ausgebrannt. De
Ramaira bezweifelte, daß die Abos nach der Einpflanzung
zumindest einen Teil ihres Bewußtseins wiedererlangt hatten.
Beim Menschen hätte die Zerstörung der Nervenbahnen bei
gleichzeitigem Wachstum neuer Reizleiter die
Persönlichkeitsmerkmale zum größten Teil
ausgelöscht, aber niemand wußte genug über das
einwärts gefaltete Abo-Gehirn, das keine Loben aufwies. Niemand
wußte genug darüber. Und jetzt erwartete man von ihm diese
verdammte Zusammenfassung. Man konnte aus allen Fakten nur
schließen, daß Constat Diener für sich rekrutiert
hatte, Diener, die keine Fragen stellen und sich nicht gegen ihren
Herrn auflehnen konnten.
Aber wozu…?
De Ramairas Lethargie wuchs und vermischte sich unmerklich mit
seiner großen physischen Erschöpfung. Es war ein langer
Tag gewesen, keine Frage, wieder einer in einer langen Abfolge von
Tagen ohne Ende. Die Wärme im Zimmer und der angenehme Duft des
Rums verschworen sich gegen ihn. Der Recorder neben ihm lief immer
noch, als de Ramaira schon längst eingeschlafen war.
23 Gegen die Entropie
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Die Stadt lag unter Verdunkelung, durch die Vororte hallten
vereinzelte Schüsse der Insurgenten-Patrouillen, die
herausfinden sollten, wie stark die Verteidigungsanlagen besetzt
waren. Das schwache, aber deutliche Gewehrfeuer flackerte auf und
flaute wieder ab, schwieg manchmal über eine halbe Stunde. Der
frostige Wind trug den Gefechtslärm zu denen herüber, die
an der Jones Beach warteten.
Er erfüllte Rick mit einer Mischung aus Besorgnis und
Nervosität, ein Gefühl, das er auch empfunden hatte, als er
Mount Airy in Richtung Universität verließ. Er zog den
Schaffell-Mantel enger um sich und lehnte den Rücken gegen die
Steinmauer des Amphitheaters, wo er, wie es ihm jetzt schien, in
einem anderen Leben mit Cath auf die Ankunft des Kolonistenschiffes
gewartet hatte, das nie eintraf. Unterhalb von ihm, dunkle Schatten
am dunklen Boden, hockten oder lagen die Einheiten der Dritten
Division der Befreiungsarmee im sandigen Grasstreifen, der die Bucht
säumte, und ruhten sich von dem langen Tagesmarsch aus. Der
Himmel war wolkenverhangen und sternenlos. Als einziger verstrahlte
Cerberus über der See einen schwachen, milchigen Schein.
Rick war so aufgedreht, daß er nicht schlafen konnte, obwohl
er vor Erschöpfung die Augen kaum offen halten konnte. Dabei
brauchte er dringend etwas Schlaf, ehe sie gegen die Stadt
vorrückten. Das leise Gemurmel ringsum verriet ihm, daß es
vielen anderen Insurgenten ähnlich erging.
Die Dritte Division der sogenannten Befreiungsarmee, der Rick und
Jonah Rivington zugeteilt waren, hatte an diesem Tag einen
Gewaltmarsch von über dreißig Kilometern hinter sich. Sie
war von ihrem Biwak auf den Feldern vor Arcadia westwärts
über eine unbefestigte Straße durch die Wälder bis
zur Jones Beach vorgerückt. Schon drei Tage zuvor hatten die
Streitkräfte der Stadt ihre Frontlinie bis zur Hydroponik-Farm
zurückgenommen. Aber eine schlechte Planung und der häufige
Zusammenbruch der
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