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Alien 2: Verborgene Harmonien

Alien 2: Verborgene Harmonien

Titel: Alien 2: Verborgene Harmonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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um sein Handgelenk.
    Eine Wellenfront kalter Intelligenz drang durch die Verbindung und
begrenzte de Ramairas Seh- und Hörvermögen. Tast- und
Geruchssinn schwanden, selbst das Gefühl für den eigenen
Körper verflüchtigte sich. Doch hielt ihn die wankende
chemische Balance durch die Droge des Dingo noch fern von den Dingen
und frei, als Constats Entkernungsprogramm schon in seine
Gehirnwindungen sickerte. De Ramaira ritt wie ein Surfer auf tosendem
schwarzen Licht.
    Und dann implodierte alles.
    Er schien auf einer weiten dunklen Ebene zu stehen. Sein Bein
schmerzte nicht länger. Um ihn herum beugte sich das
hüfthohe Gras unter dem heftigen Wind, der von nirgendwo nach
nirgendwo wehte. Er heulte wie statische Entladungen in seinen
Ohren.
    - Sieh hoch –, sagte jemand hinter ihm.
    Er drehte sich um, aber da war niemand. Und doch war sie hinter
seinem Rücken, ihre Wesenheit, ihr gewichtiger Geist.
    - Sieh hoch –, wiederholte Lieutenant McAnders. De
Ramaira glaubte einen Moment lang, wieder den beißenden Qualm
ihrer Zigarre zu riechen. Er sah auf – und erkannte, was er im
ersten Moment für Sterne gehalten hatte. Sie waren trübe
und verschwommen, sprenkelten in kleinen Haufen einen
gräulich-dunklen Nachthimmel.
    »Wenn das alles Ihre Visionen sind, Lieutenant, steht es
nicht sehr gut um Sie.«
    - Das hat nichts mit mir zu tun, Erdenmann. Du bist jetzt im
Inneren von Constat, wenn auch nicht dort, wo er dich hinhaben
wollte. Nenn es eine Art Erinnerungspuffer, wenn du willst.
Jedenfalls ist es eine neutrale Zone. Einem von uns ist es gelungen,
eine kleine Umleitung in Constats Vergewaltigungs- und
Plünderungs-Programme einzubauen. Die Droge, die du genommen
hast, verschafft uns zusätzlich ein wenig Zeit. Constat wollte
dein Innerstes nach außen kehren und das Brauchbare davon auf
ein ROM-Expertensystem abladen. Aber statt dessen bist du ein
RAM. -
    »Und was ist mit euch?«
    - Ein paar von uns sind noch autonom. Das habe ich meinem Bruder
zu verdanken. Dem, der für den Gouverneur gearbeitet
hat. -
    »Für den Ex-Gouverneur. Ich erinnere mich.«
    - Yeah, dies war seine Vorstellung davon, mir einen Gefallen zu
tun. Statt von Constat geschluckt zu werden, hänge ich jetzt
hier herum. In einem exklusiveren Teil der Hölle, könnte
man fast sagen. All die mit den guten Verbindungen kommen nach und
nach hierher. Hier überdauern wir länger als in dem alten
Niedrigpreis-Distrikt, den Constat kontrolliert. Wir sind frei, haben
Zugang zur Welt draußen. Aber wenn nicht jemand Constat stoppt,
wird er alles in Bewegung setzen, um uns in seine Gruppe
einzuverleiben. Nach dem Kriegsverlauf zu urteilen, wird dies schon
sehr bald geschehen. Das hier mag dir wie ein beschissenes Zweitleben
nach dem Tod vorkommen, aber es ist verdammt viel besser als Constats
Grube. -
    »›Auf halbem Weg meines Erdenlebens verirrt ich mich im
finstern Wald‹…«
    - Löse dich von deinem romantischen Ballast, Erdenmann. Es
ist nichts Romantisches daran, tot zu sein. Hier nicht, und erst
recht nicht, wenn Constat sich erst einmal in dir festgesetzt
hat. -
    Die Stimme von Lieutenant McAnders kam immer noch von hinten. De
Ramaira sah sich erneut um und dachte für einen Moment, er habe
ihren Schatten gegen den wolkigen Himmel gesehen. »Bin ich denn
tot?«
    - Christus, natürlich nicht. Nicht tot. Du ruhst nur, klar?
Wir haben lange auf dich gewartet, Erdenmann. Du wirst uns zur
Freiheit verhelfen. Denn du bist ein gottverdammt unansprechbarer
RAM, verstehst du? Ein freier Agent. Ich zeige dir, was du tun
sollst. Du tust es und befreist uns alle. -
    »Befreien? Was meinst du damit? Wie kann ich hier etwas tun?
Ich weiß nicht mal, wie ich von diesem Ort wegkomme.«
    - Ich werde es dir zeigen. -
    Und dann, ohne das Gefühl einer Bewegung, fiel de Ramaira
durch die Wolken.
    Kleine Lichter glommen um ihn herum und verharrten, als er ihnen
seine Aufmerksamkeit zuwandte, enthüllten die Umrisse einer
körnigen Struktur. Die Konstellationen der Toten, die
Persönlichkeitsmatrizen, gespeichert in Constats
Datenbänken. Fixsterne. Fixierte Wünsche, fixierte
Vorurteile, fixierter Haß. Haß auf Veränderungen,
Haß auf die Lebenden.
    Nur einige wenige leuchteten hell. Die meisten waren nur noch
erlöschendes Geflimmer, hatten sogar die eigenen Namen
vergessen. Da und dort vereinten sie sich zu schwachen Plejaden, ein
paar der Stärkeren hatten Satellitenschwärme gebildet. Hier
eine murmelnde Kometenwolke um die aschfarbenen

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