Alien 3: Ewiges Licht
Das
unendliche weiße Band des Strandes, der den Rand der See von
den in sich verflochtenen Strukturen der fraktalen Wüste
trennte. Suzy schaute aus nach der Bucht der Schattentänzer,
aber der Strand war schon von einem Band zu einer schmalen Linie
geschrumpft. Und über den fernen Horizont erhob sich wie immer
der stechend goldene Schimmer der himmlischen Zitadelle…
Suzy empfand bei dem Anblick eine schreckliche Sehnsucht. Wenn sie
könnte, hätte sie einen Immelmann gedreht und wäre auf
den flüchtigen Schimmer losgerast. Bei Mach fünf horizontal
würde sie ihn bestimmt erreichen. Aber sie wußte,
daß es nicht so war, nicht für sie.
Und während sie noch so dachte, begann sich alles um das
Schiff herum wegzukrümmen und eine Richtung einzuschlagen, die
sie nie vorher bemerkt hatte. Das Schiff bebte. Booster und
Reaktionsmotor setzten aus; und obwohl Suzy das Steuerpult nicht
berührt hatte und die Katalfissionsbatterie nicht beansprucht
wurde, befand es sich plötzlich im Kontraraum.
1
Die Vingança war aus einem von etwa zwei Dutzend
Wurmlochgruben herausgekommen, die den Äquator eines
unregelmäßigen Planetoiden umgaben. Und der Planetoid war
in Umlaufbahn um einen massiven roten Überriesen, ungefähr
fünf Lichttage entfernt von dem Schwarzen Loch im Zentrum der
Galaxis, tief in dem gezackten Oval seiner Sammelscheibe. In der
Nähe schwebte ein riesiger Gasbogen über den Himmel, ein
geflochtener Strom aus glühenden Filamenten und
Spiralbändern um magnetische Feldlinien, so ungeheuer, daß
das Sonnensystem nicht mehr wäre als ein von seinen
Flußenergien fortgewirbeltes Blatt. Der Strom krümmte sich
einwärts um das Schwarze Loch und erstreckte sich weit durch die
Hülle aus Gaswolken, die die Sammelscheibe umgaben.
Dieselben Gaswolken, Reste einer gewaltigen Explosion vor
hunderttausend Jahren, verdunkelten auch die meisten Sterne des
galaktischen Zentrums. Es war nicht das hübsche Bild, das man
Dorthy auf P’thrsn gegeben hatte, von einer großen
Juwelenschachtel von Sternen, die dicht gedrängt in sauberen
stabilen Bahnen liefen und klar und sauber ein Schwarzes Loch
umgaben, das alle interstellaren Trümmer ausgefegt hatte. Von
den etlichen Millionen Sternen, die in das zentrale Parsec gepackt
waren, befanden sich nur ein paar tausend wirklich innerhalb der
Gashülle. Einige, einschließlich eines Haufens sehr
heißer und sehr junger Sterne, waren in die Hülle der
Gaswolken eingebettet. Die meisten waren außerhalb von ihr und
nur im Infrarot sichtbar. Diejenigen, welche sich innerhalb der
Hülle befanden, waren zumeist massive rote oder blaue Sterne;
und sie alle hatten keine Planetensysteme und zeigten irgendeine
Abweichung von der normalen Sternentwicklung. Manche, abgeflachte und
extrem instabile eruptive Sterne, waren offensichtlich Produkte
kürzlich erfolgter Zusammenstöße. Andere waren nackte
Kerne, die durch Gezeitenerhitzung entblößt worden waren,
oder so dicht umeinander kreisten, daß sie durch Schleifen sich
vermischender Gase überbrückt waren. Sie alle bewegten sich
mit ungeheuren Geschwindigkeiten um das Schwarze Loch, und viele, wie
der matte rote Überriese, um den der Wurmlochplanetoid mit mehr
als der zehnfachen Distanz kreiste wie Pluto um Sol, waren ihrer
äußeren Schicht durch überschnelle Winde ionisierter
Gase beraubt worden.
Was den Planetoiden anging, so war er größer als der
Erdmond, aber seine Masse war viel kleiner. Und das mußte auch
so sein, denn er war nicht die übliche abgeplattete Sphäre,
die bei einem Körper seiner Größe zu erwarten
wäre, sondern eine Art Hantel, als ob etwas an beiden Polen
zugegriffen und versucht hätte, ihn auseinanderzureißen.
Seine äquatoriale Einschnürung war übersät mit
Wurmlochausgängen; aber anstelle einer gescheckten Landschaft
durch Öffnen und Schließen von Wurmlöchern wie auf
Colcha war das Gelände am Äquator gleichförmig
chaotisch, während die aus Wasser-Eis bestehenden
Oberflächen der gegenüberliegenden Hemisphären so
glatt waren, daß sie maschinell mit einem Zentimeter Toleranz
hätten hergestellt sein können.
Und als ein eilends gestarteter Kartierungssatellit am Ende des
zweiten Tages seine Daten zu übermitteln begann, wurde
plötzlich klar, daß Menschen nicht als erste durch eines
der Wurmlöcher des Planetoiden gekommen waren. Eine riesige
Struktur war über einem flachen Krater in der engen Taille des
Planetoiden ausgebreitet. Ein Hektar eng verflochtener
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