Alien Earth - Phase 1
ein Kind, ein pfiffiges und geschicktes vielleicht, aber dennoch ein Kind. Eine Flucht durch die Nacht, an den Gardisten und den Bahnpolizisten vorbei, würde gemeinsam mit ihr unmöglich sein.
Wieselflink trat auf den dunklen Gang und lauschte. Die
Achsen des Zugs schlugen. Er raste durch die Nacht, dem Bahnhof entgegen, an dem die Bahnpolizisten ihn erwarteten. Aus dem hinteren Teil, der Richtung, in die sich Fischer gewandt hatte, drangen laute Rufe, dann Schreie. Dort lag Wagen 14, der Ausgang. Wieselflink hatte gehofft, hindurchschlüpfen zu können, während Fischer, auf Heimlichkeit bedacht, die rettenswerten Nomaden des Zugs zusammentrommelte. Es hatte nicht funktioniert, das Geschrei bewies es. Was nun? Doch auf Fischer warten? Wieselflink wand sich, sah in die Gegenrichtung. Die Tür zu Wagen 1 stand auf, gedämpftes Licht drang aus dem Schlitz.
Wagen 1. Fischers Wagen. Der Wagen der Gardisten. Der Wagen, der einem gewöhnlichen Nomaden wie ihm verschlossen war. Und nun stand die Tür offen. Einladend.
Wieso eigentlich nicht?
Wieselflink huschte zu der Tür, lauschte. Nichts. Vorsichtig schob er sich durch den Schlitz. Der Wagen war verlassen. Es war ein Großraumwagen, ohne Abteile. Auf einer Seite zog sich eine lange Reihe Matratzen hin. Sie bildeten eine gemeinsame Fläche. Decken und Kissen lagen verstreut auf und neben den Matratzen, als wären die Gardisten, die hier schliefen, aufgesprungen und hätten alles liegen und stehen lassen. Nein, nicht alles, stellte Wieselflink fest, als er in das Innere des Wagens trat. Auf der gegenüberliegenden Seite der Matratzen standen hohe, schmale Schränke. Die Türen waren geöffnet. In den Schränken waren Holzgestelle angebracht, nicht für Kleidung, eher für … nein, das konnte nicht sein. Das Große Pack war furchterregend effizient, Wolf und seine Zugführer wie Fischer verstanden es, mit dem Ministerium umzugehen, aber eine mit Gewehren ausgerüstete Garde?
Wieselflink ging weiter. Er schwankte, der Zug bockte und sprang bei dem hohen Tempo auf den ausgeleierten Schienen. Am Ende des Wagens war ein Abteil. Wieselflink ging hinein. Es musste Fischer gehören. Ein Rechner stand auf einem Tisch, daran angeschlossen ein Drucker, auf dem der Zugführer die Listen für Wieselflink und die Mustervorlagen für die
Weber drucken musste. Auf dem Boden lag eine Matratze, zwei auf zwei Meter, eigentlich viel zu groß für den kleinen, alten Mann. Zwei Decken und zwei Kissen lagen unordentlich darauf.
Wieselflink tastete die Fenster ab. Sie waren versiegelt, wie überall im Zug. Er überprüfte die Tür. Sie war verschweißt. Weiter. Wieselflink klopfte die Wände ab. Eine Seite, dann die andere. Er schob die Matratze weg und … fand eine Klappe! Er beugte sich vor, drehte an dem Griff und …
… wurde von allen vieren gerissen, als der Zug quietschend eine Notbremsung vollführte. Er kam zum Stehen. Einige Sekunden lang herrschte überraschte Stille, dann explodierte der ängstliche Aufschrei von hunderten Nomaden, die sich unsanft aus dem Schlaf gerissen fanden. Von draußen glaubte Wieselflink gebrüllte Kommandos zu hören, hörte weitere, die durch den Zug hallten. Dann knallten Schüsse. Seine Vermutung hatte zugetroffen: Die Gardisten hatten Gewehre.
Raus! Nur weg hier!
Wieselflink sprang auf, nahm Ziel und trat gegen die Tür. Blind warf er sich durch die Öffnung, kam mit der Schulter hart auf dem Schotter auf und rollte sich ab.
Grelles Licht aus Scheinwerfertürmen blendete ihn, warf harte Schatten auf eine Landschaft aus Gleisen, Weichen und rostenden Güterwagen. Es regnete.
Wieselflink schnappte nach Luft - sie schien ihm nach den Monaten im abgeriegelten Zug unnatürlich kalt und frisch - und flitzte los. Er hatte keine Zeit, die Lage zu überblicken. Er musste Abstand gewinnen, irgendwo in dem Gewirr der Schienen und Wagen verschwinden, sich gegen den Boden drücken, mit ihm verschmelzen und darauf warten, dass die Räumung vorüber war. Es konnte nicht lange dauern. Jeden Augenblick würden die Bahnpolizisten sie über ihre Halsbänder ausschalten. Dann konnte er den Morgen abwarten, sich in Ruhe umsehen, das Halsband durchschneiden und sehen, wie er nach draußen kam.
Er war schnell. Gut im Antritt, wie er es immer gewesen
war. Wieselflink flitzte von Gleis zu Gleis, und mit jedem Sprint blieb der Zug weiter hinter ihm zurück, die Schreie, die jetzt verzweifelt schrill waren, die Schüsse - und der Wahnsinn des Großen Packs.
Nachdem
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