Alien Tango
nicht?«
Martini zuckte mit den Schultern. »Warum sollten unsere Lehrer, die
ja auch unsere Eltern, Großeltern und Verwandten sind, uns darüber anlügen?«
Ich konnte gerade noch verhindern, dass ich mir die Zunge durchbiss.
»Oh, ich könnte mir da ein paar Gründe vorstellen.« Ich überlegte, wie ich das
Thema angehen sollte. »Dann stellt also keiner eurer Jugendlichen beim Lernen
irgendwelche Fragen?«
»Doch, natürlich. Über wissenschaftliche Theorien, die Grenzen
unserer besonderen Fähigkeiten, Kontrolltechniken, darüber, wie man sich mit
menschlicher Geschwindigkeit bewegt, auch wenn man es nicht will, und warum wir
den Menschen nicht ähnlicher sein können. So was eben.«
Ich rief mir in Erinnerung, dass sie sich mit ganz anderen Problemen
herumschlagen mussten als menschliche Wesen. Das machte es jedoch nicht weniger
befremdlich. »Dann ist es also eine A.C. -Eigenschaft,
seine Eltern und Lehrer nicht infrage zu stellen?«
»Vermutlich.« Wieder seufzte er. »Ich weiß, worauf du hinauswillst.
Alle haben gelogen, was die Frage anging, wer Ronald Yates wirklich war, und
vielleicht hätten wir Mephisto viel früher aufhalten können, wenn sie die
Wahrheit gesagt hätten.«
»So was in der Art, ja. Es kommt mir nur irgendwie … komisch vor.
Dass ihr erwachsen werdet, ohne vorgekaute Geschichten zu hinterfragen. Und
dass du immerhin der Anführer von allem Möglichen bist und man dir trotzdem
nicht unbedingt alles erzählt.«
»Was auf unserem Heimatplaneten geschehen ist, spielt für unser
Leben hier keine Rolle. Außerdem, wenn die Lüge gut genug ist …«
Ich verstand, was er meinte. Immerhin hatte ich nicht einmal
bemerkt, dass meine Eltern mich über ihre gesamte Lebensgeschichte belogen
hatten. Mir war es wichtiger gewesen, bis nach Mitternacht aufbleiben zu
dürfen. »Punkt für dich.«
»Wenn es dir wirklich so wichtig ist, könnten wir meinen Vater
fragen, wie diese Rasse in Schach gehalten wurde.«
»Und du glaubst, er sagt mir die Wahrheit?«
»Ich schätze, du wirst ihn solange piesacken, bis er es tut.«
»Weiß Richard es auch?« Zurzeit fand ich es gar nicht schwierig,
Informationen aus dem Pontifex herauszukitzeln.
»Vielleicht. Wenn mein Vater es weiß, weiß er es vermutlich auch.«
Okay, jetzt hatte ich eine Aufgabe, wenn ich mal einen Moment Zeit
hatte. Den Pontifex anrufen und ein paar Antworten verlangen. Und das, während
ich mörderische Angriffe vereitelte, herausfand, wer Smith umgebracht hatte und
warum, und während ich versuchte, Martinis Eltern zu beeindrucken. Kein
Problem, ich war ja multitaskingfähig.
Wir rollten in einen gigantischen Hangar und dann zu einer ziemlich
gewöhnlich aussehenden Brücke. Hier drin herrschte keine besonders gute
Beleuchtung, und ich konnte durch die Fenster nicht viel erkennen. Ich fühlte
mich an jeden Horrorfilm erinnert, den ich jemals gesehen hatte. »Wo sind die
Waffen verstaut?« Aus irgendeinem Grund wollte ich eine Waffe bei mir tragen.
»Im Lager«, entgegnete Christopher.
Martini und Gower klappten ein Stück des Bodens hoch. Ich war
fasziniert, denn ich hatte zuvor noch nicht einmal geahnt, dass es unter dem
Boden einen Lagerbereich gab. Christopher stieg in das Loch hinunter und
begann, Waffen und Magazine hochzureichen.
»Nett«, flüsterte Kevin.
»Ich bin sicher, dass sie Lizenzen dafür haben.« Das bezweifelte ich
zwar stark, aber da mir das Lügen nun einmal nichts ausmachte …
Kevin gluckste. »Ich wette dagegen, aber ist schon gut. Sie besitzen
eine eigene Staatshoheit.«
»Ach ja?« Herrgott, was hatte man mir denn noch alles nicht erzählt?
»Wie die amerikanischen Indianer, nur dass ihre Reservate etwas
ausgedehnter sind.«
Interessant. Diesen Indianervergleich hatte ich schon einmal gehört,
aber nicht in Bezug auf die Reservatsache. »Dann werden sie also als ethnische
Minderheit betrachtet?«
»In einigen Regierungsangelegenheiten schon, obwohl sie gleichzeitig
auch amerikanische Staatsbürger sind, entweder eingebürgert oder legal hier
geboren.« Kevin lächelte mich an. »Das weiß ich auch erst seit ein paar
Monaten.«
»Tja, manche von uns bekommen die wichtigsten Informationen immer
zuletzt.« Christopher überreichte mir etwas, mit dem ich vertraut war, nämlich
eine Glock 23. »Oooh, meine Lieblingsknarre.«
»Deine Mutter hat uns darum gebeten, dass wir immer ein paar davon
für dich parat haben.« Christopher schüttelte den Kopf. »Warum trägst du nicht
immer eine bei
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