Aliens in Armani: Roman (German Edition)
es denn? Die Sache mit dem Anpassen, meine ich.«
»Einigermaßen. Jeff kann es am besten, bei Weitem.«
»Versucht du gerade, ihn mir schmackhaft zu machen?«
Reader lachte leise. »Nein, aber er ist wirklich von allen der Anpassungsfähigste. Das war schon immer so, wenigstens, seit er ein Teenager war.«
Das erinnerte mich irgendwie an Chuckie. Auch er war anpassungsfähig. Das musste er auch sein, denn der Intelligenteste im Raum zog allzu oft die unerwünschte Aufmerksamkeit von fiesen Schlägern auf sich. Chuckie war zu einem absolut fantastischen Mann herangewachsen, weshalb ich mich fragte, ob Martini vielleicht eine ähnliche Kindheit erlebt hatte. Andererseits, ob nun aus Loyalität oder aus Sturheit – es dürfte nicht leicht sein, mich davon zu überzeugen, dass irgendjemand es mit Chuckies Hirn aufnehmen konnte.
Der Drang, Chuckie eine SMS zu schicken und ihm zu erklären, was wirklich Sache war, wurde fast unwiderstehlich. Ich meine, sogar Professor X und Brainiac hörten manchmal gern, dass sie recht hatten. Ich linste zu Martini hinüber. Er schlief eindeutig. Ich schmiedete Pläne, einen Außenstehenden über seine Existenz aufzuklären, und er reagierte nicht darauf. »Wie kann Martini bloß schlafen?«
»Ähm, weil er müde ist?«
»Nein, ich meine, er ist doch ein Empath. Er hat gesagt, er hat wirklich starke empathische Fähigkeiten.«
»Hat er auch. Jeff ist der mächtigste Empath auf dem ganzen Planeten.«
»Beeindruckend. Aber er schläft.«
»Ich kann dir nicht folgen, Süße.«
Ich musste irgendwie erklären, was ich meinte, ohne zugeben zu müssen, dass ich Chuckie einweihen wollte.
Aus Readers verwirrenden Erklärungen des Hyperspeeds schloss ich, dass auch er Comicfan war. »Daredevil muss in diesem wassergefüllten Bleisarg schlafen, damit er den ganzen Lärm nicht mehr hört.«
»Oh! Verstehe. Tja, bei den Empathen ist das ein bisschen anders. Sie haben Blockaden.«
Ich seufzte. »Ach, echt? So viel hat Martini mir schon verraten. Ich verstehe aber nicht, was das ist und wie es funktioniert. Und ist das wie bei den X-Men, bei denen sich die Mutantenkräfte erst in der Pubertät zeigen?«
»Ich verstehe das alles auch nicht ganz, weil Paul kein Empath ist, aber ich versuch’s mal. Die besonderen Talente der A.C.s können jederzeit bis zum Erwachsenenalter auftauchen, was bei ihnen, wie bei uns auch, bei etwa einundzwanzig liegt. Je stärker ein Talent ist, desto früher zeigt es sich. Meistens passiert es aber, wie bei den X-Men, irgendwann während der Pubertät.«
»Und was passiert, wenn der erste Akneanfall gleichzeitig mit dieser besonderen Fähigkeit auftritt, und du dann ganz genau weißt, wie deine Mutter darauf reagieren wird, dass du, sagen wir mal, ihr Auto geschrottet hast?«
»Ich frage jetzt lieber nicht, wie du ausgerechnet auf dieses Beispiel kommst, Mädchen. Die A.C.s testen alle ihre Kinder, wenn sie noch sehr jung sind, um Anzeichen für besondere Talente zu entdecken. Das ist aber nur für einige der Talente wichtig. Ich meine, wenn jemand einfach eine hohe wissenschaftliche Begabung hat, muss man ja nicht gleich alles wegsperren.«
Ich dachte daran, wie viel Spaß Chuckie vor dem College gehabt hatte. »Außer vielleicht sein Hirn.«
Reader gluckste. »Genau. Diejenigen mit empathischer Begabung werden darin unterrichtet, wie sie Emotionen abblocken können. Es wird zwar nicht so selbstverständlich wie das Atmen, aber sie entwickeln einen ähnlichen Blockreflex wie Kampfsportler, die lange genug trainieren.«
»Okay. Martini hat auch Drogen erwähnt.«
»Richtig. Sie pumpen den Empathen eine ganze Reihe davon in die Venen. Davon ist aber keine schädlich für ihren Stoffwechsel, sie sind also nicht süchtig. Die Drogen verstärken die Blockaden und festigen ihre empathischen Synapsen.«
»Wie lange dauert es, bis sie wieder nachlassen?«
»Das kommt auf den jeweiligen Empathen an, und auf das, was er tut. Je aktiver er ist, in körperlicher, besonders aber in emotionaler Hinsicht, und je massiver der Gefühlsansturm auf ihn ist, desto eher sind sie verbraucht.«
»Dann würde zum Beispiel ein Streit mit deiner Mutter einen ganzen Haufen verbrauchen?«
»Das kommt auf den Streit an. Aber so ein Kampf wie der mit Mephisto gerade, in dem Menschen, die dir nahestehen, in Gefahr geraten und du noch dazu selbst kämpfen musst, das kann einen schon ziemlich schnell an die Grenze bringen.«
»Und deshalb schläft er jetzt?«
»Wahrscheinlich.
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