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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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tatsächlich, sobald sie ihre Bündel geschultert hatten, flatterte Kralle etwas schwerfällig auf Alissas zerbeulten Hut und machte es sich für ein Nickerchen gemütlich. »Siehst du?«, beklagte sich Alissa, und Strell grinste. »Runter da!«, rief sie, plötzlich verlegen, und riss sich den Hut vom Kopf. Kralle flog auf, um sogleich wieder auf ihrer Schulter zu landen. Das war etwas weniger würdelos, also ließ Alissa sie bleiben und runzelte ob Strells kaum verhohlenem Kichern nur die Stirn.
    Alissas Hoffnung, ihren ursprünglichen Hut je zurückzubekommen, war verflogen. Strell hatte keinerlei Interesse an seinem alten Hut gezeigt, trotz der hübschen Stickerei. All die Mühe umsonst. Nun musste sie bei seinem uralten Ungetüm bleiben und er ihren lächerlichen Schlapphut tragen. Wie sie ihn kannte, würde er früher oder später dieses grässliche Fett daraufschmieren und den Hut ebenso hässlich braun färben wie ihre Stiefel.
    Sie schlugen unter dem grau werdenden Himmel ein flottes Tempo an und kamen auf der Straße gut vorwärts. Je weiter sie ihr folgten, desto dichter war sie mit Gras überwuchert. Doch es war stets zu erkennen, wo sie verlief, denn sie führte schnurgerade zur Feste. Der Vormittag wich einem trüben Nachmittag, und sie hatten sich noch immer keine vernünftige Geschichte ausgedacht, die Alissas Anwesenheit erklären könnte.
    »Ich verstehe nach wie vor nicht, warum wir nicht die Idee mit den Geschwistern nehmen«, beklagte sie sich, während sie durch den Wald marschierten.
    Strell seufzte. »Das würde uns niemand glauben. Du bist zwar fast groß genug, und die Sonne hat deine Haut beinahe so dunkel gefärbt wie meine, und dein helles Haar und die Augen könnte man mit deiner schlechten Abstammung erklären – äh – nichts für ungut. Aber dein Akzent würde uns sofort verraten, ganz zu schweigen davon, wie du dein Haar verstümmelst. Wenn du dich ein bisschen mehr wie eine Tiefländerin anhören würdest, könnten wir vielleicht damit durchkommen, aber so geht es nicht, Ende.« Er stapfte stur voran, und sein Stirnrunzeln vertiefte sich stetig. Die Feste konnte nicht mehr weit sein, und sie hatten sich noch immer nicht auf einen Plan geeinigt.
    Zunächst beinahe unbemerkt, begann der angedrohte Schnee zu fallen. Er schwebte herab, in immer dichteren Wolken, die den Himmel verdunkelten und die Stämme der Bäume in graue Schatten verwandelten. Der Winter war gekommen, genau, wie sie befürchtet hatten. Strell schwieg und ignorierte mit gerunzelter Stirn sowohl den Schnee als auch Alissa. Voll unerwartetem Mitgefühl entschied Alissa, ihn nicht darauf hinzuweisen, dass er den Schnee herbeigerufen hatte. Ob ihres ungewöhnlichen Schweigens blickte er auf, und sie zuckte mit den Schultern. Seine gerunzelte Stirn glättete sich, und er ging ein wenig langsamer, als er erkannte, dass sie nicht sagen würde: »Ich habe es dir doch gesagt.«
    »Weißt du, Strell«, sagte Alissa, zufrieden mit sich, weil sie ihre Zunge im Zaum gehalten hatte, »dein Akzent ist nicht so stark, wie du vielleicht denkst. Das viele Reisen hat ihn verwaschen.«
    »Deine Mutter hat sofort gemerkt, dass ich aus dem Tiefland komme«, erwiderte er und klopfte ihr den Schnee von den Schultern.
    »Aber natürlich. Sie stammt ebenso aus dem Tiefland wie du.«
    »Dachte ich es mir doch«, prahlte er. »Zuerst hat sie sich nicht so angehört, doch ihr Aussehen hat sie verraten.«
    »Ihre Familie stammt aus der tiefsten Ebene«, fuhr Alissa fort.
    »Aber sie wurde ins Hügelland geschickt, um die Kunst der Diplomatie zu studieren, in Finsters Feiner Töchterschule.«
    »Diplomatie?« Strell musterte sie argwöhnisch, offenbar unsicher, ob sie Witze machte, und Alissa nickte. »Ich habe noch nie von einer Schule gehört, die Diplomatie lehrt«, sagte er misstrauisch.
    Alissa blickte in den schwer fallenden Schnee hinter ihnen. Er blieb auf dem kalten Boden liegen, und sie hinterließen Fußspuren. »Nun ja«, erklärte sie und wandte sich wieder Strell zu, »die Schule hat das nicht offen von sich behauptet, doch Mutter hat gesagt, genau das lerne man dort.«
    Sie beobachtete, wie Strell sie beäugte. Sie konnte sehen, dass er ihr nicht glaubte und nur zu klug war, das rundheraus zu sagen. Weiser Mann, dachte sie. Neugierig, wie er das Thema anpacken würde, schwieg sie.
    »Äh, bitte versteh mich nicht falsch«, sagte er langsam, »aber warum hat sie eine Schule für Diplomatie besucht, um dann doch nur eine Bauersfrau

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