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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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zu werden?«
    »Was soll das heißen, nur eine Bauersfrau ?«, rief Alissa und blieb wie angewurzelt stehen.
    »Das ist doch keine Beleidigung, Alissa«, sagte er mit aufgerissenen Augen, aber tapfer. »Das ist sie – die Ehefrau eines Bauern. Und nach allem, was ich gesehen habe, macht sie ihre Sache sehr gut.«
    Langsam lockerten sich Alissas zusammengepresste Lippen, als sie in seinem Blick keine Verachtung erkennen konnte. »M-m«, brummte sie. »Aber ihr Vater hatte andere Pläne.«
    »Das kann ich mir denken.« Strell lächelte in sich hinein, und sie gingen weiter. »Sie ist eine sehr vornehme Dame. Eine solche Anmut kann man nicht lernen, sie wird einem in die Wiege gelegt. Ich wette, ihr Vater wollte sie benutzen, um ein Bündnis mit einer anderen Familie zu schließen.«
    »Benutzen ist genau das richtige Wort«, brummte Alissa, der die barbarische Tiefland-Sitte arrangierter Ehen sehr wohl geläufig war. Dort heiratete man nie aus Liebe. Eine Mutter wählte den Ehemann ihrer Tochter aus, stets mit scharfem Blick auf dessen Beutel. »Deshalb wurde meine Mutter ja auf diese Schule geschickt«, erklärte Alissa. »Sie sollte lernen, mit jemandem zu leben, den sie nicht ausstehen konnte. Stattdessen fand sie die innere Stärke, nein zu sagen. Ihr Vater war so erzürnt, dass er sie in Schimpf und Schande ins Hügelland zurückschickte. Er hat natürlich erwartet, dass sie reumütig darum betteln würde, zurückkehren zu dürfen. Aber das hat sie nicht getan.«
    Alissa stampfte mit den Füßen, um den Schnee von ihren Stiefeln zu schütteln. Beim Anblick des hässlichen braunen Leders seufzte sie. »Und so«, sagte sie, »hat sie meinen Papa kennen gelernt.« Alissa lächelte traurig. »Er hat sie immer damit geneckt, dass er sie an einen Pfosten gekettet in den Hügeln gefunden hätte. Ich vermute, in gewisser Weise war es so.«
    »Hm«, brummte Strell. »Wie lange ist deine Mutter dort geblieben?«
    »In der Schule? Ich bin nicht sicher – sechs Jahre vielleicht?«
    »Meinst du …« Er zögerte. »Meinst du, ihre Aussprache könnte sich in den sechs Jahren so verändert haben, dass sie sich danach anhörte, als käme sie aus dem Hügelland?«
    Alissa spürte den Anflug eines Grinsens auf ihrem Gesicht, als sie seinem Gedanken folgte. »Ich denke doch, dass sie ihren Akzent in sechs langen Jahren völlig verloren haben könnte.«
    »Eine Schule im Hügelland könnte auch dein Haar erklären.« Strell nickte vor sich hin. »Und Bailic weiß ganz sicher nicht, dass es dich überhaupt gibt?«
    »Ganz sicher nicht«, flüsterte sie und starrte zu Boden, als sie sich daran erinnerte, wie teuer ihr Vater diesen Schutz erkauft hatte.
    »Dann machen wir es so«, erklärte Strell bestimmt. »Wir können meinen Namen nicht benutzen; die Hirdun sind Töpfer, keine Barden. Der Mädchenname meiner Mutter lautete Marnet. Das ist ein recht verbreiteter Name.« Er zögerte. »Das heißt – wenn du nichts dagegen hast … Alissa?«, rief er, doch sie hörte ihn nicht. Sie war stehen geblieben und starrte ehrfürchtig auf das gewaltige steinerne Gebäude, das im dichten Schneetreiben plötzlich vor ihnen aufragte. Sie waren angekommen.

 
    – 18 –
     

    S trell zerrte Alissa auf tauben Füßen über den gefrorenen Boden, um dann mit großen Augen vor dem riesigen Eingangstor der Feste stehen zu bleiben. Obwohl Alissa sie schon durch die Augen ihres Papas gesehen hatte, war der Anblick beeindruckend. Die äußeren Torflügel standen noch immer offen, und Schnee hatte sich auf die dicken, rauen Holzbalken gelegt. Die Torflügel waren mehr als zweimal mannshoch, der Durchlass breit genug für drei Wagen nebeneinander. Die Tore sahen beängstigend solide aus, und sie fragte sich, warum sie nicht geschlossen waren.
    Nur die dahinter liegenden dekorativen Türflügel schützten nun die Feste. Sie bestanden aus dem gleichen schwarzen Holz, waren jedoch an den Rändern mit schwerem Metall beschlagen. Das kostbare Material war fein bearbeitet, und das Muster aus ineinander verschlungenen Efeuranken ließ das schroffe, geschwärzte Silber weicher erscheinen. Zwischen den beiden Toren hing eine riesige Glocke. Strell zuckte mit den Schultern, ergriff die ausgefranste Schnur und zog kräftig daran.
    Obwohl sie es erwartet hatte, zuckte Alissa erschrocken zusammen, als das grelle Läuten ertönte. Der Schnee schien den Laut zu verschlucken, und sie zappelte unruhig, während ihr Herzschlag sich wieder verlangsamte. Es kam ihr wie

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