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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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schlich, die schwer auf der Treppe lag. Sie hätte vermutet, dass Lodesh hier war, doch sie hatte keine einzige Eichel mehr gefunden, seit Nutzlos sie und den Stadtvogt in den Höhlen unter der Feste entdeckt hatte. Der Duft kam wahrscheinlich von dem Stab, den Lodesh ihr geschenkt hatte. Sie war nach oben gegangen, um ihn unter ihrem Bett hervorzuholen, wo sie ihn jetzt aufbewahrte, und war auf dem Weg zurück zum Speisesaal. Der Wanderstab war zu lang, er reichte bis weit über ihren Kopf. Und da Strell sein ganzes Schnitzwerkzeug im Speisesaal liegen hatte, würde sie die Gelegenheit nutzen und den Stab auf eine brauchbare Länge kürzen.
    Lautlos brachte sie die letzten Stufen hinter sich, angetrieben vom einladenden Kerzenschein, der bis in die große Halle hinausfiel. In dem bogenförmigen Durchgang blieb sie stehen und lächelte über den Anblick häuslichen Friedens. Eine Kanne Tee stand über dem Feuer. Zwei leere Becher warteten auf dem Schemel davor. Kralle döste auf der Lehne ihres Sessels – ihr Lieblingsplatz, seit Alissa und Strell das Möbelstück aus den Lagerräumen hierhergebracht hatten. Strell saß zusammengesunken in seinem Sessel und starrte ins Feuer. Alissas Lächeln erlosch. Er sah unglücklich aus, und sie runzelte die Stirn, als er seufzte und sich mit der Hand durch den dunklen Haarschopf fuhr. Strell ist unglücklich?, wunderte sie sich. Strell ist nie unglücklich, nicht einmal dann, wenn er es sein sollte. Er verrenkte sich, um tief in eine Hosentasche zu greifen und ein Stück Stoff hervorzuholen. Vorsichtig faltete er es auf und enthüllte darin ein kleines goldenes Ding, etwa so groß wie eine Münze. Sie konnte es kaum erkennen, doch so, wie er es hielt, musste es sehr empfindlich oder zerbrechlich sein. »Was meinst du, Kralle?«, fragte er. »Gibt es irgendeinen Weg unter der Wüstensonne, oder sollte ich das hier einfach mitsamt dem Rest meiner Hoffnungen verbrennen?« Er stand auf, kniete sich vor das Feuer und betrachtete das goldene Ding auf seiner Handfläche. Kralle zwitscherte, es klang ein wenig beunruhigt. »Ach, Alissa«, hörte sie ihn flüstern. »Was soll ich nur ohne dich tun?«
    Alissa erstarrte. Mit weit aufgerissenen Augen wich sie in die Dunkelheit zurück und rang mit ihren widerstreitenden Gefühlen von Freude und Elend. Sie hatte gewusst, dass Strell sie mochte, doch es war ihr albern erschienen, sich einzubilden, dass seine Gefühle ebenso tief sein mochten wie ihre, deshalb hatte sie diese Möglichkeit einfach ausgeschlossen. Alissa holte tief Atem, um zu ihm zu gehen und ihm zu sagen, dass alles gut werden würde, dass sie mit ihm an die Küste ziehen oder er hier bei ihr bleiben würde. Doch Nutzlos’ Warnung ließ ihre Füße bleiern am Boden haften. Sie konnte die Feste nicht verlassen; hier befand sich die Hälfte all dessen, was ihr Leben ausmachte. Und Strell konnte nicht bleiben. Beide seiner Berufe brauchten Menschen, als Kunden und Publikum, und der nächste Ort war eine Monatsreise von hier entfernt.
    Dennoch konnte sie schlecht für den Rest des Abends in der großen Halle herumstehen, also straffte sie die Schultern und machte beim Gehen so viel Lärm wie möglich, als sie in den Speisesaal zurückkehrte. Strell sprang auf, eine Hand tief in der Tasche, die andere zu einem schwächlichen Gruß erhoben. »Da bist du ja«, rief er.
    »Ist der Tee fertig?«, fragte sie und wich seinem Blick aus.
    »Ich denke doch, ja.«
    Alissa beobachtete aus den Augenwinkeln, wie er die Kanne vom Feuer nahm, doch nun schien es, als hätte es diese tiefe Traurigkeit nie gegeben. Ein so guter Scha u spieler kann er doch nicht sein, oder? , fragte sie sich. Aber als sie daran dachte, wie hervorragend es ihm ständig gelang, Bailic zu täuschen, erkannte sie, dass er vermutlich doch so gut war.
    »Sieh mal, was ich in der Speisekammer gefunden habe!«, sagte Strell. In seiner Stimme lag ein Anflug von erzwungener Fröhlichkeit, als er einen vertrauten Becher hochhielt.
    »Der gehört Lodesh«, erwiderte sie niedergeschlagen. Sie hatte Lodeshs Becher schon vor einer Ewigkeit dort versteckt, weil sie nicht riskieren wollte, dass Bailic ihn herumstehen sah.
    Strells Lächeln schien zu erstarren. »Oh. Dann sollte ich ihn wohl lieber nicht benutzen.«
    »Doch«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass er etwas dagegen hätte.«
    Sein Blick huschte zwischen ihr und dem Becher hin und her, während er erst ihr Tee einschenkte und dann sich selbst. Immer noch schweigend

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