Alissa 2 - Die geheime Wahrheit
Entscheidung fiel ihr lächerlich leicht.
»Bitte«, flüsterte sie, den Blick starr auf den Becher in ihren Händen gerichtet, »ich bitte um die Erlaubnis, interne und externe Felder unbeaufsichtigt manipulieren zu dürfen.« Sie begegnete Nutzlos’ rätselhaftem Blick. »Für Strell«, fügte sie mit zitternder Stimme hinzu. »Wenn er nicht bald ein Feld vorweisen kann, wird Bailic ihm etwas Schreckliches antun.«
»Gut gemacht, Alissa. Sehr gut gemacht!«, rief Nutzlos und klopfte ihr auf beide Schultern.
Ihr flog der Tee aus der Hand, und sie sah verständnislos zu, wie ihr Becher in die Dunkelheit stürzte, um mit einem dumpfen Bersten auf den gefrorenen Boden zu treffen. Verblüfft blickte sie zu Nutzlos auf.
»Augenblick, ich mache das.« Scheinbar aus dem Nichts erschuf er einen neuen Becher. Er war ebenso braun und hässlich wie ihr ursprünglicher Becher, und sie hielt ihn locker in der Hand, völlig verunsichert, was sie tun sollte. Nutzlos, der unerträglich selbstzufrieden wirkte, schenkte ihr Tee ein, rückte seinen Mantel zurecht und wandte sich ihr mit funkelnden Augen zu.
»Was habe ich gemacht?«, brachte sie schließlich heraus.
»Du hast darum gebeten, junge Schülerin. Du hast gebeten.«
»Aber ich dachte … Die ganze Zeit über hätte ich nichts anderes zu tun brauchen, als darum zu bitten?«, stammelte sie.
»Nein.« Er grinste. »Das allein war es nicht. Du warst bereit, die Sicherheit deiner eigenen Quelle aufs Spiel zu setzen, um einen anderen zu schützen. Du fängst an zu denken. Und das«, erklärte er bestimmt, »ist der Grund, weshalb ich dir erlauben werde, zu tun, was du für richtig hältst.«
Alissa hatte das vage Gefühl, ausgetrickst worden zu sein. Mürrisch umklammerte sie ihren Becher, um sich durch die Handschuhe hindurch die Hände daran zu wärmen. »Strell ist wichtiger als ein stinkendes Säckchen voll Staub.«
»Tatsächlich?« Irgendwie gelang es ihm, besorgt und ungläubig zugleich zu klingen.
»Nun, das würde doch jeder so sehen«, fügte sie hinzu, damit er nicht den Eindruck bekam, sie mache sich allzu viel aus Strell.
»Hm.« Nutzlos wurde ganz still. Sein Blick war zu Boden gerichtet, und er ließ die Schultern hängen. »Also …«, sagte er leise. »Dann würde es dir nichts ausmachen, wenn ich deine Quelle wieder an mich nehme?«
Alissas unberührter Tee spritzte über den Schnee, als sie abrupt aufstand. »Wagt es ja nicht«, fauchte sie und erschrak selbst über die Heftigkeit in ihrer Stimme. Finster starrte sie auf ihn hinab und hielt ihr Beutelchen Quellenstaub fest umklammert. Das gehörte ihr. Er würde es nicht wagen. Lehrmeister oder nicht, das war ihre Quelle!
Er lachte glucksend, und seine scheinbare Sanftmut verschwand. »Alissa, setz dich hin. Ich habe mir nur einen Scherz erlaubt.«
»Das war nicht komisch«, erwiderte sie barsch.
»Nein, war es nicht. Es tut mir leid. Setz dich.« Er schien sich über ihren Temperamentsausbruch zu freuen, was Alissa noch mehr reizte. Dennoch setzte sie sich und schenkte sich mit scharfen, abrupten Bewegungen Tee nach. »Ich habe mich entschuldigt, Alissa«, sagte er. »Ich wollte lediglich feststellen, ob du den Wert deiner Quelle wirklich begriffen hast.«
»Und?«, fragte sie bitter.
»Aus dem Bauch heraus würde ich sagen … hm … ja.«
Alissa starrte düster in die Dunkelheit und ignorierte ihn.
»Wir sollten beginnen, wenn du heute Nacht noch irgendetwas lernen möchtest«, erklärte er aufgeräumt.
Alissa wusste, dass ihr zorniges Schmollen sie nicht weiterbringen würde, also stellte sie ihren Becher beiseite und setzte sich aufrecht hin.
»Sieh her«, grollte er und wies mit einer dramatischen und absolut überflüssigen Geste auf das Feuer. Die Flammen flackerten und erloschen. Sie spürte kein Zupfen an ihrem Geist, sah keine Resonanz in ihren Pfaden. Nutzlos hatte das ausschließlich durch ein Feld bewirkt, ohne seine Quelle und die Pfade zu Hilfe zu nehmen. Sie hätte sein Feld vermutlich nicht einmal bemerkt, wenn er sie nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, dass er etwas vorhatte.
»Ihr habt dafür keinen Bann benutzt«, sagte sie in der plötzlichen Dunkelheit.
»Korrekt. Es war ein undurchlässiges Feld. Ein durchlässiges Feld wirkt nicht auf Feuer.«
Alissa zog fröstelnd ihren Mantel fester um sich. »Bailic hat so etwas wie undurchlässige Felder nie erwähnt.«
»Das erstaunt mich nicht. Üblicherweise lehrt man Bewahrer auch nur durchlässige
Weitere Kostenlose Bücher