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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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erklären zu müssen, wie du dazu gekommen bist, wird dir Strafe genug sein.«
    Überrascht ob seiner milden Reaktion, schickte sie einen sachten Gedanken in seinen Geist. »Ihr seid nicht zornig?«
    Nutzlos warf ihr einen unergründlichen Blick zu. »Unfälle geschehen. Vor allem, wenn man in einem so starken Aufwind spielt. Sag mir bitte nächstes Mal Bescheid, wenn du dich an der Felswand versuchen willst. Du solltest einen Überwacher dabeihaben.«
    »Ja, Nutzlos«, versprach sie, erleichtert, dass er es so gut aufnahm.
    »Nur zu«, ermunterte er sie brummig. »Leg deine Schwinge so, dass ich den Riss erreichen kann.«
    Sie hockte sich hin und hielt die Schwinge so tief wie möglich über die verwilderten Staudenbeete. Nutzlos zog sein Licht heran und ließ es mitten in der Luft hängen. Mit schmerzerfülltem Zischen stieß sie den Atem aus, als Nutzlos die Haut um den Riss zusammenzog. Seine langen Finger waren sanft, doch ihr wurde übel. Sie schloss die Augen, denn sie wollte nicht mit ansehen, wie sich ihre Haut schloss.
    Der Anblick ihrer inneren Landschaft besänftigte ihre Übelkeit. Sie baute das richtige Muster auf und hielt es, während sie Nutzlos’ vertraute Berührung in ihren Gedanken spürte, als er es überprüfte. Sie konnte seine Zufriedenheit beinahe fühlen. Erst jetzt ließ Alissa den Bann los, damit er wirksam wurde, und ihre Pfade verdunkelten sich.
    Es war wie ein Bad in Sonnenschein. Wärme rieselte besänftigend durch ihren Körper, der Bann zog ein Gefühl flüsternden Kribbelns hinter sich her und vertrieb das Brennen ihrer zahlreichen Kratzer, sogar die Kopfschmerzen, die sie zuvor gar nicht bemerkt hatte. Das Gefühl brandete von den Enden ihres Körpers zurück zu ihrer Schwinge und glitt durch sie hindurch wie Wasser durch heißen Sand.
    Alissa sackte erleichtert zusammen, als der Schmerz in ihrem Flügel sich zum dumpfen Pochen einer drei Tage alten Wunde abschwächte. Nur allzu bald hatte der Bann seine Kraft verteilt. Sie seufzte und wollte sich nicht bewegen; erst jetzt merkte sie, dass sie sehr würdelos und albern aussehen musste, so zusammengesackt auf dem feuchten Boden.
    »Fühlst du dich besser?«, fragte Nutzlos und riss sie in die Wirklichkeit zurück.
    »Allerdings.« Verlegen richtete sie sich auf und betrachtete ihre Schwinge. Anstelle des Risses fand sie eine lange, empfindlich aussehende Narbe vor, ein schwarzer Strich auf ihrem hinterleuchteten Flügel. Alissa seufzte. Die Narbe war hässlich, aber zumindest tat es nicht mehr so weh.
    »Du wirst nicht fliegen, ehe du mindestens einen weiteren Heilungsbann gewirkt hast«, sagte er, als sein Licht erlosch. Er kehrte zu seinem Platz am Feuer zurück. »Und du wirst bis zum nächsten Bann drei Tage warten, wie es erforderlich ist. So lange dauert es, bis dein Körper seine Reserven aufgefüllt hat. Wenn du es früher versuchst, wirst du mehr Schaden als Nutzen bewirken. So erhältst du die Heilung von neun Tagen in fünf Tagen: drei Tage beschleunigt, drei Tage ohne Bann und weitere drei beschleunigte Tage. Hast du verstanden?«
    »Ja«, dachte sie und ließ sich auf dem Gras nieder. Sie hatte das alles schon gehört, doch nun waren seine Worte von praktischer Bedeutung. Sie stellte fest, dass sie sich in ihrer Raku-Gestalt derzeit wohler fühlte, also blieb sie, wie sie war. Es kümmerte sie nicht, dass die Erde feucht von Tau geworden war. Sie legte sich nieder, stützte das Kinn auf die Vorderbeine und starrte ins Feuer; mit ihren empfindlicheren Augen nahm sie die Muster der Hitze wahr, die tanzend aufwärtsströmten, über den Boden rollten und von den Bänken zurückgeworfen wurden.
    »Also schön, wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Nutzlos. Alissa merkte, dass er auch gern seine Raku-Gestalt angenommen hätte, doch der Platz um die Feuerstelle war zu klein für zwei solch gewaltige Bestien. Außerdem musste ja irgendjemand Lodeshs Tee austrinken.

 
    – 3 –
     

    S trell achtete darauf, seine unbewegte Miene beizubehalten, während er vor seiner Töpferscheibe saß und seinen kalten, körnigen Ton bearbeitete. Es war eigentlich zu dunkel, um zu töpfern; die Schatten in der zweiten, unbenutzten Küche der Feste wurden immer dichter, und er hatte keine Kerze. Aber er war mit Ton unter den Fingernägeln geboren worden und konnte eine Schüssel allein nach dem Gespür drehen. Obwohl er sich sieben Jahre lang als Musikant und Geschichtenerzähler durch die Lande geschlagen hatte, war dies sein erster

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