Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit
Tür hinausbugsierten. »Du da, hol die Backbleche!«, hörte Alissa sie noch rufen. »Du fegst den Boden, hier. Und jemand soll …«, und die Tür knallte hinter ihnen zu.
Drei Tauben, die sich gesonnt hatten, flogen auf und über die Mauer davon.
»Bei den Hunden, Alissa«, japste Lodesh. »Du bist eine Wohltat für meine müden Augen.« Er nahm ihre Hand und führte sie den Pfad entlang. »Sie lassen mir einfach keine Ruhe! Ständig erzählt mir jemand irgendetwas, und alle sind so furchtbar höflich und förmlich.« Er warf hastig einen Blick über die Schulter. Sie rannten beinahe, und Alissa konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, während er sie hinter sich herzog. Connen-Neute lief mit langen Schritten neben ihnen und geriet nicht einmal außer Atem.
»Entschuldigt bitte, Stadtvogt?«, ahmte Lodesh einen flötenden Tonfall nach. »Bitte um Verzeihung, Stadtvogt? Ach, Stadtvogt, hättet Ihr wohl einen Augenblick Zeit?« Er seufzte. »Ich bin wahrlich am Ende.«
»Guten Morgen, Lodesh«, sagte Alissa atemlos und entzog ihm ihre Hand, weil es so leichter war, mit ihm Schritt zu halten.
»Keinen Augenblick Ruhe«, stöhnte er. »Sie lassen mich nicht einmal meine Strümpfe selbst aussuchen.«
»Einen wunderschönen, sonnigen Tag haben wir heute, nicht?«, fragte sie, doch er hörte sie gar nicht. Sie grinste. Er war stets so ruhig und selbstsicher. Es war schön zu wissen, dass er auch nur ein Mensch war.
»Heute gab es zum Frühstück drei Arten Eier«, erzählte er, als sie an der Feuerstelle vorbeiliefen, »und vier verschiedene Sorten Gebäck. Ich musste von allem kosten, um die Gefühle des Kochs nicht zu verletzen.«
»Ist das ein neues Hemd?«, keuchte sie.
Als er sah, dass sie kaum mithalten konnte, lief Lodesh langsamer. »Ja.« Er zupfte an dem schimmernden Stoff herum.
Hinter ihnen erklang Connen-Neutes tiefe Stimme: »Bewahrer Breve ist im Garten.«
Lodesh erbleichte. »Bei den Wölfen.« Er schlug sich in die Büsche. Connen-Neute und Alissa folgten ihm. Lodesh führte sie kreuz und quer über die Nebenpfade des Gartens, als hätte er sie selbst angelegt. Keuchend blieben sie schließlich in einer kleinen Senke stehen. Vögel ergriffen die Flucht, als sie sich zwischen Büschen versteckten. Connen-Neute und Alissa wechselten belustigte Blicke. Lodesh war völlig verzweifelt. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein sonst so sorgsam frisiertes Haar zerzaust. Alissa musste sich beherrschen, um es nicht glatt zu streichen.
»Stadtvogt!«, drang Breves fernes Bellen zu ihnen, das von den Mauern der Feste widerhallte. »Das ist höchst unschicklich. Denkt doch an Euren Rang!«
Lodesh duckte sich noch tiefer, obgleich Breve noch weit entfernt war. »Warum lassen sich mich nicht einfach in Ruhe?«, brummte er.
Alissa streckte die Hand aus, und er zuckte zusammen, als sie ihm eine blonde Locke hinters Ohr strich. »Warum lässt du dich von ihnen schikanieren, Lodesh?«
Er blinzelte und sah sie zum ersten Mal richtig an. »Ich will doch nichts weiter als die frühen Vormittage für mich haben.«
»Hast du ihnen das gesagt?«
Lodesh stutzte. Offensichtlich war er gar nicht auf diesen Gedanken gekommen.
Das Geräusch zornig knirschender Schritte auf dem Pfad brachte sie zum Schweigen. Im Gebüsch versteckt, sahen sie zu, wie Breve an ihnen vorbeistapfte. Sein Gesicht war rot, und er fluchte leise vor sich hin. Seine Schritte verklangen. »Lodesh!«, hörten sie ihn gedämpft brüllen.
Gemeinsam stießen sie den angehaltenen Atem aus. Lodesh stand auf. »Vielleicht können wir uns durch die Küche hinausschleichen.«
Alissa sah Connen-Neute an. Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Auf sein Nicken hin standen sie auf und folgten Lodesh, der sich in der hellen Morgensonne geduckt von einem Busch zum nächsten schlich. Alissa kicherte und versuchte, mit seinen verrückten Sprüngen mitzuhalten. Connen-Neute beließ es bei seinem gemäßigten, würdevollen Tempo. Gemeinsam umrundeten sie die letzte Biegung vor der Küchentür und erstarrten.
Ein Mann in der Livree der Zitadelle lehnte wartend an der Wand und warf gelangweilt mit Kieselsteinen. Er blickte auf, als er hörte, wie sie knirschend stehen blieben. »He!«, rief er und stieß sich von der Mauer ab. »Bewahrer Breve!«
In einer wahren Explosion setzten sich Lodesh und Alissa in Bewegung.
»Bewahrer Breve! Er ist hier drüben!«
»Zu Asche will ich verbrannt sein«, keuchte Lodesh. »Jetzt haben sie mich.«
Alissa brachte
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