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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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»Mir hätte es fast den Arm gebrochen«, sagte er und bestätigte ihren Verdacht.
    Alissa hatte die Ziffern auf dem Teppich bemerkt, als sie und Strell ihn ausgerollt hatten, doch da sie nicht gewusst hatte, welchem Zweck der Teppich diente, hatte sie ihn einfach irgendwie in der Halle ausgelegt. Ihre Augen weiteten sich, als sie erkannte, dass das Pendel schon auf halbem Weg zur Sieben war.
    »Oh, Lodesh. Ich komme viel zu spät!«, jammerte sie. Sie hob hastig die Teekanne auf, raffte ihren Rock und rannte die übrigen vier Treppenfluchten hinauf, bis sie unsicher am Fuß des Turms stehen blieb. Lodesh ging voran bis ganz nach oben. Er zeigte auf die erste von zwei Türen. Alissa klopfte schüchtern an und schrak zusammen, als Redal-Stans Gedanken leicht und geübt in ihren Geist schlüpften.
    »Alissa«, begann er recht freundlich. »Herein mit dir.«
    »Lodesh ist bei mir«, dachte sie zögerlich.
    »Nun, das erklärt deine Verspätung. Komm endlich herein.«
    Alissa zappelte nervös. »Als Bewahrerin sollte ich Euch eigentlich nicht hören können.«
    Sie spürte ein Zögern, der Eindruck eines Seufzens drang von drinnen heraus, und dann erklang sein gedämpfter Ruf: »Du kommst zu spät, Schülerin. Herein mit dir!«
    Alissa und Lodesh wechselten besorgte Blicke. Mit einem bestürzten Blick auf ihren zerknitterten Rock schob sie die Tür auf und trat ein.
    Die Wände waren kalkweiß, vollkommen kahl und reflektierten das Sonnenlicht, so dass der Raum beinahe schmerzhaft hell wirkte. Ein unordentlicher Schreibtisch nahm eine Ecke ein, bedeckt mit Papier, stumpfen Federn und Tintenfässchen. Darum herum waren Bücher angehäuft – kostbare Bücher – und kniehoch an der Wand gestapelt, wie Ärgernisse, die im Weg herumstanden. Ein bogenförmiger Durchgang führte zu einem zweiten Raum, den sie nicht einsehen konnte. Alissa glaubte, Redal-Stan sei dort drin, doch dann entdeckte sie ihn und Connen-Neute auf dem Balkon.
    Der Schreibtisch war ein einziges Chaos, doch es war offensichtlich, dass Redal-Stan seine eigentliche Arbeit im Wind verrichtete. Er saß in der Morgensonne in einem Sessel, der so bequem aussah, dass selbst Alissa staunte. Steine schützten seine Unterlagen davor, davongeweht zu werden. Anscheinend hatten sie eine Unterrichtsstunde unterbrochen, denn Connen-Neute hielt eine Feder und Papier in Händen. Nun legte er seine Arbeit vorsichtig beiseite, erhob sich von einem ungemütlich aussehenden Schemel und versuchte, mit den dünnen Schatten des Balkongeländers zu verschmelzen.
    Redal-Stan drehte sich in seinem Sessel um und runzelte die Stirn. »Ich kann mich nicht erinnern, dich heute Morgen zu einer Lehrstunde gebeten zu haben, Lodesh.«
    Ungerührt stellte Lodesh das Tablett mit den Würstchen über die Unterlagen auf dem kleinen Balkontisch. Er nahm Alissa die Kanne ab und goss stumm einen Becher Tee ein. Erst nachdem er ihn mit zeremonieller Förmlichkeit Redal-Stan überreicht hatte, sagte er: »Ich wollte Euch die Verspätung der jungen Dame erklären – und um einen Gefallen bitten.«
    »Eine Dame ist sie, so, so«, grummelte Redal-Stan und trank einen gewaltigen Schluck. Er bot den großen Teller voll Würstchen Alissa an, und seine Züge wurden schlaff vor Staunen, als sie schaudernd ablehnte. »Du bringst mir mein Frühstück«, sagte er. »Dafür werde ich über deine Unverfrorenheit hinwegsehen, aber die Antwort lautet trotzdem nein.«
    Lodesh setzte eine schockierte Miene auf. »Ihr wisst doch noch gar nicht, worum ich Euch bitten möchte.«
    Connen-Neute verwandelte ein Lachen in ein Hüsteln und strengte sich sichtlich an, eine ernste, demütige Miene zu bewahren. Alissa wollte sich für den geistigen Schlag von gestern Abend entschuldigen und bot ihm Tee an; sie lächelte, als er argwöhnisch einen Becher annahm. Sie blieb neben ihm stehen und kniff gegen die Sonne die Augen zusammen. Es war herrlich hier. Sie waren so hoch oben, dass sie die Dächer von Ese’ Nawoer jenseits des Waldes erkennen konnte.
    Redal-Stan setzte ein frommes Gesicht auf. »Ach, Redal-Stan«, stöhnte er und ahmte Lodeshs Sprechweise perfekt nach. »Der Morgen ist zu prächtig, um ihn mit Lehrstunden zu besudeln. Eine so hinreißend schöne Frau sollte ihn in den Wäldern und Feldern verbringen, oder auch auf dem Marktplatz, wo ihre umwerfende Ausstrahlung all jene entzücken und beglücken wird, die das Glück haben, einen Blick auf sie zu erhaschen. Und wer wäre besser geeignet als ich, um sie zu

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