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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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das tun.
    Sein Magen verkrampfte sich. Sein gesamtes Dorf hätte ihn dafür gesteinigt, dass er eine Frau aus dem Hochland heiraten wollte, doch das war ihm gleich. Er liebte sie, und Alissa brauchte ihn. Ihm wurde warm, und er lächelte. Sie brauchte ihn jetzt umso mehr, da ihre Verwandten so enttäuscht von ihr schienen.
    Strell warf seinen provisorischen Hammer in ein nahes Gebüsch und wischte sich den Sand von den Händen. Dann sah er nach der Sonne, die hinter den Hügeln unterging, und kniete sich vor das kleine Feuer vor dem Zelt. Neugwin, die Meisterin, die ihn an seine Großmutter erinnerte, hatte ihm zwei Teppiche gemacht, im Tausch gegen das Versprechen, dass Strell die Geschichte, wie Connen-Neute wieder zur Bewusstheit gelangt war, in einem Lied verewigen würde. Strell hielt es nicht für nötig, ihr zu sagen, dass er die Ballade schon zur Hälfte geschrieben hatte.
    Er hatte die Teppiche ordentlich zusammengerollt und so hingelegt, dass sie ein V zwischen dem Feuer und dem Zelteingang bildeten. Ein Topf blubberte in den Kohlen vor sich hin. Ein Duft von etwas, das Kartoffeln mit Muschelfleisch hätte sein können, mischte sich mit dem Geruch des Rauchs. Klöße aus der Stärke einer dicken Wurzel trieben obenauf. Strell sog tief den Duft ein und sorgte sich, dass Alissa damit nicht zufrieden sein könnte. Dies war nicht die traditionelle Speise, die ein Tiefländer einer möglichen Braut zubereitete, aber auch das konnte sie nicht wissen.
    Er runzelte die Stirn aus Sorge, dass sie vielleicht nicht kommen würde. Abgesehen von einem kläglichen Frühstück, bei dem sie über Bestie gesprochen hatten, hatte Alissa sich den ganzen Tag lang in ihrer Hütte versteckt. Er nahm an, dass das ebenso an ihren Kopfschmerzen lag wie an Keribdis’ morgendlicher Tirade. Die zornige Meisterin hatte Alissa die Erleichterung eines Heilungsbanns verweigert, doch er vermutete, dass Alissa ihn ohnehin abgelehnt hätte. Sie war fest entschlossen, ihre Pfade so lange wie möglich unbrauchbar zu halten, um Keribdis’ Unterrichtsstunde zu entgehen.
    Keribdis’ Wut war über die ganze Insel gehallt, als sie festgestellt hatte, dass Alissa sich betrunken hatte und ihre Pfade zu nichts zu gebrauchen waren. Er und Lodesh waren sich nicht einig gewesen, ob sie einschreiten sollten oder nicht. Nur, weil Lodesh körperliche Kraft statt seiner Banne gebraucht hatte, war Strells schwindende Achtung vor dem Mann noch nicht ganz erloschen. Strell glaubte allmählich, dass Lodesh sich vor den Meistern fürchtete und diese Angst hinter dem Wort »Respekt« verbarg. Vorsichtig strich er mit einem Finger über seinen Kiefer und verzog das Gesicht. Zum Glück verbarg sein Bart den neuen Bluterguss fast vollständig.
    Doch sogar Strell musste zugeben, dass Alissa diese verbale Attacke mit einer würdevollen Anmut ertragen hatte, die aus dem Nichts zu kommen schien. Sie hatte dagestanden und zugehört, und als deutlich wurde, dass Keribdis nichts mehr sagen würde, war Alissa einfach davonspaziert, ohne sich zu verteidigen oder zu entschuldigen. Strell grinste bei der Erinnerung daran. Keribdis war an ihrer Empörung beinahe erstickt.
    Strell blickte über den leeren Strand und fragte sich, ob Alissa vielleicht nur deshalb noch nicht da war, weil sie an Kopfschmerzen und Übelkeit litt. Er hatte gedacht, eine anonyme Botschaft würde ihre Neugier so anstacheln, dass sie sich doch hervorwagte, aber die Launen der jungen Frau waren so unberechenbar wie ein Junghengst im Frühling. Dann kam ihm ein beunruhigender Gedanke. Was, wenn sie die Einladung als Befehl aufgefasst hatte? Dann würde er sie heute Abend nicht sehen.
    Ungeschickt hielt er den langen Ärmel seines traditionellen Tiefland-Gewandes aus dem Weg und rührte die dicke Suppe auf dem Feuer um, damit sich das Brot nicht absetzte. Seine Finger tasteten von außen nach dem beruhigenden Gewicht des kupfernen Rings in seiner Tasche. Er hatte ihn an der Küste gekauft. Im Tiefland tauschte man keine Ringe aus, im Hochland aber schon, also würde er ihn ihr schenken. Aber nicht heute Abend. Ihren Ring würde sie erst später zu sehen bekommen.
    Ein leises Kitzeln in seinem Kopf ließ ihn aufblicken. Strell schluckte schwer. Da war sie; sie stand da, wo das Land dem Meer begegnete. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt und merkte nicht, dass er sie beobachtete. Ein panisches Gefühl rieselte durch seinen Körper. Sand und Wind, sie sah wunderschön aus, einen Arm um die Taille geschlungen,

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