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All the lonely people

All the lonely people

Titel: All the lonely people Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Wlodarek
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Berufes, Bewährung auf unbekanntem Terrain, Selbstzweifel, Größenwahn, Ortsveränderung, Trennung von Freunden und Familie – ein ziemlich explosives Gemisch, das viele Möglichkeiten für Einsamkeit enthält.
    Ich erinnere mich jedenfalls noch gut, dass ich als Studentin einerseits mit Freunden nächtelang durch die Kölner Kneipen und Discos zog und andererseits heulend in meinem Appartement auf der Bettkante saß, weil mich der Weltschmerz gepackt hatte und ich mich fragte, was denn bitte der Sinn meines Lebens ist. Beim Start in das eigenständige Leben ist alles neu und aufregend, und gleichzeitig fremd und unbekannt.
    Die jungen Frauen und Männer, die heute am Start stehen, können viele Vorteile, die frühere Generationen für sie erkämpft haben, nutzen, wie etwa die Früchte der Emanzipationsbewegung oder den offenen Umgang mit Verhütungsmitteln. Sie sind selbständiger, selbstbewusster und mobiler als ihre Vorgänger und Vorgängerinnen. Und trotzdem habe ich den Eindruck, dass sie es auf der anderen Seite schwerer haben: Sie dürfen keine Fehler machen.
    Die Zeitschrift
Brigitte
brachte seinerzeit ein Dossier mit dem Titel »Jung und einsam« heraus. 14 Dass diese Kombination ziemlich provokant klingt, belegte schon der Vorspann: »Alt und einsam, ja. Krank und einsam, ja. Aber jung und einsam – das darf einfach nicht sein.« Sabine Vincenz, Autorin des Artikels, ging der Frage auf den Grund, warum die Verbindung von Jugend und Einsamkeit so ein großes Tabu ist: »Einsamkeit passt einfach nicht zu dem Idealbild, das Werbung und Gesellschaft in einer unheilvollen Allianz vom jungen Menschen entworfen haben. Die Forderungen, die da auf die Twentysomethings niederprasseln, haben das Gewicht der Zehn Gebote.« Die in diesem Fall lauten:
     
    |79| •  Du musst erfolgreich sein.
     
    •
 
Du musst auf eigenen Füßen stehen.
     
    •
 
Du musst fit sein.
     
    •  Du musst gut aussehen.
     
    •  Du musst die richtigen Dinge besitzen.
     
    •
 
Du musst die richtige Kleidung tragen.
     
    •  Du musst beliebt sein.
     
    •  Du musst tolle Leute kennen.
     
    •
 
Du musst glücklich sein.
     
    •
 
Du musst wahnsinnig verliebt sein.
     
    Du musst, du musst, du musst … Gegen diese Ansprüche steht die raue Wirklichkeit: Die Umwelt wird zerstört, es gibt immer mehr Arbeitslosigkeit, Familien brechen auseinander. Das Leben ist durch die neuen Medien komplexer geworden. Nichts ist mehr sicher und kalkulierbar. Ein Schulabschluss garantiert keine Ausbildung, eine Ausbildung keinen Arbeitsplatz. Laufend wird gefordert, dass wir flexibel sind. Auch im Privatleben ist nichts mehr für ewig.
    Wo solche hohen Ansprüche gestellt werden, herrscht die Angst zu versagen. Wer nicht so ist, wie es die anderen erwarten, fühlt sich schnell isoliert. Ein elementares Gefühl, verlassen zu sein oder zu versagen, erzeugt Einsamkeit. Wenn Sie heute um die zwanzig sind, erwartet man von Ihnen, dass Sie so erfahren sind wie ein alter Hase. Sie sollen Ihr Leben so früh wie möglich selbst in die Hand nehmen. Da bleibt keine Zeit mehr, etwas auszuprobieren oder auch mal Fehler zu machen. Sabine Vincenz fasst diesen riesigen Anspruch so zusammen: »Wer es bis dreißig nicht geschafft hat, erfolgreich, unabhängig und wahnsinnig glücklich zu sein, der hat es schwer auf dieser Welt.« Sie hat jedoch auch einen Trost parat: »Aber wenn er sich ein bisschen umguckt, wird er feststellen, dass er damit nicht allein steht.«
    Genau in dieser Erkenntnis liegt die Lösung. Sie erfordert viel Mut – aber ist nicht ein Risiko immer noch besser als Einsamkeit?
    |80| Wenn Sie jung und einsam sind, wagen Sie es, sich dem unglaublichen Druck zu entziehen. Machen Sie das demonstrative »Ich bin superglücklich, superfit, supererfolgreich« nicht länger mit, nur um äußerlich dazuzugehören. Damit erreichen Sie nämlich nur einen scheinbaren Konsens, der Sie nicht wirklich befriedigt und Sie vielleicht noch einsamer zurücklässt. Machen Sie sich auf den Weg zu sich selbst und dem, was Ihnen wirklich etwas bedeutet. Das kann heißen, dass Sie Ihr Geld nicht für Dinge ausgeben, die Sie gar nicht brauchen und auch nicht lieben, nur weil »man«in dieser Saison die teure It-Bag von Prada trägt oder eine Vespa fahren muss. Es kann auch bedeuten, dass Sie genauer auf Ihre Wortwahl achten. Wenn Ihr Gegenüber in Superlativen schwelgt und alles »wahnsinnig toll«und »geil« findet oder »tierisch genervt« ist, müssen Sie

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