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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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Sie hatte ein Lächeln auf dem Gesicht.
    Ben war nicht da. Der einzige Mensch in der Eingangshalle war ein blonder Mann, der ihr den Rücken zukehrte. Beim Klang ihrer Turnschuhe auf dem roten Kachelboden drehte er sich um. Doch sie wusste längst, um wen es sich handelte.
    »Hi, Romily«, begrüßte er sie.
    Romily schlug sich die Hand vor den Mund. Sie stürzte auf die Tür hinter ihm am anderen Ende der Eingangshalle zu. Überrascht hob der Mann die Hände, als wolle er Romily abwehren – oder umarmen. Doch Romily lief an ihm vorbei und durch die Tür in die Damentoilette. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig und spie ihr Frühstück in einem gewaltigen und geräuschvollen Schwall in die Schüssel. Sie würgte und würgte.
    Ihre Hände zitterten, ihre Augen tränten und waren trübe.
    Was machte er hier?
    Sie hörte, wie die Tür aufging. Bitte nicht, dachte sie, konnte sich jedoch nicht von der Toilette wegbewegen. Noch nicht.
    »Alles in Ordnung?«
    Die Stimme brachte sie erneut zum Würgen. Neben den Geräuschen, die sie selbst verursachte, hörte sie im Hintergrund, wie die Tür weiter geöffnet wurde und Füße in Stiefeln hereinkamen.
    »Ist es Grippe, oder bin ich es?«, fragte er.
    »Mmpf.« Ihr wurde klar, dass sie die Tür der Kabine nicht geschlossen hatte. Sie versuchte, sie mit dem Fuß zu schließen, ohne ihren Kopf oder Oberkörper zu bewegen, konnte die Tür aber nicht finden. Anscheinend hatte er die auch geöffnet. Sie wagte nicht, sich umzusehen.
    »Kann ich dir was holen?«
    Sie schüttelte den Kopf, woraufhin sie wieder würgen musste. Von ihrem Frühstück war nichts mehr übrig, doch ihrem Magen schien das egal zu sein. Neben ihrem Kopf tauchte eine Hand auf, die einen Bausch Klopapier hielt. Die Finger waren sonnengebräunt und höchst vertraut. Sie nahm das Papier und wischte sich den Mund ab.
    »Ich glaube, das sind dieselben Turnschuhe, die du anhattest, als ich dich das letzte Mal gesehen habe«, sagte er. »Schön zu wissen, dass sich manche Dinge nie ändern.«
    Die Übelkeit ließ ein wenig nach, also betätigte sie die Klospülung und setzte sich mit dem Rücken gegen die Wand auf den Boden. Seine Hand tauchte wieder auf, dies mal mit einer Flasche Wasser. Sie schüttelte den Kopf.
    »Trink, dann geht es dir gleich besser.«
    »Alles in Ordnung.« Ihre Kehle war wund. »Geh weg.«
    »Es ist eine neue Flasche. Ich habe nicht davon getrunken.«
    Sie nahm sie, seine Hand verschwand, und die Kabinen tür fiel wieder zu. Unter der Tür hindurch konnte sie seine abgetragenen Boots und den Saum seiner Hose sehen, aber der Rest von ihm war unsichtbar. Romily trank einen großen Schluck und riss sich so weit zusammen, dass sie aufstehen konnte. Ihr war immer noch übel, aber es war ein dumpfes Unwohlsein, keine Panik, und sie war sich nicht sicher, ob es von ihrer Morgenübelkeit herrührte oder daher, Jarvis wiederzusehen.
    Es sah ihm ähnlich, ihr auf die Toilette zu folgen, sodass sie sich nicht einmal in Ruhe übergeben konnte.
    Sie rieb sich mit den Händen über das Gesicht, und zwar fest, und ging hinaus. Er stand am Waschbecken, und abgesehen von der Sonnenbräune sah er noch ganz genauso aus wie früher. Groß, hochgewachsen und eine Spur zu dünn, immer noch mit seinen nicht zu bändigenden dicken Haaren. Um seine Augen waren ein paar Fältchen, aber Romily war sich nicht sicher, ob sie neu waren oder ob sie aufgrund seiner Bräune mehr auffielen, die auch das Blau seiner Augen stärker hervortreten ließ.
    Manchmal vergaß sie, wie ähnlich Posie ihm sah.
    »Tja«, meinte er. »Lange her.«
    »Wir befinden uns in einer Toilette, Jarvis. Ich hätte nichts gegen ein wenig Privatsphäre.« Er machte keine Anstalten zu gehen, also schlug sie vor: »Wenn du unbedingt reden willst, komme ich in zehn Minuten ins Museumscafé.«
    »Okay.« Mit einer für ihn typischen Unvermitteltheit, an die sie sich noch gut erinnerte, ging er nach draußen, und sie blieb allein zurück und starrte auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte.
    »Mist«, sagte sie. Ein oder zwei Minuten stand sie nur da, bevor sie sich im Spiegel betrachtete. Sie sah grässlich aus: weit aufgerissene Augen, offen stehender Mund und ein deutlich grüner Teint. Sie bespritzte sich das Gesicht mit Wasser, putzte sich mit dem Finger die Zähne und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Übelkeit machte sich immer noch dumpf in ihrem Magen bemerkbar, doch Romily hatte sich im Griff. Jedenfalls im Moment.
    Sie

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