Allan - Das Relikt der Goetter (Band 1) (German Edition)
wie jeder andere Baum zu sein. Bei näherer Betrachtung unterschied ihn jedoch etwas ganz Bedeutendes von allen anderen Bäumen: In seiner Krone lag eine Anlage aus Stein, welche der Eingang zum Tempel der Nacht sein musste. Sie war nicht groß, doch ließ er schon von außen erahnen, wie düster es in ihm sein würde.
»In diesem Tempel liegt eines der Reliktfragmente. Und meine Aufgabe ist es, dieses Fragment zu beschützen, bis jener mit reinem Herzen kommen würde, um Tylonia aus dem Chaos zu befreien. Und dieser Jener ... ist nun hier.«
»Aber Sinalia ... Wann wurdest du denn zu einer der Weisen auserwählt? Nachdem Xantos das Relikt zerstört hatte?«
»Nein, schon vorher.«
»Wann vorher?«
»Von Geburt an.«
Allan riss die Augen vor Verblüffung auf. Er hatte nie etwas davon mitbekommen und Sinalia hatte auch nie etwas erwähnt.
»Ich weiß, was du jetzt denkst. Ich konnte dir nichts sagen. Ich bin schon vor meiner Geburt dazu auserkoren worden, als Weise meinen Dienst zu leisten.«
Welch´ eine große und gefährliche Aufgabe. Und sie wusste schon als Kind, dass sie eines Tages in Gefahr geraten könnte.
»Als das Relikt der Götter zerstört wurde und somit der Schutz des Landes nicht mehr gewährleistet war ...«
»... musstest du den Wald verlassen und dich zum Tempel begeben«, beendete Allan den Satz.
»Als Igos den Brief der Prinzessin erhalten hatte, wusste ich, dass ich mich irgendwann hierher begeben müsste und dass wir uns irgendwann wiedersehen würden.«
»Xantos war anscheinend noch nicht hier«, stellte Noma fest.
»Nein, Noma. Das war er nicht.«
Nun riss Noma die Augen auf. Scheinbar fragte sie sich, genauso wie Allan, woher Sinalia ihren Namen kannte. Sie war eine der Weisen, wahrscheinlich wusste sie mehr als er ihr ansehen konnte – wie der Älteste der Pironen.
»Also besteht für uns noch die Hoffnung, das Relikt wieder zusammenzusetzen und Xantos zu verbannen«, entgegnete Allan.
»Natürlich. Dafür müsst ihr nur in den Tempel der Nacht gehen und euch das Fragment holen.«
Allan blickte den Baum hinauf und sah sich den Anbau an. Er fragte sich, was in ihm auf sie lauern würde. Tempel der Nacht ... Vermutlich würde die Finsternis auf sie warten.
»Wie kommen wir dort herauf?«, wollte Noma wissen. Es gab keinen Weg, der zu der Anlage führte. Doch Sinalias Blick nach zu urteilen kannte sie einen. Eine schlechte Weise wäre sie auch, wenn sie ihnen nicht sagen könnte, wie sie in den Tempel gelangen würden. Sie pflückte etwas Gras vom Boden und hauchte es in die Richtung des Baumes. Wie durch Geisterhand wurde vor ihren Augen eine Treppe gebaut. Stein für Stein, Stufe für Stufe, bis ihnen eine Wendeltreppe den Weg zum Tempel der Nacht ebnete.
»Nicht schlecht«, sagte Esary und bestieg mit solch´ einer Arroganz, wie Allan sie noch nie bei ihr gesehen hatte, als Erste die Treppe. Sie wurde immer wunderlicher.
»Wirklich beeindruckend«, bewunderte Noma, als sie an Sinalia vorbeiging. Sie bestieg die Stufen. Allan blieb vor der Weise stehen, ehe er den Tempel betreten würde.
»Bist du noch hier, wenn wir wieder rauskommen?«
»Wenn nichts dazwischen kommt ...«
»Wie meinst du das: Wenn nichts dazwischen kommt?«
Sinalia schüttelte den Kopf. »Vergiss es! Ich werde hier sein.«
»Gut.« Dann folgte auch Allan den Stufen und betrat mit seinen Gefährtinnen den Tempel der Nacht.
Nachdem sie das Tor zum Tempel hinter sich gelassen hatten, umgab sie vollkommene Dunkelheit. Nicht einmal die Hand vor Augen sahen sie.
»Und jetzt?«, fragte Esary. »Wie sollen wir so das Fragment finden?«
»Wenn ich das Amulett noch hätte, dann könnte es uns weiterhelfen«, erwiderte Allan. »Irgendwie werden wir es schon finden. Wir müssen uns hier durchtasten. Etwas anderes wird uns nicht übrig bleiben.«
Also tasteten sie sich an den Wänden entlang, kamen wiederholt ins Stolpern, als sie gegen etwas stießen, und schritten so langsam, aber allmählich voran. Dieser Tempel schien nur aus einem einzigen Raum zu bestehen. Nirgendwo konnte Allan Türen oder Durchgänge erfühlen. Irgendwo hier musste sich das Fragment befinden. Doch wo? Er hörte plötzlich etwas zu Boden fallen und ein violettes Leuchten erschien hinter ihm in der Wand.
»Ich hab´ es!«, rief Noma. »Das Fragment! Ich hab´ es!«
Allan und Esary näherten sich dem Leuchten, um es sich genauer anzuschauen. Noma hatte tatsächlich das Fragment gefunden. Aber was hatte es hinter der Mauer zu
Weitere Kostenlose Bücher