Allan - Das Relikt der Goetter (Band 1) (German Edition)
anderen Eindruck.
»Ich bin sofort wieder bei euch.« Der alte Mann verschwand in der Küche und kam mit einer bildhübschen, jungen Frau zurück. Sie hatte langes, schwarzes Haar, welches offen über den Schultern hing, und trug ein rotes Kleid, das mit Perlen verziert war und Einblick auf ihr wohlgeformtes Dekolleté zuließ. Allan konnte die Augen kaum von ihr nehmen. Noma stieß ihm in die Seite und gab ihm zu verstehen, dass sich so etwas nicht gehörte. Er fragte sich, wie sie an diesen Mann geraten war. Diese Frau hätte jeden haben können, doch hatte sie sich für diesen alten Kauz entschieden. Und trotz des enormen Altersunterschiedes schienen sie sich sehr zu lieben. Das konnte er an den Blicken sehen, die sie sich zuwarfen.
»Das ist meine Frau Vaoly«, stellte er sie den Fremden vor. Sie nickte ihnen kurz zu und wandte sich dann dem Verletzten zu. Sie kniete sich neben die Pritsche und strich ihm mit der Hand über die Stirn.
»Er hat starkes Fieber. Wenn ich es nicht senke, wird er ...« Sie kam nicht dazu den Satz zu beenden, denn der Mann begann zu zittern. Er wäre beinahe hinuntergefallen, hätte sie ihn nicht festgehalten.
»Was ist los mit ihm?«, fragte Noma besorgt.
»Er hat einen Anfall.«
»Was für einen Anfall?«, wiederholte Allan fragend.
»Das Fieber und seine Verletzungen sind zu stark für ihn. Sein Körper versucht sich dagegen zu wehren.«
»Wie können wir ihm helfen?«, wollte Noma wissen. In diesem Moment hörte der Mann auf zu zittern und lag ruhig, ohne eine Regung zu zeigen, da.
»Überhaupt nicht«, antwortete Vaoly.
»Wie meint Ihr das?«
»Er ist tot.« Sie stand auf und wendete sich den beiden zu. Allan sah Noma an und spürte, dass sie dasselbe empfand wie er. Er konnte es nicht glauben. Vor Kurzem hatte er quicklebendig vor ihnen gestanden und nun ... nun war er tot. Und das alles nur, weil sie ihn gebeten hatten, Esary von ihrem Weg abzubringen. Hätten sie sich doch einfach selbst darum gekümmert.
»Macht euch keine weiteren Gedanken um ihn.«
Allan und Noma blickten Vaoly entsetzt an. Wie meinte sie das? Als wenn der Tod etwas Lapidares wäre.
»Kümmert euch um euch selbst, sonst werdet ihr es nicht rechtzeitig schaffen.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Allan.
»Ihr habt eine Aufgabe zu erledigen. Sie sollte oberste Priorität allem anderen gegenüber haben.«
»Woher wisst Ihr von unserer Aufgabe?«
»Habe ich es vergessen zu erwähnen?«, meldete sich ihr Mann zu Wort. »Sie ist nicht nur Medizinerin, sondern auch Hellseherin.«
»Euch wird ein schreckliches Schicksal ereilen, wenn ihr euch nicht beeilt«, sagte Vaoly mit feurigen Augen.
Sie wussten, was zu tun war. Esary mussten sie vergessen. Sie müssten sich auf die Reliktfragmente konzentrieren, sonst würde Xantos wirklich schneller sein als sie.
Der Morgen graute und Esary irrte immer noch ziellos in diesem vermoderten Wald umher. Dieser Fremde hatte sie zu weit von ihrem Ziel weggebracht. Sie hatte keine Hoffnung mehr, Xantos jemals zu treffen. Was sollte sie tun, wenn sie ihn nicht finden würde?
Sie war verzweifelt und rief seinen Namen. In alle Richtungen, immer lauter. Es tat sich nichts. Esary wurde wütend. Ihre Rufe nach ihm wurden aggressiver. Wäre ihr in diesem Moment irgendjemand über den Weg gelaufen ... Sie hätte ihn getötet. Doch dann geschah etwas, womit sie nicht mehr gerechnet hatte: Xantos sprach zu ihr. Sie konnte ihn nicht sehen, jedoch reichte es ihr, ihn einfach nur zu hören.
»Bleibe dort, wo du bist! Ich werde zu dir kommen.«
Das war alles, was er gesagt hatte. Dann wartete sie. Den Tag, die Nacht und noch einen Tag. Am Abend trafen sie endlich aufeinander. Esary verneigte sich vor ihm und erklärte: »Ich habe verzweifelt die Todesklippen gesucht, sie jedoch nicht gefunden. Dann tauchte dieser ...«
»Du brauchst dich nicht erklären, Esary«, unterbrach Xantos sie. »Ich habe gesehen, was geschehen ist.«
»Ihr habt es gesehen? Aber wie ist das möglich?«
»Ich kann Wesen, die das pure Böse in sich tragen, ausfindig machen. Ich wusste zu jedem Zeitpunkt, wo du dich aufgehalten und was du gemacht hast.« Er strich ihr über die Wange. »Was meinst du, wie ich sonst zum ersten Mal Kontakt zu dir hatte aufnehmen können?«
Esary war wie hypnotisiert von Xantos.
»Du hast mich fasziniert. Deine Ausstrahlung, deine dunkle Seite ... die immer mehr Besitz über dich ergreift.«
»Ich dachte, ich wäre abgrundtief böse«, entgegnete sie
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