Allan - Das Relikt der Goetter (Band 1) (German Edition)
und dabei Tränen in den Augen gehabt hatte. Sie hatte es alles andere als gerne getan. Ihre Mutter wollte nicht, dass sie sich auch einst so schämen müsste, was sie nachvollziehen konnte. Doch von was für einer Zeremonie sprach sie?
»Geh´ endlich hinein!«, wurde Noma von ihrer Mutter gescheucht. »Sie wartet auf dich.«
Sie? Eine einzelne Frau wartete also auf sie. Sie atmete tief ein und wollte in den Felsen hineingehen, da überkam es sie auf einmal. Sie umarmte ihre Mutter und bedankte sich. Sie bedankte sich nicht für das, was auf sie zukommen würde, sondern für das, was sie ihr Leben lang für sie getan hatte.
15
Noma erzählte Allan und Galero von ihren Erinnerungen.
»Yalana hat mich hier zur Fee gemacht.«
»Du bist nicht als Fee geboren worden?«, hakte Allan nach.
»Nein. Yalana ist die Einzige, die von Geburt an eine Fee ist. Sie ist die Letzte ihrer Art. Alle anderen sind bereits tot.«
»Aber ich dachte, Feen seien unsterblich«, entgegnete Galero.
»Nur, wenn sie nicht enthauptet werden.«
Die Männer blickten sie fragend an.
»Vor vielen Jahrhunderten ereignete sich ein Krieg zwischen den Feen und den schwarzen Magiern. Die beiden Völker hatten schon immer Diskrepanzen miteinander gehabt«, sie schaute in den Felsspalt, »und beim entscheidenden Kampf haben die Feen verloren. Yalana war die einzige Überlebende.«
»Das ist ja schrecklich«, bemerkte Galero.
»Danach hatte sie nach Frauen gesucht, welche die Ehre bekommen sollten, in eine Fee verwandelt zu werden. So hatte sie ihr Volk wieder aufbauen können.«
»Wie lange bist du schon eine Fee?«, wollte Allan wissen.
»Ich weiß nur, dass ich damals fünfzehn Jahre alt war und nach der Verwandlung all´ meine Erinnerungen an mein Menschendasein verloren habe.«
»Aber jetzt erinnerst du dich wieder.«
»Ja.«
»Auch an die Worte, von denen Bess sprach?«
»Ja.«
»Dann sprich sie. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.«
Noma schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Worte, welche einst ihre Mutter gesprochen hatte.
»Is pen dual, den zu rond. Kol de saha, isch ka lona. Pes ka rata, os fi sole. Filua!«
Der Fels begann zu ruckeln, der Spalt breitete sich aus und eröffnete ihnen den Weg zum dritten und letzten Tempel. Allan blickte in das schwarze Nichts, welches sich vor ihnen befand und spürte, wie sein Herz schneller zu schlagen anfing. Er war aufgeregt und nervös wie ein Kind an seinem Geburtstag. Bald würde er das letzte Fragment in seinen Händen halten. Sie betraten den Tempel und es suchte sie ein Gefühl heim, mit dem wohl niemand gerechnet hatte.
»Spürt ihr das auch?«, fragte Allan.
»Ja«, antworteten Noma und Galero.
Traurigkeit stieg in Allan und vermutlich auch in den anderen hoch, als hätte er soeben etwas Schreckliches erlebt oder jemand Geliebtes verloren. Er hörte ein klägliches Wimmern. Es war leise und er hätte es beinahe überhört. Doch es war so klagend, dass es ihm das Herz zerriss. Woher es kam, konnte er jedoch nicht ausmachen. Es schien, als würde es aus dem Jenseits kommen, denn es war niemand zu sehen. Dieser Tempel war trister und trauriger als der vorige. Scheinbar hatte er einst stark gelitten. Wände waren zerfallen, Mauerreste lagen auf dem Boden zerstreut und die absolute Leere erfüllte diesen Ort. Allan konnte sich nicht vorstellen, dass Noma hier zur Fee geworden war. Doch damals hatte es hier wahrscheinlich ganz anders ausgesehen. Er hätte gerne gewusst, was vorgefallen war.
Erneut war dieses klägliche Wimmern zu hören und sie entschlossen sich dazu, ihm zu folgen. Es führte sie durch zahlreiche Gänge, welche alle dem Eingang ähnelten. Allan befürchtete, dieser Tempel würde über ihren Köpfen zusammenbrechen. Nicht nur diese Furcht mahnte ihn zur Eile. Ihn beschlich auch das ungute Gefühl, dass sie nicht die ersten seien, die hierhergekommen waren. Das Wimmern wurde lauter und nach weiteren Gängen und Gabelungen gelangten sie in einen finsteren Raum.
»Wer ist da?«, hörten sie jemanden fragen.
»Wir sind gekommen, um das Reliktfragment zu holen«, antwortete Allan.
»Allan, bist du das?«
Diese Person schien ihn zu kennen. Hätte er das Amulett bei sich gehabt, hätte er Licht ins Dunkel bringen können, doch so ... Da erhellte sich der Stein auf Galeros Stirn und brachte die Helligkeit. Nun konnten sie sehen, wer sich vor ihnen befand.
»Herr Bürgermeister!«, rief er
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