Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
glänzende Augen blickten ihn verträumt an.
»Sinalia, was ...«
»Als wenn du es nicht auch gewollt hättest, nur hast du dich nicht getraut, auf mich zuzukommen.«
»Ja, das stimmt, aber ...«
»Was aber?«
Allan zerstörte diesen Augenblick. »Was ist mit Malon geschehen?«
Wie nicht anders erwartet, riss Sinalia die Augen auf und blickte ihn entgeistert an. Er verstand es nur allzu gut, sich bei Frauen unbeliebt zu machen. Doch sie hatte ihn überrumpelt und er war einfach zu neugierig, was mit Malon passiert war. Anscheinend spürte sie, dass er es ernst meinte und scheinbar widerwillig erzählte sie.
Malon wurde in einem Keller eingesperrt, dessen Eingang neben der Kirche lag. Eine Falltür im Boden offenbarte den dunklen, modrigen Weg in den Stadtkerker. Die drei Burschen hatten ihn an den Armen gepackt und schleppten ihn hinter sich her. Der Alte wehrte sich keineswegs. Er schien zu wissen, dass es keinen Sinn hätte und die Situation aussichtslos war. Würde er versuchen zu fliehen, würden die Burschen ihn mit nur einem Satz zurück in den Keller befördern. Sie waren muskulös und nicht weniger stark. Mit einem alten Mann wie ihm hätten sie leichtes Spiel.
Er wurde in Ketten gelegt und alleine zurückgelassen - ohne etwas Ess- oder Trinkbares bei sich zu haben. Nachdem dieser Fremde - Allan - in der Gaststätte verschwunden war, trafen sich die Bewohner Okrais erneut in der Taverne. Sie berieten sich, wie sie mit Malon vorgehen sollten. Als Erster ergriff Korins Vater das Wort.
»Wegen ihm ist meine Tochter tot. Er soll für das, was ihr geschehen ist, büßen.«
»Aber es war doch nie seine Absicht gewesen, sie in den Tod zu schicken«, entgegnete ein alter Mann, welcher ohne Beine in einem Rollstuhl aus Holz saß.
»Willst du ihn etwa in Schutz nehmen?«, fragte Korins Vater entrüstet.
»Nein, Sorof. Aber lasst uns nicht voreilig entscheiden. Vielleicht sollten wir morgen früh noch einmal mit dem jungen Mann sprechen.«
»Wofür? Ihn trifft ebenso die Schuld an dieser ganzen Misere wie Malon. Hätte er Okrai nicht betreten, würde Korin noch leben.«
»So kann man das aber auch nicht sehen«, warf eine junge Frau ein. »Das Schicksal hat ihn hierhergeführt. Er hatte ganz gewiss niemals die Absicht gehabt, jemand in den Tod zu treiben - genauso wenig wie Malon.«
»Wozu haben wir uns hier getroffen?«, fragte Sorof aufgebracht. »Ich dachte, wir wollten darüber abstimmen, was wir mit Malon machen. Und ihr nehmt ihn in Schutz?«
»Ja, das wollten wir und das wollen wir immer noch. Doch scheinst du nicht in der Lage zu sein, einen klaren Gedanken zu fassen und eine neutrale Entscheidung zu fällen.«
Sorof, der bis eben noch an einem Tisch gesessen hatte, sprang auf und schmiss den Stuhl um, welcher polternd zu Boden fiel. »Ich kann neutral entscheiden. Ich würde genauso reagieren, wenn eines eurer Kinder betroffen wäre.«
»Arana hat Mann und Tochter verloren«, entgegnete die Tavernenbesitzerin. »Und ist sie deswegen so aufgebracht wie du? Nein. Sie ist ruhig und hört sich diese Diskussion in Ruhe an.«
»Du sagst es: Es ist eine Diskussion und jeder kann dabei seine freie Meinung äußern.«
»Das stimmt ja, aber ...«
»Abgesehen davon ist der Tod ihrer Familie nicht Malons Schuld, sondern die ihre.«
Die Anwesenden blickten ihn entsetzt an - Arana allen voran, in der scheinbar Trauer und Wut gleichzeitig aufkeimte.
»Was willst du damit sagen?«, fragte sie mit zittriger Stimme.
»Erstens hättest du besser auf deine Tochter aufpassen müssen, dann wäre sie auch nicht entführt worden. Und zweitens hättest du Hone sich nie diesem Fremden anschließen lassen dürfen. Wenn er unbedingt auf die Suche nach eurem Kind hatte gehen müssen, dann alleine, aber nicht mit diesem Jüngling. Er ...«
Sorof wollte seinen Aggressionen weiter freien Lauf lassen, doch wurde er von Arana unterbrochen. Wie eine Furie sprang sie auf, stürmte auf ihn zu und klatschte ihm ihre flachen Hände ins Gesicht. Immer wieder drosch sie auf ihn ein. Selbst die gestandensten Männer Okrais hatten Mühe, sie von Sorof wegzuholen. Als sie es geschafft hatten, brach die Frau in Tränen aus und sank zu Boden.
»Ist es das, was du wolltest?«, fragte einer der Burschen. »Jeder trauert auf seine eigene Weise. Trauer du, wie du es für richtig hältst, aber nicht auf Kosten anderer.«
»Wir sollten uns morgen noch einmal zusammensetzen und über Malons Strafe reden«, wandte der Mann im
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