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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Stuhl gekippt; und es ist ja auch wirklich schwer, den Hohepriester eines fest etablierten Kultes, dem das Gespenst von fünfundneunzig; Religionen im Nacken sitzt, nicht zu bedauern.
    Als wir die Nachricht hörten, daß Agon gefangengenommen worden war, berieten wir – das heißt, Nylephta, Sir Henry und ich –, was wir mit ihm anstellen sollten. Ich plädierte dafür, ihn kurzerhand in den Kerker zu werfen, worauf Nylephta jedoch heftig den Kopf schüttelte; sie sagte, daß das eine verhängnisvolle Wirkung im ganzen Lande nach sich ziehen würde.
    »Wenn ich gewinne, dann werde ich die Macht dieser Priester brechen«, versicherte sie. »Ich hasse ihre Geheimniskrämerei und ihren Hochmut.«
    »Nun«, schlug Sir Henry vor, »wenn wir ihn also nicht ins Gefängnis stecken sollen, dann lassen wir ihn doch besser gleich wieder laufen. Er ist unnütz. Was sollen wir mit ihm?«
    Daraufhin schaute ihn Nylephta mit einem seltsamen Blick an und sagte mit einer Stimme wie die eines Vogels: »Bist du sicher, daß er zu nichts nütze ist?«
    »He?« entfuhr es Curtis. »Nun, ich wüßte wirklich nicht, wozu es gut sein sollte, ihn hierzubehalten.«
    Sie sagte nichts, schaute ihn jedoch mit einem ebenso schüchternen wie süßen Lächeln an.
    Da begriff er endlich.
    »Verzeih mir, Nylephta«, sagte er mit bebender Stimme. »Willst du damit sagen, daß du mich heiraten willst, jetzt und hier, auf der Stelle?«
    »Ich weiß nicht; mein Geliebter möge es entscheiden. Wenn mein Gebieter es will ... ich bin bereit, dem Wunsche meines Gebieters Folge zu leisten. Höre, mein Gebieter, in acht Tagen, vielleicht gar schon früher, mußt du mich verlassen und in den Krieg ziehen; denn du sollst meine Armeen führen. Und im Kriege – im Kriege fallen oft Männer, und wenn das auch dein Schicksal sein sollte, dann will ich dich wenigstens für eine kurze Zeit ganz für mich allein gehabt haben, und wenn es auch nur für die Erinnerung sein sollte.«
    Ich sah, daß sie Tränen in den Augen hatte.
    »Vielleicht«, fuhr sie fort, »wird es auch geschehen, daß ich meine Krone verliere, und mit ihr mein Leben und das deinige dazu. Sorais ist hart und voller Haß; wenn sie obsiegt, dann wird sie in ihrer Rache unbarmherzig sein. Wer kann schon in die Zukunft blicken? Das Glück ist der Welt weißer Vogel, und nur selten kommt er zu uns geflogen und läßt sich neben uns nieder; meistens fliegt er schnell vorbei und strebt in die weite Ferne, bis er eines Tages in den Wolken verschwindet. Und darum sollten wir ihn festhalten, solange es geht, wenn er einmal für eine Weile auf unserer Hand sitzt. Es ist nicht weise, die Gegenwart zu mißachten, indem man immer nur an die Zukunft denkt; denn wer weiß schon, was die Zukunft bringen wird, Incubu? Laß uns unsere Blume pflücken, solange noch der Tau auf ihr glitzert; denn wenn die Sonne am Himmel steht und auf sie herabbrennt, dann wird sie verwelken, und morgen schon wird eine andere blühen, die wir niemals sehen werden.« Und dann hob sie ihr schönes Antlitz und schaute ihn an und lächelte, und wieder spürte ich diesen merkwürdigen Stich der Eifersucht in meinem Herzen und ging leise davon. Sie scherten sich nie groß darum, ob ich dabei war oder nicht; wahrscheinlich dachten sie, ich wäre ohnehin nur ein alter Trottel, der solcherlei Dinge längst hinter sich hatte. Nun ja, eigentlich hatten sie ja auch recht damit.
    Und so ging ich also zurück in unser Quartier und grübelte über Gott und die Welt nach und schaute durch das Fenster dem alten Umslopogaas zu, der seine Axt wetzte wie ein Geier, der neben einem toten Ochsen sitzt und seinen Schnabel wetzt.
    Etwa eine Stunde später kam Sir Henry zu uns herübergehetzt. Seine Wangen und Augen glühten, und er machte einen mächtig erregten Eindruck. Er fragte Good und mich, ja sogar Umslopogaas, ob wir ihm bei einer richtigen Hochzeit mithelfen wollten. Natürlich sagten wir ja, und ab ging's in die Kapelle, wo wir schon Agon mit einem solch mürrischen Gesicht vorfanden, wie es wohl nur ein im höchsten Maße übelgelaunter Hohepriester zustandebringen kann. Alles andere wäre ja auch eine Überraschung gewesen. Es stellte sich heraus, daß es zwischen ihm und Nylephta eine kleine Meinungsverschiedenheit betreffs der bevorstehenden Zeremonie gegeben hatte. Er hatte es rundweg abgelehnt, die Feier zu zelebrieren oder einem seiner Priester dazu die Erlaubnis zu erteilen. Daraufhin war Nylephta sehr böse geworden und hatte ihn daran

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