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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Leidwesen gestehen, daß ich, wie immer bei solchen Ereignissen, Angst verspürte. Nun, da mein anfänglicher Enthusiasmus über Umslopogaas vortrefflichen Plan schon ein wenig verflogen war, muß ich der Wahrheit halber zugeben, daß mir die Situation alles andere als behagte. Wir waren alles in allem dreißig Mann; viele davon verfügten zweifellos über nur sehr ungenügende Kampferfahrung, und mit diesen dreißig Mann wollten wir zweihundertundfünfzig Masai angreifen! Zweihundertundfünfzig Masai, die zu den heißblütigsten, todesmutigsten, schrecklichsten Wilden Afrikas gerechnet werden, und die zu allem Überfluß auch noch durch eine Steinmauer geschützt waren! Es war in der Tat ein Unternehmen, das schon an Wahnsinn grenzte. Und was das Ganze noch hirnverbrannter machte, war die Wahrscheinlichkeit, daß die Wachtposten uns bemerken und Alarm schlagen würden, wenn wir versuchten, unsere Posten einzunehmen. Eines war sonnenklar: wenn das geschehen sollte; nämlich, daß die Wachtposten uns entdeckten – und jedes kleinste Geräusch, und sei es bloß das Knacken eines Astes, konnte das schon bewirken, dann war es um uns geschehen, denn das ganze Lager würde in Sekundenschnelle in Aufruhr geraten. Unsere einzige, wiewohl geringe Chance lag in einem Überraschungsangriff.
    Das Bett, in dem ich lag, während mir diese wenig tröstlichen Gedanken durch den Kopf gingen, stand dicht bei einem offenen Fenster, das auf die Veranda hinausging. Plötzlich hörte ich, wie von draußen ein seltsames Geräusch hereindrang – eine Art Stöhnen, gepaart mit Weinen. Eine Weile hörte ich gespannt zu, konnte mir jedoch keinen Reim darauf machen. Schließlich stand ich auf und ging ans Fenster. Ich lehnte mich hinaus und starrte ins Dunkel. Da sah ich die Umrisse einer menschlichen Gestalt, die am Ende der Veranda kniete und sich unablässig mit den Händen vor die Brust schlug. Es war niemand anders als Alphonse! Da ich sein französisches Gemurmel nicht verstehen konnte und wissen wollte, was er da überhaupt trieb, rief ich ihn an und fragte ihn, was er da mache.
    »Ah, Monsieur«, sagte er mit einem tiefen Seufzer, »isch mache Gebet für die Seelen von denen, die isch 'eute nacht töten werde.«
    »Könnten Sie das nicht ein bißchen leiser machen?«
    Alphonse machte sich davon, und ich war von seinem Gestöhne befreit.
    Langsam ging die Zeit herum, bis schließlich nach einer wahren Unendlichkeit Mr. Mackenzie den Kopf zum Fenster hereinsteckte und flüsterte – denn von nun an mußte natürlich alles in absoluter Stille geschehen: »Drei Uhr. Wir müssen um halb vier los.«
    Ich bat ihn, hereinzukommen, und er kam in mein Zimmer. Und ich muß sagen, wäre die Situation eine andere, weniger traurige gewesen, dann wäre ich bei seinem Anblick in schallendes Gelächter ausgebrochen, so wie er sich für die bevorstehende Schlacht ausstaffiert hatte: er trug den schwarzen Schwalbenschwanz eines Geistlichen, dazu einen schwarzen, breitkrempigen Hut. Beides hatte er, wie er mir erklärte, aufgrund des vorzüglichen Tarneffekts angezogen. In der Hand hielt er das Winchester-Repetiergewehr, das wir ihm geliehen hatten. Und in einem elastischen Crickettgürtel von der Art, wie englische Schuljungen ihn tragen, steckten ein riesiges Schnitzmesser mit dazugehörigem Stichblatt und ein langläufiger Colt.
    »Ah, mein Freund«, sagte er, als er mich auf seinen Gürtel starren sah, »Sie fragen sich sicher, was ich mit meinem Schnitzmesser will. Ich dachte mir, es kann mir noch ganz nützlich werden, wenn es zum Nahkampf kommen sollte. Es ist aus hervorragendem Stahl, und ich habe schon manches Schwein damit geschlachtet.«
    Mittlerweile waren alle aufgestanden und zogen sich an. Ich zog eine leichte Norfolk-Jacke über mein Panzerhemd, damit ich eine Tasche für meine Patronen hatte, und schnallte meinen Revolver um. Good folgte meinem Beispiel. Sir Henry hingegen zog außer seinem Kettenhemd, der Stahlkappe und einem Paar ›Veldtschoonen‹, das sind weiche Lederschuhe, nichts weiter an. Vom Knie abwärts waren seine Beine nackt. Seinen Revolver schnallte er über das Hemd und die Taille.
    In der Zwischenzeit inspizierte Umslopogaas die Männer, die sich im Innenhof unter dem großen Baum versammelt hatten. Er ging von einem zum anderen und achtete sorgfältig darauf, daß jeder richtig bewaffnet und gekleidet war. Im letzten Augenblick nahmen wir noch eine Änderung vor. Da zwei der Männer, die eigentlich zu den beiden mit

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