Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
Vom Netzwerk:
eines Tages ihren gleichaltrigen Geschlechtsgenossinnen aus dem Wege gehen. Der andere Grund ist der, daß, so wahr ich hier stehe, die Masai früher oder später den Versuch unternehmen werden, sich für die vernichtende Niederlage von heute morgen zu rächen. Zweien oder dreien von ihnen ist es mit Sicherheit gelungen, in dem allgemeinen Wirrwarr unbemerkt zu entkommen, und sie werden ihrem Stamm alles erzählen, und sicherlich wird man eines Tages eine riesige Expedition gegen Sie aussenden, um Sie zu vernichten. Vielleicht dauert es länger als ein Jahr, bis sie so weit sind, doch früher oder später werden sie auf jeden Fall wiederkommen. Schon allein aus diesem Grund würde ich an Ihrer Stelle gehen. Wenn sie erst einmal in Erfahrung gebracht haben, daß Sie nicht mehr hier sind, lassen sie die Missionsstation vielleicht in Frieden * .«
    »Sie haben völlig recht«, antwortete der Geistliche. »Ich werde diesem Ort in einem Monat den Rücken kehren. Aber es wird weh tun, glauben Sie mir. Es wird sehr weh tun.«

9
     
    Ins Unbekannte
     
     
    Eines Abends saßen wir alle zusammen beim Essen im Speisezimmer der Missionsstation. Inzwischen war eine Woche verstrichen. Unsere Stimmung war sehr gedrückt, denn am darauffolgenden Morgen wollten wir unseren lieben Freunden, den Mackenzies, Lebewohl sagen und uns auf unsere Reise ins Unbekannte aufmachen. Von den Masai hatten wir nichts mehr gesehen oder gehört, und außer ein paar Speeren, die wir übersehen hatten, und die nun langsam im Gras verrosteten und ein paar leeren Patronenhülsen, die noch an der Außenmauer lagen, da, wo wir gestanden hatten, gab es nichts mehr, aus dem noch hätte hervorgehen können, daß der alte Viehkraal am Fuße des Hügels noch vor kurzem der Schauplatz eines so blutigen Gemetzels gewesen war. Mackenzie erholte sich, hauptsächlich dank der Tatsache, daß er von so gesunder Natur war, sehr rasch von seiner Verwundung. Inzwischen konnte er schon wieder auf Krücken herumlaufen. Von den anderen Verwundeten war einer am Wundbrand gestorben, während der Rest auf dem raschen Wege der Besserung war. Mr. Mackenzies Karawane war inzwischen von der Küste zurückgekehrt, und somit war die Missionsstation wieder weitgehend vollzählig.
    Unter diesen Umständen waren wir zu dem Entschluß gekommen, so herzlich und drängend man uns auch zum Bleiben einlud, weiterzuziehen; zuerst zum Mount Kenia, und von dort aus weiter ins Unbekannte, wo wir die geheimnisvolle weiße Rasse zu entdecken hofften, die es uns so sehr angetan hatte. Dieses Mal wollten wir mit Hilfe des anspruchslosen, aber nichtsdestoweniger äußerst nützlichen Esels vorwärtskommen. Wir hatten uns nicht weniger als ein Dutzend Tiere besorgt, die unser Hab und Gut und, wenn nötig, auch uns selbst tragen sollten. Uns waren nur noch zwei Wakwafi als Diener geblieben, und es stellte sich alsbald heraus, daß es so gut wie unmöglich war, weitere Eingeborene zu bekommen, die sich gemeinsam mit uns in das unbekannte Gebiet wagen würden, das wir erforschen wollten. Wir machten keinem einen Vorwurf daraus. Schließlich war es in der Tat, wie Mr. Mackenzie bemerkte, schon mehr als ungewöhnlich, daß drei Männer, von denen jeder viele der Dinge besaß, die das Leben lebenswert machen sollen – Gesundheit, gesicherte Existenz, gesellschaftliches Ansehen etc., zu ihrem eigenen Vergnügen in so ein Abenteuer ziehen wollten, von dem sie höchstwahrscheinlich nie wieder zurückkehren würden – zumindest war die Chance nicht sehr groß. Aber so ist der Engländer nun einmal – ein Abenteurer bis ins Mark. Und unsere gesamte prächtige Stammrolle von Kolonien, von denen jede einst eine große Nation sein wird, legt Zeugnis ab von dem außergewöhnlichen Wert des Abenteurergeistes, der auf den ersten Blick manchmal wie eine gelinde Form des Irrsinns erscheint. »Abenteurer« – das ist der, der hinausgeht, um zu meistern, was auch immer ihm begegnet. Nun, das tun wir alle auf der Welt auf diese oder jene Weise, und was mich betrifft, so bin ich stolz auf diese Bezeichnung, steht sie doch auch für ein tapferes Herz und für ein tiefes Vertrauen in die Vorsehung. Und wenn manch ein berühmter Krösus, dem heute das Volk zu Füßen liegt, und manch ein heuchlerischer, konjunkturreitender, wortklaubender Politiker längst der Vergessenheit anheimgefallen sein wird, dann werden die Namen jener mutigen, weltoffenen alten Abenteurer, die England zu dem gemacht haben, was es heute ist,

Weitere Kostenlose Bücher