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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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wir.
    Wir starrten uns gegenseitig verblüfft an. Wir mußten uns geirrt haben. Aber nein, es gab nichts daran zu rütteln: es handelte sich um Weiße. Sie waren nicht blond, aber die beiden Leute in dem Boot waren eindeutig der weißen Rasse zuzuordnen, die sich in wesentlichen Merkmalen von der schwarzen unterscheidet. Sie hatten ungefähr das Äußere von Spaniern oder Italienern. Es war eine ganz eindeutige Tatsache. So war es also doch wahr! Und wir hatten, gelenkt von einer Macht, die nicht die unsrige war, auf unerklärliche, geheimnisvolle Weise dieses mysteriöse Volk entdeckt. Ich hätte vor Freude laut aufjauchzen können ob der Wunderbarkeit dieses Momentes. Wir schüttelten uns gegenseitig die Hände und beglückwünschten uns für den unerwarteten und so plötzlich eingetretenen Erfolg unserer abenteuerlichen Suche. Mein ganzes Leben lang hatte ich Gerüchte gehört von einem weißen Volk, das im Hochland im Innern dieses riesigen Kontinents existieren sollte, und immer hatte ich davon geträumt, dieses Gerücht einmal zu beweisen. Und nun sah ich mit eigenen Augen, daß das Gerücht der Wahrheit entsprach. Ich war verblüfft und sprachlos und vor Freude ganz benommen. Hier bewies der Spruch jenes alten Römers, den Sir Henry so gern zitierte, fürwahr seine Gültigkeit. ›Ex Africa semper aliquid novi‹, was, wie Sir Henry sagt, bedeutet, daß aus Afrika immer etwas Neues kommt.
    Der Mann in dem Boot war von guter, wenn auch nicht besonders feiner Physiognomie. Er hatte glattes schwarzes Haar, regelmäßige Züge und besaß ein intelligentes Gesicht. Er trug ein braunes Hemd aus Tuch, vergleichbar etwa einem ärmellosen Flanellhemd, und einen unverwechselbaren Rock aus dem gleichen Material. Die Beine und Füße waren nackt. Um den rechten Arm und das linke Bein trug er dicke Ringe aus einem gelblich glänzenden Metall; vermutlich Gold. Die Frau hatte ein reizendes Gesicht, wild und scheu zugleich. Sie hatte große, dunkle Augen und braunes, lockiges Haar. Ihr Kleid bestand aus demselben Material wie das des Mannes und bestand, wie wir später entdeckten, aus einem leinenen Unterkleid, das ihr bis zum Knie ging, und dann aus einem einzigen langen Streifen Tuch, ungefähr vier Fuß breit und fünfzehn Fuß lang, der in anmutigen Falten um den ganzen Körper geschlungen war und ganz zum Schluß so über die Schulter geworfen wurde, daß sein Ende, das je nach der sozialen Stellung des Trägers blau, purpurn, oder von irgendeiner anderen Farbe war, über die Schulter frei nach vorn fiel. Der rechte Arm und die rechte Brust blieben jedoch unbedeckt. Ein passenderes, anmutigeres Kleid kann man sich, besonders, wenn wie in diesem Fall die Trägerin jung und hübsch war, kaum vorstellen. Good (der ein Auge für so etwas hat) war sichtlich zutiefst davon beeindruckt, und ich muß gestehen, daß ich es ebenfalls war. Ein ebenso schlichtes wie raffiniertes Kleidungsstück.
    So erstaunt wir über die Erscheinung des Mannes und der Frau waren, sie waren es, wie wir deutlich erkennen konnten, jedenfalls nicht minder über unser plötzliches Auftauchen. Was den Mann betraf, so schien er von Furcht und Erstaunen gleichermaßen überwältigt zu sein. Er umkreiste eine ganze Weile unser Kanu, wagte jedoch nicht, näher heranzukommen. Schließlich kam er jedoch auf Rufweite heran und rief uns etwas zu in einer Sprache, die sanft und melodisch klang, von der wir aber leider nicht ein Wort verstehen konnten. Wir antworteten auf englisch, französisch, lateinisch, griechisch, deutsch, zulu, niederländisch, sisutu, kukuana und in ein paar anderen Eingeborenendialekten, die mir geläufig sind, aber unser Besucher verstand offenbar keine dieser Sprachen. Im Gegenteil; sie schienen ihn beträchtlich zu verwirren. Was die Frau betraf, so war sie voll und ganz damit beschäftigt, uns aufmerksam zu beobachten. Good gab das Kompliment zurück, indem er sie mit forschendem Blick durch sein Monokel anstarrte, was sie eher zu belustigen schien, als daß es ihr Angst einjagte. Schließlich wendete der Mann, der offensichtlich nicht wußte, was er mit uns anfangen sollte, plötzlich das Boot und steuerte in Richtung Ufer. Sein kleines Boot flog vor dem Wind wie eine Schwalbe. Als es bei dem Wendemanöver dicht vor unserem Bug vorbeisegelte, wandte sich der Mann für einen Augenblick um, um nach dem Segel zu sehen. Good ergriff prompt die Gelegenheit beim Schopfe und warf der jungen Dame eine Kußhand hinüber. Ich war entsetzt,

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