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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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sich auf eine Legende, die ich bei den Arabern an der Ostküste hie und da gehört habe. Dieser Legende nach gab es ›vor mehr als zweitausend Jahren‹ Unruhen in dem Land, das als Babylonien bekannt war. Daraufhin kam eine riesige Menge von Persern bis herunter nach Bushire. Sie fuhren mit Schiffen und Booten aufs offene Meer hinaus und wurden vom Nordost-Monsun an die Ostküste Afrikas getrieben. Hier gerieten – so die Legende – diese ›Sonnen- und Feueranbeter‹ (!) in Konflikt mit den Arabern, die schon damals dort ansässig waren. Schließlich gelang es den Persern, die Sperrlinien der Araber zu durchbrechen. Sie verschwanden im Innern des Landes, und man hörte und sah nie wieder etwas von ihnen. Ich frage nun: Besteht nicht zumindest die Möglichkeit, daß die Zu-Vendi die Abkömmlinge jener ›Sonnen- und Feueranbeter‹ sind, die in grauer Vorzeit die Linien der Araber durchbrachen und dann spurlos verschwanden? Und in der Tat; in ihrem Charakter und ihren Gebräuchen liegt etwas, das sich mit meinen etwas vagen Vorstellungen, die ich von den Persern habe, in etwa deckt. Natürlich haben wir keine Bücher hier, in denen wir die Geschichte jener Zeit nachlesen könnten, aber auch Sir Henry sagt, soweit ihn die Erinnerung nicht trüge, habe es ungefähr im fünften Jahrhundert vor Christi Geburt einen gewaltigen Aufstand in Babylon gegeben, in dessen Folge ein großer Teil der Bevölkerung aus der Stadt vertrieben wurde. Jedenfalls ist es eine historisch dokumentierte Tatsache, daß es mehrere Auswanderungswellen von Persern gegeben hat, die die Gegend um den Persischen Golf verließen und an der Ostküste Afrikas ansässig wurden. Diese Auswanderungswellen hielten bis in das zwölfte Jahrhundert nach Christi Geburt an. Es gibt recht gut erhaltene Gräber von Persern in Kilwa, an der Ostküste, aus deren Daten hervorgeht, daß sie nicht älter als siebenhundert Jahre sind. *
    Obwohl die Zu-Vendi ein Agrarvolk sind, sind sie erstaunlicherweise äußerst kriegerisch veranlagt. Da ihnen jedoch die geographische Lage ihres Landes nicht erlaubt, andere Länder mit Krieg zu überziehen, bekriegen sie sich untereinander wie die berühmten Katzen von Kilkenny, mit dem Resultat, daß die Bevölkerung niemals so groß wird, daß das Land sie nicht mehr ernähren könnte. Diese kriegerische Haltung erwächst wohl in erster Linie aus den politischen Verhältnissen des Landes: die Monarchie von Zu-Vendis ist, zumindest nominell, eine absolute. Ihre unumschränkte Macht wird lediglich im Zaume gehalten von dem Einfluß der Priesterschaft und durch den gesetzlich nicht verankerten Rat der Landadeligen. Jedoch, wie es in vielen Institutionen dieser Art häufig der Fall ist, reicht der Arm des Hofes nicht unbedingt in jeden Winkel des Landes. Kurz, es herrscht ein Feudalsystem (obwohl völlige Leibeigenschaft oder Sklaverei unbekannt sind), in dem alle großen Landadeligen offiziell der Krone unterstehen, wobei einige jedoch praktisch unabhängig vom Königshof sind. Sie verfügen über die absolute richterliche Gewalt und können nach eigenem Gutdünken Kriege erklären und Frieden mit ihren Nachbarn schließen, gerade so, wie es in ihre Interessenlage paßt. Einige von ihnen haben sich auch dann und wann schon in offener Rebellion gegen ihren königlichen Herrn oder ihre königliche Herrin erhoben und haben aus dem sicheren Schutz ihrer Burgen und ihrer befestigten Städte heraus jahrelang gegen die Regierungstruppen, die so weit entfernt von der Hauptstadt operieren mußten, erfolgreich Widerstand geleistet.
    Zu-Vendis hat, ebenso wie England, seine Königsmacher gehabt. Die Tatsache, daß innerhalb der vergangenen tausend Jahre allein acht verschiedene Dynastien einander ablösten, spricht eine deutliche Sprache. Jede dieser Dynastien ging aus einer adeligen Familie hervor, der es irgendwann einmal gelungen war, die Herrschaft nach einer blutigen Fehde an sich zu reißen. Zu der Zeit, als wir in Zu-Vendis auftauchten, befand sich das Land gerade in einer Periode relativer Stabilität. Der letzte König, der Vater von Nylephta und Sorais, war ein außergewöhnlich fähiger und energischer Regent gewesen, der mit starker Hand die Macht der Priester und der Adeligen in Grenzen gehalten hatte. Nach seinem Tode, der ihn erst zwei Jahre vor unserem Eintreffen in Zu-Vendis ereilt hatte, wurden, in Anlehnung an einen Jahrhunderte zurückliegenden Präzedenzfall, die Zwillingsschwestern, seine Töchter, auf den Thron

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