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Allawa

Allawa

Titel: Allawa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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nicht mehr wollten, wären andere Interessenten vorhanden »für diesen prächtigen Rüden«.
    Neue Leute, das hieß neues Heimweh, zweiter Hungerstreik, ungewisse Zukunft. Mein Vater sagte: »Wir kennen ihn wenigstens schon — «
    Ich begriff jetzt erst, Reiter über dem Bodensee, daß die sogenannte Kur als endgültiger Abschied gemeint gewesen war, wenigstens hoffnungsweise.
    Als ich am nächsten Tag heimkam, fiel er mir breit lachend um den Hals.

    Würdevoll und kräftig saß er wieder an seinen verschiedenen Plätzen, beaufsichtigte uns wohlwollend, ging auf jeden Scherz ein, verfolgte strengen Auges bei Tisch, ob jeder etwas für die Hundemission spende. Für uns alle war eine große Lücke wieder aufgefüllt, für ihn schienen die Gewohnheiten nie unterbrochen worden zu sein. Orte, Worte, Tageslauf, treue Liebe für die Nächsten — einmal hieß immer, früher hieß jetzt. Hätte er unser gerührtes »Er hat nichts vergessen« verstanden, anstatt es mit »Essen« zu verwechseln, so wäre er erstaunt gewesen; ich hatte den Eindruck, daß er sich nicht erinnerte wie wir, sondern einfach alles so sah, roch, fühlte wie zuvor.
    Und auch die Kriegszüge mit meinem Vater, den er offenbar für seinen Jagdgehilfen hielt, nahm er unbekümmert wieder auf. Er kannte jetzt zweieinviertel Leute, denen er gehorchte: mir ganz, dem Züchtermann dreiviertels , meiner Mutter so halb, falls sie in meinem Ton darauf bestand.

    »Das ist so schön, daß er sich nie darum kümmert, was für Noten ich heimbringe«, sagte ich zu meiner Mutter. »Wenn man weiß, daß einen jemand immer genau gleich gern hat, ist das ein großer Trost .«
    Offenbar klang das komisch oder poetisch, denn meine Mutter lachte und wiederholte es einer Tante, die gerade bei uns zu Gast war. Ich lachte aus Höflichkeit mit, bevor ich leicht erbost betonte: »Ich ihn ja auch !« Damit löste ich erst recht Gelächter aus. Am besten macht man von vornherein Späße, dann ärgert man sich nicht.
    Einmal ließ ich seine Futterschüssel fallen und der weiße Emailrand sprang an zwei Stellen ab. Meine Mutter sagte, das könnte weiter abspringen, und wenn er an den Splittern einginge, geschähe es mir recht. Danach saß er neben mir zuunterst in der Wiese, ich drückte mein Gesicht an seinen Hals, und weil ich aufhören wollte zu heulen, fragte ich mich, ob die Vertiefungen neben seinem Brustbug wohl Schlüssellöcher heißen. Aber wenn er jetzt bald stirbt, hat er keine Schlüssellöcher mehr, und dann bin ich ganz allein. Es wurde mit jedem Gedanken schlimmer. Er kratzte an mir wie der Hund, der seinen Herrn aus dem Erfrieren geweckt hatte, ich mußte mit ihm spielen.

    Nur Primus verstand immer, wie ich es meinte. Spiel war Spiel, nie hätte er plötzlich geknurrt; Befehl kam als Befehl an, dann tat er das Gewünschte, und wenn er sah, daß ich traurig war, brachte er mir eiligst einen alten Pantoffel.
    Aber dieses Verstehen ohne Grenzen führte irgendwie nirgends hin. Sonderbar: als ob es doch Grenzen hätte. Vielleicht weil er nur spürte, was im Augenblick vorging — ja, auch nicht immer was, sondern nur daß. Daß ich bedrückt war; nicht über was. Er konnte nie sagen »Schau mal, das siehst du falsch« oder »Komm, das mußt du anders machen« — er war einfach da. Spielen, folgen, trösten. Und gerade seine Art zu trösten brachte einen in Gefahr, jetzt überhaupt in Stücke zu fallen.
    Auch wenn ich dachte »Er ist mein bester Freund«, stachen mich sofort Tränen in die Augen. Was ist denn Trauriges daran, daß der beste Freund ein Pelztrikot trägt? Würde man das auch über einen Menschen so traurig denken, oder ist es doch deshalb, weil Primus nur versteht? Alles versteht, nichts versteht, merkwürdig, mehr und dabei weniger als die Menschen.
    Ich hätte gern den Mantel der Liebe darübergebreitet (das klang so schön), über diesen Hohlraum, den ich in ihm entdeckt hatte. Es war Untreue und Undank gegen seine Treue, dem überhaupt nachzusinnen. Aber ich glaube, dachte ich, je lieber man jemanden studiert, um so deutlicher sieht man, wie er ist. Jedenfalls konnte ich mich nicht ändern, und er sich auch nicht. Ein großer Trost war er trotzdem.
    Ich machte viele Scherze daraus, die meiner Mutter gefielen; sie ahnte nicht, daß es etwas umgedrehtes Trauriges war. »Es freut«, sagte ich statt »er freut sich«, oder »wenn ich vor mich hinlächle, wedelt es hinter ihm her«, oder »es folgt heute nicht so gut im härenen Gewand«.

    Aber diese

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