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Alle auf Anfang - Roman

Alle auf Anfang - Roman

Titel: Alle auf Anfang - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Zaplin
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den er kennt. Höchstens in Filmen aus den Achtzigern. Ganz schön schwer, das verwaschene Ding. Seinen Geldbeutel hat er doch mitgenommen.
    Vorsichtig befühlt Jasper die Taschen von außen. Ein Schlüsselbund. Ein Stift. Und in der anderen Tasche … ein Handy. Auf einmal wird ihm ganz heiß. Der Typ hat Jaspers Handy einfach ins Off befördert. Und das hier? Kurz scannt Jasper den neuen Auftritt des Typen. Neuer Spielzug. Neue Option. Aber eigentlich ist er doch okay. Aber eigentlich hat das doch nichts zu sagen. Aber eigentlich tut man nicht, was ihm gerade durch den Kopf schießt. Aber eigentlich ist das mit dem Handy auch kein Fairplay. Aber eigentlich ist es doch auch egal, oder? Oder?
    Da hat Jasper das Handy schon in der Hand, tippt schon die Nummer ein, hört schon das Tuten. Wieso ausgerechnet diese Nummer? Was will er denn sagen? Hallo Mama, alles okay, mach dir keine Sorgen, oder so?
    Da taucht unten am Treppenabsatz die Gestalt des Schauspielers auf. Fast erleichtert drückt Jasper auf die Taste mit dem roten Hörer und lässt das Handy zurück in die Tasche gleiten.
    »Alles klar?«, fragt Anselm, als er wieder neben ihm steht. Jasper nickt. Hat er was gemerkt?
    Anselm lächelt. »Dann können wir ja weiterfahren.«
Die Nachtschwester hat das Zimmer verlassen
    Zurück bleibt: ein aufgehängter Beutel mit farbloser Flüssigkeit, etwas tiefer hängend ein Beutel mit dunkelroter Flüssigkeit, mehrere Schläuche, die unter der Bettdecke verschwinden, ein summendes Geräusch hinter dem Kopf, Claudia, liegend, zugedeckt. Sie hatten einen Unfall. Sie wagt nicht, sich zu bewegen. Nur ihre Augen wandern hin und her. Aber wir sorgen hier für Sie. Es ist nicht ganz dunkel im Zimmer. Durch die Glasscheibe in der Tür fällt etwas Licht vom Gang draußen herein. Auf dem Gang ist es still. Dies ist ein Krankenhaus, so viel ist klar, trotz des Brummens im Kopf. Sie hatten einen Unfall. Das muss damit zu tun haben, dass sie jetzt hier ist, so viel ist klar.
    Sie kann sehen. Sie kann hören. Riechen auch. Es riecht nach: Krankenhaus. Sprechen? Sie räuspert sich, öffnet den Mund, versucht zu summen. Ein Krächzen gelingt. Erschrocken wandert sie mit den Augen zur Seite. Sie ist allein in dem Zimmer. Hinter dem großen Fenster zu ihrer Rechten herrscht Dunkelheit. Ist es Nacht? Ganz langsam versucht sie, den Kopf zu drehen. Es gelingt. Als Nächstes hebt sie den Arm ohne Schlauch. Auch das gelingt. Im anderen Arm spürt sie den Einstich der Kanüle. Die Bewegung schmerzt. Sie lässt den Arm ruhig liegen und versucht, die Füße zu bewegen. Die Füße. Wo sind ihre Füße? Sie spürt nichts. Sie hatten einen Unfall. Entsetzt hebt sie mit dem schlauchlosen Arm die Bettdecke an. Genaues kann sie nicht erkennen, aber das müssen ihre Beine sein. Sie tastet mit der Hand danach. In der Hand spürt sie Haut. In den Beinen spürt sie: nichts.
    »Hallo?«, versucht sie zu rufen. Es klingt blechern. Ist da niemand?
    Noch einmal: »Hallo!«
    Warum kommt denn niemand? Sie muss sich bemerkbar machen. Was, wenn ihr Herz aussetzt? Wenn sie innerlich verblutet? Sie hat keine Ahnung, was los ist mit ihr. Es muss doch jemand nach ihr sehen. Langsam kriecht die Angst vom Bauch her aufwärts. Seit wann liegt sie hier? Wer hat sie hergebracht?
    Die Tür wird aufgeschoben, beinahe lautlos. Die Schwester ist da. Sie überprüft den Beutel mit der farblosen Flüssigkeit, dreht dann mit zwei Fingern an einem Ventil oberhalb der Kanüle.
    »Was ist …«, beginnt Claudia. Ihre Stimme gehorcht ihr nicht.
    »Sch«, macht die Schwester, »schlafen Sie noch ein wenig, das tut Ihnen gut. Ich bringe Ihnen gleich eine Schlaftablette.«
    »Was ist … mit meinen … Beinen?«, flüstert Claudia.
    »Darüber sprechen Sie morgen mit dem Arzt, ich kann Ihnen da nichts sagen.« Geschäftig überprüft die Schwester den Beutel mit der dunkelroten Flüssigkeit.
    »Es ist … es fühlt sich so … taub an«, versucht Claudia noch einmal. Es kostet sie sehr viel Anstrengung zu reden.
    »Morgen.« Die Schwester sagt es bestimmt. »Ich bringe Ihnen gleich was.« Das sagt sie schon im Herausgehen.
    Morgen. Irgendwann war gestern. Wie lange ist das her? Bewegungslos liegt Claudia im Bett und versucht, sich zu erinnern. Sie hat an einer Übersetzung gearbeitet. Nein, sie war fertig mit der Übersetzung und hat sich in der Stadt mit der Lektorin getroffen. War das gestern? Sie haben im Verlag über das Buch gesprochen, über die noch zu klärenden Stellen. Und dann

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