Alle jagen John Mulligan
Sache«, meinte der Alte. »Auf unsere Leute können wir uns natürlich nicht verlassen; ja, wir wissen kaum, ob sie nicht mit der Bande in weit näherer Verbindung stehen, als uns lieb ist. Treten wir also offen auf die Seite der Polizei, und richtet diese, was sehr gewöhnlich der Fall ist, nichts weiter aus, als daß sie ein paar von diesen Burschen wegfängt oder totschießt und fährt dann wieder ruhig nach dem Festland zurück, dann sitzen wir nachher erst recht im Unglück und können uns darauf verlassen, die zu sein, an denen die gereizten Verbrecher ihren ganzen Grimm und Unmut auslassen.
»Und wie viele sind es wohl, Eurer Meinung nach, die sich hier in der Gegend herumtreiben?« fragte Tolmer.
»Gott weiß es«, erwiderte der Alte, »etwas Genaues erfuhr man ja außerdem nie über sie, und man weiß nicht einmal, wo auf der Insel herum sie überall ihre Verbündeten und Hilfe haben. Zwölf aber, dächt ich, wären es gewiß - eher mehr als weniger.«
»Und ihr Hauptversteck?«
»Ist hier am Torrens-Berg, ganz in der Nähe. Etwa eine halbe Stunde von hier kommt Ihr zu einer kleinen Schlucht, an der unten, dicht am Pfade, eine einzelne Kasuarine steht. Drückt Euch dort so rasch wie möglich vorbei, denn in der Schlucht hinauf, nicht viele hundert Schritt vom Pfad entfernt, steht schon eine einzelne Rindenhütte, und eine kleine Strecke weiter oben ist das Lager. Ich bin dort einmal aus Versehen hingekommen, weil ich ein weggelaufenes Pferd suchte, und fand da die ganze Gesellschaft zusammen.
»Die Buschranger?« rief Tolmer rasch.
»Pst« sagte der Alte, sich vorsichtig dabei umsehend. »Es ist gar nicht nötig, den Namen hier so laut in den Busch hineinzuschreien. - Sie ließen mich allerdings ungehindert ziehen, gaben mir aber doch zu verstehen, es wäre ihnen lieb, wenn keine Pferde wieder hier in dieser Richtung in den Busch liefen. Natürlich verstand ich, was sie damit meinten, und habe mich seit der Zeit sorgfältig gehütet, noch einmal in ihre Nähe zu kommen.«
»Und wie lange ist das her?«
»Etwa vierzehn Tage.«
»Dann wundert es mich nur, daß die am Kap Borda nichts von solcher Nachbarschaft wußten.«
»Habt Ihr sie danach gefragt?«
»Allerdings.«
»Die werden sich ebenso gewundert haben, daß Ihr nach so etwas fragen mochtet. Doch von hier aus könnt Ihr den Weg nicht verfehlen, und - wenn Ihr meinem Rat, dem Rat eines alten Siedlers, folgen wollt, dann bleibt so weit von der Schlucht, wie Ihr nur könnt.«
»Herzlichen Dank - und wenn ich Euch Hilfe brächte?«
»Je mehr dabei getan und je weniger davon gesprochen wird, desto besser«, sagte der alte Mann, grüßte Tolmer freundlich und schritt dann seiner eigenen Wohnung zu.
Der Polizeibeamte verfolgte indessen rasch den Pfad, indem er hier und da an weichen Stellen die Fußspuren der Frau erkennen konnte. Ziemlich sicher erwartete er auch, daß dieser Kapitän Howitt die Entführte in das von dem alten Siedler bezeichnete Versteck geführt haben würde, dort vor jeder Verfolgung sicher zu sein. Zu seinem Erstaunen fand er aber, als er die einzelne Kasuarine erreichte, daß nur einer der beiden Männer, und zwar der Kapitän selbst, den Weg dorthinaus eingeschlagen hatte, während die Frau mit dem Träger den Pfad verfolgt zu haben schien.
Tolmer kannte recht gut die Gefahr, der er sich hier aussetzte, wenn er sich allein, nur mit seinen beiden Pistolen bewaffnet, in die Nähe der hier im Hinterhalt liegenden Buschranger wagte. Nichtsdestoweniger drängte es ihn aber dennoch, Gewisses über den Aufenthalt dieser Menschen zu erfahren, ehe er sich mit seinen eigenen Leuten wieder vereinigte. Konnte er diese dann doch weit besser und sicherer dem Feind entgegenführen. Mit derlei Gefahren überdies schon seit langen Jahren vertraut, reizten sie ihn weit eher, solchen tollkühnen Streich zu wagen. Welche Vorsicht er dabei zu beachten hatte, wußte er überdies genau.
Zu diesem Zweck folgte er vor allen Dingen noch eine Strecke lang dem gewöhnlichen, nach Kap Borda führenden Pfad, damit in der lockeren Erde hier seine Spuren nicht die Richtung verrieten, die er genommen hatte, und schlug sich erst dort links in die Büsche, den Hügel hinauf und der Schlucht zu, wo dichtes Gumlaub und Rindenstücke den Boden bedeckten und ein Nachspüren schwieriger machten. Er erreichte bald die Schlucht, an deren ziemlich steilem Hang er hinaufkletterte, bis ihn die nun zu schroff aufsteigenden Wände zwangen, sich wieder mehr der
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