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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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diesen dummen Ludern den Kopf abbeißen, aber da du es nicht willst — meinetwegen.«
    Selbst Weffi, das kleine Hammelchen, mit dem sie dieselben dummen Späße trieben, hatte einmal in seiner Verwirrung zugelangt und zu seinem eigenen Erschrecken einen Flügel in der Schnauze gehabt, an dem die wild flatternde Nummer elf (Liselotte) hing.
    Alle diese Zusammenhänge ließen es mir geraten erscheinen, sozusagen prophylaktisch ab und zu zum Sägewerk hinüberzugehen und mit den Hürzingers ein paar Worte über das Wetter sowie über Hunde und Hühner zu wechseln. Da kam auch gerade die Hürzingerin aus dem Haus, die irdene Schüssel mit den Körnern in der Hand: »Putti-putti-putt!«
    »Grüß Gott, Frau Hürzinger«, sagte ich, »ein schöner Morgen!«
    Sie blinzelte mich mißtrauisch an, als erwarte sie, daß ich sie anschließend anpumpen würde. »Ja, ganz schön«, sagte sie dann vorsichtig. »Elfriede, Auguste — puttputt, kommt, meine Süßen!« Sie griff in die Schüssel und warf die Körner um sich, einen Teil direkt auf meine Schuhe, als wollte sie sagen: Geh da weg, du störst. — Aber ich wich nicht, von der Idee besessen, mir dieses verschlossene Herz zu erobern. Die Lieblinge kamen von allen Seiten angerannt und fraßen.
    »Wirklich ein rührendes Bild!« sagte ich. Sie aber blickte unruhig umher. »Aurelia — Aurelia! Putteputt, komm, mein Liebling!«
    »Vermissen Sie eine?« fragte ich nicht gerade sehr geistreich.
    »Aurelia!« rief sie, ohne mich zu beachten, mit einer nun ganz hohen Stimme. Aus den Büschen am Bach antwortete ein wildes Gegacker. Dann stiegen ein paar Federn in die Luft und wurden vom Wind über die Wiese getragen. Und dann, ja, dann erschien Aurelia. Aber sie hing in Cockis Maul und war mausetot.
    Er watschelte auf mich zu, die mörderischen Fänge in den dicken Hennenleib geschlagen, und warf mir Aurelia vor die Füße. Dann leckte er sich die blutigen Lefzen, sah mich strahlend an und wackelte mit dem Hinterteil: »Na, ist das ‘n Fest?«
    Ich vereiste. Die Hennenmutter versteinerte.
    »Um Gottes willen — Cocki«, stammelte ich schließlich, »bist du wahnsinnig, Kerl?« Und im nächsten Augenblick hatte ich ihn am Kragen und verdrosch ihm das Hinterteil.
    »Er hat das noch nie getan!« stammelte ich weiter. »Ich leiste selbstverständlich vollen Ersatz — einen Moment —, ich bringe ihn nur weg — bin gleich wieder bei Ihnen.«
    Die Hürzingerin stand schweigend da und ging dann ins Haus, Niobe vom Scheitel bis zur Sohle.
    Drin im Zimmer kam Weffi angerannt, als ich Cocki auf die Erde setzte. Er roch interessiert an dem Hühnerblut. Ich baute den Dicken vor mir auf und gab ihm eine Ohrfeige: »Nicht das Hühnchen!« sagte ich und hielt ihm eine Feder hin, die ich noch in seinem Haar fand. »Nicht das Hühnchen!« Peng — eine neue Wucht! Er starrte mich fassungslos an und reichte mir dann eine Tatze.
    »Dicker!« sagte ich verzweifelt. »Kannst du denn das gar nicht verstehen? Ich meine, ich begreife dich ja: das dumme Luder hat dich sicher wieder ganz verrückt gemacht, und du wolltest mir was bieten, weil du glaubtest, daß Peterle zurückkommt. Aber — nicht das Hühnchen!« Diesmal war es nur ein Klaps. Er sah mich tief gekränkt an und verkroch sich unter dem Tisch.
    Frau Widderhals kam in die Stube: »Was war denn da los?«
    Ich erzählte es ihr.
    »Ach du lieber Gott!« sagte sie. »Da haben Sie ja was Schönes angerichtet!« Angesichts meiner völligen Vernichtung trat mütterliche Wärme in ihren Blick: »Na, lassen Sie man! Ich schick’ die Zenzi mit dem Geld ‘rüber, das brauchen Sie nicht selbst zu machen.«
    »Was kostet denn so was?« fragte ich ängstlich.
    »Die nehmen’s von den Lebenden und den Toten — so zehn Mark!«
    Ich fingerte hastig in meiner Brieftasche: »Natürlich — und wenn es mehr kostet — spielt keine Rolle. Ist mir das unangenehm!«
    Zenzi marschierte mit dem Geld ab, ich sah ihr durchs Fenster nach. Drüben war jetzt die Haustür geschlossen. Davor lag ein weißer Fleck: Aurelia. Zenzi ging hinein und blieb lange. Dann kam sie schließlich heraus, bückte sich nach dem Huhn und wanderte auf uns zu. Ich rannte ihr entgegen: »Na, was ist, Zenzi?«
    »Zehn Mark«, sagte sie. »Das Huhn will sie nicht, ich hab’s mitgenommen.«
    Ich sah voller Grauen auf die Hühnerleiche mit dem baumelnden Kopf. Dann riß ich mich zusammen: »Moment mal!« Ich nahm ihr das Huhn ab, griff mir den Löwen, und wir übten ein paar Minuten lang

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