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Gestern war ein Cop bei mir.«
»Aha?«
»Er hat mir einen Haufen Fragen über dich gestellt.«
»Zum Beispiel?«
»Ob du zum Beispiel gegen irgendjemanden Groll hegst.«
»Groll?«
Ich nickte. Es war das Erste, was mir eingefallen war.
»Hoffentlich hast du mit Ja geantwortet«, sagte er grinsend.
Das hatte ich. Aber ich sagte es ihm nicht.
»Sie haben nichts gegen mich in der Hand«, fuhr Kyle fort. »Sonst hätten sie mich schon längst verhaftet.«
»Das sei dir mal nicht so sicher.«
»Bin ich aber«, antwortete er einen Hauch beleidigt.
»Du könntest etwas entgegenkommender sein«, sagte ich. »Und sie über ein paar Dinge aufklären.«
»Das habe ich doch. Ich weiß nicht, was die von mir erwarten.«
»Sag ihnen die Wahrheit.«
»Das hab ich.« Er stöhnte.
»Dann ist ja alles klar.«
»Und wenn nicht, besorg ich mir einen Anwalt.«
Das klang für mich wie ein Schuldeingeständnis.
»Kennst du einen?«
»Einen was?«, fragte ich.
»Einen Anwalt.«
Ich schüttelte den Kopf »Nein.«
Kyle starrte mich bestimmt eine volle Minute an, seine Lippen leicht geöffnet. Mir kam es vor, als wollte er mir etwas erzählen, aber dann schien er blitzartig seine Meinung zu ändern. Er wandte sich seinem Buch zu und tat, als ob er läse: Das Leben Balzacs.
»Das ist übrigens ziemlich gut hier.«
»Was?«, fragte ich.
»Dieser Typ, Balzac. Er hat pro Tag mindestens hundert Tassen Kaffee getrunken.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Das weiß jeder.« Aber Kyle hörte schon nicht mehr zu. Er versuchte, die Seite des Buchs mit seinem kleinen Finger umzublättern. Ich bot ihm keine Hilfe an.
»Ich will wissen, was du in Malcolm Foxmans Stück gekritzelt hast.« »Wer ist Malcolm Foxman?« Kyle gab den Versuch zu lesen auf und streckte seine Beine aus.
»Ein Theaterautor.«
»Ein Theaterautor?« Kyle verzog das Gesicht, als würde er überhaupt nichts verstehen.
»Ja.«
»Ist er berühmt?«
»Er glaubt es zumindest.«
»Was schreibt er?«
»Verschiedenes.«
»Noch nie von ihm gehört«, schnaubte Kyle.
»Du erinnerst dich nur nicht mehr.«
»Dann hilf mir auf die Sprünge.«
»Kitty Kats und Kleptomanen von Malcolm Foxman.«
Kyle schüttelte den Kopf.
»Du hast es gelesen. Bei Christian.«
»Wer ist Christian?«
Ich stöhnte. »Jetzt fang nicht wieder mit der Abbott-und-Costello-Masche an.«
»Das tu ich gar nicht. Ich schwör’s.«
»Christian ist der tote Euro, weißt du noch?«, versuchte ich es nochmals. »Dein Dealer.«
»Ach, der.«
»Ja, der.«
»Und wer ist dieser Schreiberling, den ich kennen soll?«
»Du hast ihn einmal bei Barneys getroffen«, sagte ich. »Du hast sein Stück gelesen.«
»Geht es da um Engel oder so was?«
»Ja«, bestätigte ich.
»Oh«, meinte er. »Das.«
Ich wartete. Kyle ordnete seine Arme neu. Dann erzählte er mir, wie es kam, dass seine Schrift in Malcolms Manuskript zu finden war.
Angeblich war er einen Abend bei Christian gewesen und hatte sich ziemlich zugedröhnt. »Ich hab mich gelangweilt«, erzählte er. »Er hatte
überhaupt keine Bücher.« Kyle verdrehte sich den Hals, um mich ansehen zu können. »Ich weiß echt nicht, was du an dem Kerl fandest. Er war ein absoluter Schwachkopf.« Kyle zog seine Decke mit den Zähnen bis zum Kinn. »Wie auch immer - ich entdeckte das Stück, fing an zu lesen, merkte, dass es mir gefiel und nahm es schließlich mit. Ich unterstrich die Sachen, die mir gefielen. Da kommt eine Stelle, in der es darum geht, sich an jedem zu rächen, der einem quer kommt. Das gefiel mir am besten« Er lachte. »Cool.«
Die Erklärung erschien mir plausibel genug, obwohl ich immer noch nicht wusste, warum Christian mir das Manuskript gestohlen hatte. »Und was ist dann passiert?«
»Nichts«, sagte Kyle. »Und ich hab auch keine Ahnung, warum alle plötzlich um diesen Genet für Arme so ein Getue machen.«
»Eine Menge Leute wollen das Stück haben.«
»Wer denn?«
»Yassi zum Beispiel«, sagte ich.
Er wirkte einen Moment lang, als würde er in Tränen ausbrechen. »Ich liege völlig demoliert im Krankenhaus und sie macht sich wegen eines bescheuerten Theaterstücks Gedanken?«
»Das Stück ist jetzt bei den Cops«, fuhr ich weiter fort. »Die haben es auch gesucht.«
»Ich weiß«, sagte er. »Vielleicht führen sie es ja auf!« Er lachte über seinen eigenen Witz.
»Und was ist mit Christian?«, fragte ich weiter. »Wie ist das Manuskript wieder in seine Hände gelangt?«
Kyle seufzte, als ob ich ihn
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