Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

alle luegen

Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
Vom Netzwerk:
langweilte. »Christian ist total ausgerastet deswegen. Er hat mir eine Tüte schlechtes Gras gegeben, nur damit ich es zurückbringe. Okay? Bist du jetzt zufrieden?«
    »Ich denke schon.« Ich war sicher, dass er log.
    »Hat es dir gefallen?«
    »Das Stück?«
    »Ja«, meinte er. »Ich fand es ganz witzig.«
    »Ich auch.«
    Wenigstens in einem Punkt stimmten wir überein.
    Als ich nach Hause zurückkam, war Jacob unten in der Lobby und sprach mit Louis, dem Portier. Als er mich sah, erklärte er mir grinsend, dass er noch ein paar Dinge wissen müsse. Ob ich mir einen Moment Zeit für ihn nehmen würde? Wir könnten einmal um den Block gehen -länger würde es nicht dauern. Was sollte ich sagen? Ich hatte nichts zu verbergen. Draußen war endlich eine grelle, eisige Sonne durch die Wolkendecke gedrungen. Für meinen kalifornischen Teint war sie ein grausamer Scherz. Wir gingen schweigend bis zur Ecke. Da ich den Block kein zweites Mal umrunden wollte, fragte ich ihn schließlich, woran er denn dachte.
    »Ach«, meinte er. »Eigentlich an nichts.«
    »Das ist ja mal eine Überraschung«, sagte ich. »Normalerweise quellen Sie doch über vor Fragen.«
    Er lächelte und trat dann einfach auf die Straße. Dichter Verkehr strömte auf uns zu. Ein Taxifahrer stemmte sich auf die Hupe. Jacob machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Machen Sie das nicht noch mal«, keuchte ich.
    »Tut mir Leid«, antwortete er. »Ich hasse es, warten zu müssen.«
    Das war nicht zu übersehen. Wenigstens hatte er den Anstand, sich zu entschuldigen.
    »Also, ich will Ihnen sagen, worum es geht«, fuhr er fort, wobei er mir einen Seitenblick zuwarf. Seine Wangen waren von der Kälte gerötet. »Dieses Stück, das Ihnen abhanden gekommen ist, das Foxman geschrieben, das Olsen gefunden, das Hangerman voll gekritzelt hat. Tja, wir haben auf dem Deckblatt eine Beschreibung gefunden.«
    »Eine Beschreibung?« Was für eine Beschreibung? Ich wusste, dass ich nicht zu fragen brauchte. Er würde es mir schon sagen.
    »Eine Wegbeschreibung, eine Richtungsanweisung«, sagte er. »Biegen Sie auf der Mulberry rechts ab, auf der Canal links, so ungefähr.« Jacob hielt an, um ins Schaufenster einer Bäckerei zu spähen. »Kaffee?«
    »Immer«, antwortete ich. Wir gingen hinein. Der Laden war so überhitzt, dass ich augenblicklich zu schwitzen begann.
    »Setzen Sie sich.« Jacob deutete mit dem Kopf auf ein paar Hocker, die am Fenster standen. Ich ließ mich nieder, während er den Kaffee holte.
    »Hier.« Er reichte mir einen dampfenden Becher.
    »Danke.«
    »Ich weiß, wie lästig das sein muss«, meinte er, als er sich setzte und seine Jacke aufknöpfte, »seine Zeit ständig mit Typen wie mir verbringen zu müssen.«
    So schrecklich war es gar nicht. Aber das sagte ich ihm nicht.
    »Sie haben uns sehr geholfen«, fuhr er fort.
    »Ich gebe mir Mühe.«
    Er probierte seinen Kaffee, verzog das Gesicht und ließ drei Stücke Zucker in den Becher fallen.
    »Sie sind gerade vom Krankenhaus gekommen?«
    Ich antwortete nicht. Er wusste es ohnehin.
    »Ich würde mich zurückhalten«, sagte er. »Wenn ich Sie wäre. Sie kennen das ja - Mittäterschaft und so weiter.«
    Ich hatte meinen Mantel ausgezogen, schwitzte aber immer noch. »Ich hab nichts getan.«
    »Ich weiß. Aber manche Leute sind vielleicht anderer Meinung.«
    »Welche Leute?«
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Das ist nicht sehr beruhigend«, sagte ich.
    »Ich habe einen Mann in Ihrem Haus postiert. Ihnen wird nichts passieren.«
    Er machte mir Angst. Einen Mann in meinem Haus? Wo?
    »Reine Routine«, beruhigte er mich. »Gucken Sie nicht so panisch.«
    Routine. Ich nickte. Carmi hatte keine Verhaltensregel für den Umgang mit einem Überwachungsteam aufgestellt. Hieß das, dass ich einen Stuhl unter die Türklinke schieben und mit einem offenen Auge schlafen musste?
    »Kommen wir wieder auf das Stück zurück«, sagte Jacob.
    »Bitte.«
    »Die Anweisungen waren auf Schwedisch. Wir haben sie von einem Professor übersetzen lassen.«
    »Und wie lautet der Text?«
    »Tut mir Leid«, entschuldigte er sich. »Das darf ich Ihnen wirklich nicht sagen.«
    Verärgert wiederholte ich meine Frage, aber Jacob rutschte wortlos von seinem Hocker.
    »Gehen Sie schon?«, fragte ich.
    »Für heute reicht es.«
    Dabei hatte er mich so gut wie nichts gefragt.
    Jacob hatte sich bereits zum Gehen gewandt. »Die Leichen stapeln sich nur so auf meinem Schreibtisch.« Er stieß die Glastür auf. »Übrigens«, sagte er

Weitere Kostenlose Bücher