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noch und blickte auf meine Füße. »Schicke Schuhe haben Sie da an.«
Ich lächelte. Es waren die Schuhe, die Christian mir geschenkt hatte. Ich fragte mich, ob Jacob auch darüber Bescheid wusste. Ich sah ihm nach, wie er mit wehendem Mantel die Straße hinunterstürmte. Im Handumdrehen war er verschwunden. Ich hatte meinen Kaffee nicht einmal zur Hälfte getrunken, während Jacobs Becher leer war. Er war der schnellste Typ, der mir je begegnet war. Ich hoffte, dass sich diese Qualität auch in seiner Arbeit niederschlug.
28
Heute sollte ich Malcolm bei Kaps treffen. Nach allem, was ich von Jacob gehört hatte, war dies das Letzte, worauf ich Lust hatte. Außerdem hatte ich das blöde Gefühl, Malcolm gar nicht wirklich zu kennen ... und ich hatte schon genügend Bekannte falsch beurteilt. Dummerweise geisterte mir aber dann doch den ganzen Morgen lang das Bild meines neurotischen Ex-Kollegen durch den Kopf, wie er einsam und kettenrauchend in einer der zerschrammten Kunststoffnischen saß und jedes Mal hoffnungsvoll zur Tür blickte, wenn diese sich öffnete. Schließlich fühlte ich mich so mies, dass ich mich für das arktische Wetter draußen rüstete und zu Kaps hinübertrottete. Ich sagte mir immer wieder, dass es helllichter Tag und der Laden immer brechend voll war - was sollte mir also schon groß passieren?
Als ich endlich auf die Bank ihm gegenüber sank, hatte Malcolm bereits sein Essen vor sich stehen, obwohl er vornehm davon absah, sofort zuzuschlagen. Er bestellte immer dasselbe: zwei hart gekochte Eier und einen Klecks Hüttenkäse mit reichlich Pfeffer auf einem Bett aus Eisbergsalat. Er behauptete, dass sein asketisches Wesen eine solche Diät erforderte. Das und die Tatsache, dass seine Mutter ihn mit Hot Dogs und gebutterten Makkaroni aufgezogen hatte.
»Sie kommen viel zu spät«, sagte Malcolm mit einem Schniefen.
Wir waren um ein Uhr verabredet gewesen. Ich blickte auf meine Uhr
- es war ein Uhr vierzehn. Meiner Meinung nach war das nicht als viel zu spät zu bezeichnen. Aber ich sagte nichts dazu. Mit Malcolm zu diskutieren war, als wollte man den Mount Everest hinaufsteigen. Man kam nie zum Ziel.
»Aber das ist nicht weiter schlimm«, fuhr er fort und lächelte ein bisschen. »Sie sind nicht unanständig spät.«
Ich fragte mich, welche Zeit für ihn unanständig spät< gewesen wäre. »Tut mir Leid«, sagte ich. »Ich konnte mich nicht entscheiden, was ich anziehen sollte.«
Malcolm quälte ein Lachen heraus.
Eine Kellnerin in Wasserstoffblond schlurfte an unseren Tisch. Ich bestellte mit Käse überbackenen Toast und einen Teller Tomatensuppe -mit beidem konnte man hoffentlich nicht viel falsch machen.
»Wie läuft der Laden?«, fragte ich.
»Oh, status quo.«
»Man schlägt sich also durch?«
»Sie kennen mich ja«, sagte er.
»Immer noch der Chef im Irrenhaus?«
»Den Posten macht mir niemand streitig«, meinte Malcom, während er mit seinem Messer spielte.
Ich fragte mich unwillkürlich, ob er sich mit seiner Antwort ausschließlich auf Barneys bezog.
Die Kellnerin brachte mein Mittagessen. Malcolm schnappte sich den Pfefferstreuer und schüttelte ihn heftig, bis sein Teller unter einer gräulichen Decke begraben lag. »Die kriegen das nie richtig hin«, schimpfte er. »Es ist der Pfeffer, der das Gericht so köstlich macht.«
»Ah, der Pfeffer also«, antwortete ich. »Ich dachte, es wäre eher der Salat.«
Malcolm verdrehte die Augen. Ein weißer Krümel Hüttenkäse zierte sein Kinn.
»Und?«, fragte er aufgesetzt fröhlich. »Wie geht’s Ihnen?«
»Ganz gut«, antwortete ich. Etwas Besseres fiel mir nicht ein. Ich wollte Malcolm gerade fragen, warum die Polizei mit ihm hatte sprechen wollen, als er mir zuvorkam.
»Wahrscheinlich haben Sie schon mitgekriegt, dass man mich ausgequetscht hat«, sagte er kichernd.
»Ich hab’s mitgekriegt.«
»Aber die Cops sind so blöd.« Er winkte mit heftigen Armbewegungen die Kellnerin heran. Als sie an unserem Tisch stand, bestellte er zwei Kaffee für sich und einen für mich, obwohl ich kaum zu essen angefangen hatte. »Die kapieren wirklich überhaupt nichts...«
»Was meinen Sie damit?«
»Ach, Sie wissen schon«, erzählte er weiter, während er sich im Laden umsah. »Sie haben mich nach meiner Vergangenheit ausgefragt. Aber da haben sie sich kaum die richtige Story rausgesucht...«
Die richtige Story. »Welche Story?«
»Mein kleiner Disput mit dem Gesetz.«
Also hatte Jacob keine Scherze gemacht. Ich
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