Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
Vom Netzwerk:
von Frettchen Kaninchen aus ihren Schlupflöchern in die ausgelegten Fangnetze zu jagen.
    Als ich zu den beiden ging, knirschte das gefrorene Gras unter meinen Stiefeln. Die Jahreszeit war jetzt günstig dafür, weil man aufgrund der kahlen Büsche kaum einen Baueingang übersah und ihn so mit einem Netz versehen konnte, damit kein Kaninchen entwischte.
    Harvey nahm eins seiner beiden gescheckten Frettchen aus einer kleinen Tragebox.
    »Das Aas hat mich gebissen«, sagte er fröhlich und hielt mir seinen rechten Zeigefinger entgegen.
    »Eben gerade?«
    »Nee, oben beim Tor, wo wir’n Kaninchen gefangen haben. Ich hab’ meine Hand ausgestreckt, um’s aufzuheben, und da hat’s mich einfach gebissen. Hat sogar geblutet.«
    »Hör auf zu jammern, wirst schon nicht daran sterben«, sagte John grinsend zu ihm.
    »Steck das Frettchen ins Loch und laß uns mal sehen, ob ein Kaninchen drinsteckt.«
    Bevor das Frettchen in dem Bau verschwand, roch es an der Erde herum. Während einer Minute oder auch länger geschah nichts. Dann zeigte Harvey auf den Terrier. Peter stand ganz angespannt wie eine aufgezogene Feder, bereit zum Zupacken, vor einem der Löcher. Ein paar Sekunden später hörten wir das Getrappel der Kaninchenläufe. Sogleich schoß es wie ein Katapult heraus, verfing sich im Netz und wurde zu einem glotzäugigen, pelzigen Ball.
    Mit einem Finger auf den Lippen signalisierte uns Harvey, ruhig zu bleiben.
    »Da is’ noch eins drin«, flüsterte er und legte erneut ein Netz über den Eingang des Baus.
    Er hatte recht. Ein zweites Kaninchen rannte heraus und in das Netz. Anschließend wurde es der Ausbeute des Tages hinzugefügt.
    »Fünf«, sagte John ganz zufrieden. »Bis jetzt unser bester Fang.«
    »Der beste hier auf Egerton, aber wir haben schon mehr drüben bei Jonathon gefangen«, sagte sein Partner.
    Nick brachte uns die Neuigkeit: »Die Ferkel kommen!«
    »Dorries Ferkel?«
    »Ja, drei haben wir schon.«
    »Wer, du und Mama?«
    Ungeduldig schüttelte der Sechsjähige den Kopf: »Nicht sie — ich und Vicky!«
    Das ergab Sinn. Natürlich mußten sie es als erste wissen. Es gehörte zu ihren Lieblingsspielen zu raten, wie viele Ferkel Dorrie werfen würde. Während die Sau in ihrem Gehege lag, zählten sie mit Vorliebe die Beulen, die sich unter dem Bauchspeck abzeichneten. Wie die anderen Säue hatte sie es sehr gern, wenn man ihr über den Bauch strich; sie scheinen das beruhigend zu finden.
    Ich brauchte mich nicht zu beeilen. Die beiden Kleinen wußten genau, was zu tun war. Sobald ein Ferkel auftauchte, lösten die Kinder es aus der Fruchtblase, befreiten es von der Nabelschnur und legten es an eine der Zitzen an, damit es sofort von dem lebenswichtigen Colostrum säugen konnte, der ersten Milch mit dem hohen Nährwert und den wertvollen Antikörpern. Meine Vermutung stimmte, das elfjährige Mädchen strahlte.
    »Wieder zwei«, sagte es und wies auf eine Reihe rosiger Ferkelchen, die eifrigst an den Zitzen der Sau nuckelten.
    Dorrie hob den Kopf und sah mich an; dann konzentrierte sie sich wieder auf die Wehen und grunzte vor Anstrengung.
    »Falls du mich brauchst — ich bin im Haus«, sagte ich zu Vicky. »Kommst du hier zurecht?«
    Es war ihr gar nicht erst in den Sinn gekommen, daß sie vielleicht nicht zurechtkommen könnte.
    »Dorries Ferkel kommen«, sagte ich zu Shirley. »Vicky ist bei ihr und sieht nach dem Rechten.«
    »Um Himmels willen!« protestierte sie. »Meine schulpflichtige Tochter spielt Hebamme bei einer Sau! In der Stadt würde sie jetzt Ballettunterricht bekommen, oder sie würde lernen, wie man Blumenarrangements steckt!«
    Ich versicherte ihr, daß Vickys augenblickliche Tätigkeit viel vernünftiger sei als das Erlernen, auf Zehenspitzen zu stehen.
    »Du bist ein Spießbürger!« rief sie.
    Es ging alles glatt. Noch bevor wir an das abendliche Melken gingen, war das letzte Ferkel geboren, die Nachgeburt abgestoßen worden, und die Sau stand jetzt hungrig am Trog und fraß. Alles schien in wunderbarer Ordnung zu sein, bis die kleine Hebamme und ihr Helfer, bevor sie sich vor dem Fernseher niederlassen wollten, noch einmal nach dem Rechten sahen. Aufgeregt kamen sie zurückgerannt mit der Nachricht, daß Dorrie, die umsichtigste aller Mütter, auf einem Tierchen ihres Wurfs gelegen hatte. Die übrigen elf schliefen sicher und glücklich unter der Infrarotlampe, die über der Krabbelecke hing, aber ihr Bruder — es handelte sich um einen kleinen Eber — lag platt und leblos

Weitere Kostenlose Bücher