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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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reichten uns die Hand.
    »Sind das alle, die ausgerissen waren, Thomas?« fragte der Senior.
    Sein Sohn bestätigte es.
    »Die springen wie die Hirsche, wenn sie dazu eine Möglichkeit sehen«, erklärte William Meredith. »Wir sperren sie ein während der Zeit des Lammens für eine Woche oder so, aber bei der erstbesten Gelegenheit hauen sie ab.«
    »Wie können Sie sie ausfindig machen?« fragte Ian.
    Meredith zeigte auf die Markierung. »Die ist eingetragen bei der Gesellschaft für das Gemeindeland, und außerdem wissen die Schafe, wohin sie gehören. Wenn Sie eine Farm wie diese hier kaufen, obgleich Gott es verhüten möge, daß Sie das je tun, dann müssen Sie die Schafe gleich mitkaufen. Diese kennen ihr Land und die Weiden und bleiben im großen und ganzen in der Nähe. Aber fremde Schafe laufen manchmal meilenweit davon.«
    Der Schotte ging hinüber zu den Schafen, die getrennt gehalten wurden. »Und was ist mit denen?«
    Der Bauer amüsierte sich über seine Ignoranz. »Unfruchtbar. Keine Lämmer. Es hat keinen Zweck, sie wieder frei laufen zu lassen. Bei der nächsten Gelegenheit bringen wir sie auf den Markt.«
    Plaudernd gingen wir mit ihm zum Haus, um seine Frau zu begrüßen und Tee zu trinken. Mrs. Meredith war eine große, anmutige Frau mit hohen Wangenknochen und wunderbaren, schräg stehenden Augen. Alter und Arbeit hatten zwar ihre Spuren hinterlassen, aber es war noch immer leicht zu erkennen, welche Schönheit sie einmal gewesen sein mußte. Ihre Tochter Cissie, ein Teenager, war zwar ein attraktives Mädchen, aber sie hatte nicht die graziöse Haltung ihrer Mutter.
    Keine von beiden ließ sich ihre Überraschung anmerken über unser unvorhergesehenes Auftauchen, obgleich es sicherlich nicht jeden Tag geschah, daß Fremde über den Berg spaziert kamen. Im Nu standen Becher mit heißem Tee vor uns, und wir setzten uns und plauderten unter der niedrigen Zimmerdecke miteinander, die Ian zum Bücken zwang.
    »Sind Sie schon mal in der Carnaby Street gewesen, Mr. McCullogh?« fragte das Mädchen.
    Er lächelte. »Sehr oft. Anne, meine Frau, und ich essen oft in Soho.«
    »Ist es so, wie die Zeitungen es beschreiben?«
    Unser Freund wollte gerade etwas Abfälliges darüber sagen, aber dann sah er die erwartungsvollen Augen des Mädchens.
    »Nicht zu vergleichen«, erklärte er. »Hab’ noch nie so was irgendwo anders gesehen...«
    Der Vater drehte den Kopf zur Seite, um ein Lächeln zu verbergen, aber das Mädchen hatte nicht den Doppelsinn in seiner Antwort gehört.
    »Eines Tages möchte ich das gern einmal sehen.«
    »Es ist völlig anders, als was ihr hier habt.«
    »Was machen Sie beruflich?« fragte die Frau.
    Ian stellte seine Tasse ab und betrachtete seine großen Hände. »Sie werden’s kaum glauben — ich bin Buchhalter.«
    »Ich kann Sie mir nicht in einem Büro vorstellen, nicht einen Mann von Ihrer Größe.«
    Ihr Mann lachte. »Man kann sich auch nur schwer vorstellen, daß du den ganzen Tag auf einem Hocker sitzen könntest.«
    »Aber man ist dann im Warmen und Trockenen und wird niemals vom Wetter bestürmt«, sagte die Frau mit einem Seitenhieb auf ihren Mann.
    »Und außerdem kriegt man noch eine Pension im Alter«, fügte der Mann hinzu.
    »Und bezahlte Ferien«, warf John ein.
    »Genauso ist es«, bestätigte der Schotte. »Aber in diesem Augenblick scheint mir das nicht viel wert zu sein... vielleicht bleib’ ich hier, arbeite auf dem Hof und schlaf’ in der Scheune.«
    »Schade, daß Sie schon ‘ne Frau haben, sonst hätten Sie unsere Cissie heiraten und ihr alles über Carnaby Street erzählen können«, sagte der jüngere Bruder.
    Das Mädchen wurde tiefrot und eilte aus dem Zimmer, um leere Teetassen in die Küche zu tragen. Der Vater runzelte die Stirn, aber Ian lächelte und wandte sich an den reumütigen Bruder: »Die Jungen hier aus der Umgebung würden dazu wahrscheinlich einiges zu sagen haben, da bin ich ganz sicher.« Und alle lachten.
    Bald darauf machten wir uns auf den Rückweg zum Auto, das wir diesmal auf einer leichteren Route erreichten. Unser Freund zeigte sich sehr nachdenklich.
    »Leute wie diese haben gar keine Ahnung, wieviel Glück sie haben«, meinte er, als ich ihn darauf ansprach.
    »Vielleicht. Aber das Leben auf so einer Farm ist nicht leicht«, sagte ich.
    Die Frauen waren bereits vor uns wieder zu Hause angelangt. Anne zeigte sich hocherfreut über eine Silberschale, die sie in einem Antiquitätenladen erstanden hatte.
    »Über hundert Jahre

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