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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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ich ihm bei. »Es ist noch nie vorgekommen, daß er auch nur ein einziges Mal nicht die Milch abgeholt hätte, egal was es für ein Wetter ist.«
    »Er scheint auch eine gute Meinung über deine Pünktlichkeit zu haben«, sagte Ian und setzte sich an den Tisch. Doch sofort bekam er die Anweisung, sich die Hände zu waschen, falls er etwas zu essen haben wolle. »Hausordnung: kein Händewaschen, kein Essen.«
    Nach dem Frühstück schlugen die Frauen vor, in Ludlow einkaufen zu gehen. Aber Ian konnte sich für diesen Plan nicht erwärmen. Er wollte etwas mit mehr Dynamik unternehmen.
    »Was haltet ihr davon, wenn wir einen Spaziergang auf euren Berg machen würden?«
    Ja, warum eigentlich nicht? Es gab nichts, was man nicht für einen oder zwei Tage verschieben könnte, nachdem das Füttern und ein paar andere wichtige Pflichten erledigt worden waren.
    Während die Sonne noch höher stieg und durch die morgendliche Wolkendecke zu scheinen versuchte, hoppelten wir mit dem Auto einen unebenen Feldweg entlang. Dann parkten wir und gingen den Rest des Weges zu Fuß, um zu einem stillgelegten Steinbruch zu gelangen.
    Große, schmucklose und wie Festungen aussehende Gebäude aus Beton standen hier. Früher hatten sie schwere Maschinen zum Zerkleinern und Handhaben des Gesteins beherbergt. Doch auch jetzt noch, obgleich sie leer und verlassen waren, strahlten sie die Atmosphäre eines Industriezweigs aus, der die Bergflanke aufgerissen, seine Granitblöcke herausgebrochen und sie dann übersät mit blauen Narben hinterlassen hatte.
    Ian ging um ein verheddertes Knäuel rostender Kabeltaue herum; sie waren so dick wie der Oberschenkel eines Mannes und verankert in einem riesigen Betonklotz.
    »Es muß eine beeindruckende Sache gewesen sein, als der Abbau im Steinbruch noch in vollem Gange war.«
    »Bis nach Ludlow konnte man die Explosionen hören und die Staubwolken sehen«, berichtete John.
    Einige Männer aus unserer Nachbarschaft hatten in dem Steinbruch gearbeitet, als sie noch jung waren.
    Nachdem wir dieses alte Werksgelände hinter uns gelassen hatten, kamen wir zu einer Stelle, wo der Berg immer steiler nach oben strebte. Bald bahnten wir uns vorsichtig einen Weg auf einer alten Schafspur, der kaum eine Spanne für unbedachte Schritte zuließ. Ein sich lösender Felsstein in Fußballgröße rollte ohne Unterbrechung etwa zweihundert Meter in die Tiefe hinab, bevor er in einem Wirrwarr von Farn und Heidekräutern liegenblieb. Irgendwie fand Ian den Zwischenfall äußerst erheiternd. Lachend zeigte er nach unten und rief: »Unser Abstieg wird keine Schwierigkeiten bringen, Jacky!«
    Ich mußte mich zu sehr konzentrieren, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. So konnte ich seinen Witz überhaupt nicht lustig finden.
    Glücklicherweise verbreiterte sich unser Pfad und endete dann überraschend auf einer kleinen flachen Ebene, die von der Natur oder von Menschen angelegt worden war. Ein junger Mann mit dunklem Teint stand hier — ein Schäferhund saß bei Fuß — und beobachtete uns mißtrauisch, bis er John erkannte. Sofort zog sich über sein breites Gesicht ein freundliches Lächeln. Auf dem Kopf trug er einen bekränzten alten Filzhut.
    »Was macht ihr denn hier? Man kann sich hier oben leicht das Genick und anderes mehr brechen.«
    John, der als erster gegangen war, zeigte auf den bärtigen Schotten: »Es war die Wahnsinnsidee dieses Mannes, Ian. Das ist mein Vater.« Und zu uns gewandt: »Das ist Tom Meredith. Die haben ihre Farm hier oben.«
    Der junge Mann nickte grüßend zu uns herüber und zeigte uns dann, wo schmale, bebaute Ackerfelder sich wie grüne Finger an dem mit Farnkraut bewachsenen Berg hinaufzogen.
    »Das sind unsere, der Hof liegt hinter dem Kamm.«
    »Und was machst du hier oben?« fragte John.
    Er zeigte schräg rechts nach oben, wo der Hang fast senkrecht hochstieg. Auf einem winzigen Vorsprung standen mehrere Schafe und Lämmer und blickten auf uns herab.
    »Die gehören uns und sind gestern ausgebüxt. Der alte Herr will sie haben, da sie markiert und desinfiziert werden müssen.«
    Während seiner Studentenzeit an der Universität hatte Ian auch etwas Bergsteigerei betrieben.
    »Von dort oben kann man meilenweit blicken. Mit Schafsblicken sehen die buchstäblich dem Lauf der Welt zu. Doch bei der kleinsten Panik stürzen sie ab. Wie willst du sie da herunterholen?«
    »Ich werd’ gar nichts tun«, erklärte ihm Meredith. »Er hier wird das für mich machen, nicht wahr, mein guter

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