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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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sagen.«
    Mervyn schien noch immer Zweifel zu haben. »Und wohin sollen die gegangen sein? Schafe fliegen doch nicht fort!«
    Einige interessierte Zuhörer hatten die beiden für ihre Auseinandersetzung gefunden. Es kam schon vor, daß Schafe — und besonders Schafe aus der Gemeindeherde — gestohlen wurden. Von den Berghängen herab verirrten sie sich auf die niedriger gelegenen Weiden fremder Bauern, um sich sattzufressen an dem Gras, das für die eigenen Herden bestimmt gewesen war. Man hörte gelegentlich, daß diese Eindringlinge einfach verschwanden, obgleich niemand etwas davon wußte, falls man ihn fragte. Manchmal wurden in den Zeitungen Geschichten geschrieben, in denen Viehdiebe aus der Stadt mit Lastern die Landstraßen nachts heimsuchten. Über solche Artikel lächelten die Bauern verhohlen, die vermuteten, daß die wirklich Schuldigen wahrscheinlich aufgebrachte Landwirte waren, die es allmählich leid wurden, die Eigentümer ausfindig zu machen, welche in aller Ruhe die Schafe auf fremdem Gras ließen. Aus Rache, und um die Futterkosten wieder reinzuholen, verkauften sie einfach diese >Schmarotzen. Und außerdem kannte jeder die Tatsache, daß ein verirrtes Lamm gelegentlich in einer Tiefkühltruhe verschwand und erst als Sonntagsbraten wieder auftauchte.
    Mißbilligend runzelte Jonathon wegen dieses Streits die Stirn und versuchte zu vermitteln. »Hört doch auf, ihr beide wißt doch ganz genau, daß es sich nicht lohnt, wegen ein paar alter Schafe und ‘nem bißchen Gras sich in die Wolle zu kriegen. Wahrscheinlich sind die schon längst wieder zu Hause oder auf dem Weg dahin.«
    »Deine Schafe schleichen sich auch immer auf meine Fünfhektarweide, dein Zaun muß mal repariert werden«, sagte ich zu ihm.
    Schmerzlich sah er mich nach diesem Dolchstoß in den Rücken an. »Wir reden jetzt über die Schafe dieser Leute, Jacky, nicht über meine.«
    Mervyn brachte ein schwaches Lächeln zustande, und ich fragte: »Wie viele Schafe sind ausgebüxt?«
    »Drei... aber es geht nicht um den Wert, sondern um das Prinzip dieser Sache.«
    John wurde neugierig. »Ruppige alte Welsh-Schafe mit markierten Ohren?«
    Der schlanke Mann wartete auf mehr, aber Andrew schaltete sich ein. »Niemand beeilt sich, um seine verfluchten Schafe zurückzuholen, so lange man ihnen woanders was zum Fressen gibt, aber sobald irgend etwas passiert, sind wir alle Diebe.«
    »In dem Punkt haben Sie nicht unrecht«, pflichtete ich ihm bei. »Was würdest du für das Futter von drei Schafen während einer halben Woche verlangen, Jonathon?«
    Mein ständiges Einmischen machte ihn reizbar. »Laß uns über meine Schafe und deine zugrunde gehende Fünfhektarwiese reden, wenn wir wieder zu Hause sind.«
    Aber ich insistierte. »Nein, sag was, nenn einen Gegenwert.«
    Shirley stieß gegen meinen Knöchel. »Was ist denn los mit dir?«
    »Mein Gott«, erwiderte Jonathon, »richtige Freunde würden niemals daran denken, sich Geld geben zu lassen, nur weil einige Schafe von ihrem Gras gefressen haben.«
    »Ich bin froh, daß du so denkst«, sagte ich und ging vorsichtig einen Schritt zurück, »weil nämlich Mervyns Schafe auf deiner Weide am Weg sind und von dem Gras fressen, das du für die jungen Kälber aufgehoben hast.«
    Eine Lachsalve von den zuhörenden Männern erschallte, aber Jonathons Gesicht war eine Studie augenblicklicher Empörung. »Das ist fast das beste Weideland auf meiner Farm!« rief er und drehte sich anklagend zu Mervyn um.
    Der Schafsbesitzer machte eine entschuldigende Miene. »Tut mir leid, Jonathon, ich hol’ sie, sobald die Auktion vorbei ist.«
    Der Mantel des Vermittlers wurde achtlos unter den Füßen zertrampelt.
    »Es ist nicht richtig, es ist nicht christlich, wenn man Schafe rumlaufen läßt, die anderer Leute Lebensunterhalt auffressen«, stieß unser Freund hervor.
    Matthew zupfte an seinem Ärmel. »Reg dich nur nicht allzu sehr auf, wir wollen nicht, daß du die halbe Gesellschaft mit den Karateschlägen zu Boden streckst, die man im Fernsehen sieht.«
    Der arme Mervyn stand ganz niedergeschlagen da und blickte von einem zum andern. »Es ist schwer, dazu was zu sagen. Wenn es darum geht, ein paar Shillinge für deren Unterhalt zusammenzukratzen... aber Jonathon hat doch gerade gesagt, daß das eigentlich nicht notwendig ist.«
    »Das war ‘ne Falle!« rief Jonathon barsch.
    »Das stimmt«, ergänzte ich mit Wohlgefallen.
    »Was soll ich denn sagen?« fragte Mervyn die ganze Gesellschaft.
    Aaron

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