Alle meine Schaefchen
vorbeikonnten. Wir bedankten uns und hoben grüßend die Hand; der Fahrer lächelte zurück und nahm wieder Fahrt auf.
Diesen Zwischenfall nutzten einige der Mutterschafe, um sich an dem Bock vorbeizumogeln und eiligst auf der Straße davonzumachen. Aber das leichte Berühren von Johns Hand genügte, daß sich der Hund durch eine Spalte in der Hecke zwängte, auf dem Feld davonraste und dann wieder auf die Asphaltstraße kreuzte, um sich den möglichen Ausreißern entgegenzustellen und sie zur Herde zurückzutreiben. Für einen Augenblick begannen die Tiere durcheinanderzurennen, aber bald hatte sie der autoritäre Hund wieder unter Kontrolle, so daß sie sich ordentlich vorwärts bewegten.
John machte eine Kopfbewegung in Richtung Hund: »Wie eine Henne mit ihren Küken.«
»Wenn er ein Mensch wäre, müßte man ihm Pillen zum Mildern des ständigen Besorgtseins geben«, pflichtete ich ihm bei.
Als wir uns dem Punkt näherten, wo unser Weg von der Straße abbog, tauchten Nick, mein sechsjähriger Sohn, und zwei seiner Schulfreunde auf. Von der Bushaltestelle her kamen sie die Straße heraufgerannt und schwangen ihre Schulranzen, um die Herde nach Egerton hinunterzutreiben. Diese Anstrengung war eigentlich umsonst, denn die Schafe kannten den Weg und hatten nichts anderes im Sinn, als so schnell wie möglich nach Haus zu gelangen.
Ich kannte den einen der beiden Jungen, Edward. Seine Eltern wohnten in einem kleinen Haus, das von der Hauptstraße etwas zurücklag; sein Vater arbeitete in Birmingham und kam an den Wochenenden nach Hause.
»Das hier ist Ned«, sagte Nick und zeigte auf den anderen Jungen, einen stämmigen Burschen mit einem Krauskopf.
»Ned und weiter?«
»Pugh«, antwortete der Junge. »Ned Pugh.«
»Katies Sohn?«
Er betrachtete den Hund. »Das ist meine Mama, aber sie lebt jetzt in Birmingham.«
»Und niemals wird sie wiederkommen«, rief ihm Edward mit jener fürchterlichen Offenheit zu, die Kinder an sich haben.
In Neds Augen wurde der Anflug von Tränen sichtbar. »Aber mein Papa sagt, daß sie irgendwann zurückkommt.«
Edward bückte sich, hob einen Kieselstein auf und schleuderte ihn in die Hecke. »Nein, das wird sie nicht«, beharrte Nick und schüttelte den Kopf. »Sie ist mit Mr. Morris fortgegangen, und meine Mama sagt, daß die beiden nie wiederkommen.«
Ich mischte mich ein, bevor die Sache noch weiterging. »Laßt jetzt das Geschnatter über eure kostbaren Mütter, und helft uns lieber, diese Schafe nach Haus zu bringen.«
Die drei marschierten mit uns etwa hundert Meter, neckten sich und schwangen ihre Ranzen wie mittelalterliche Waffen gegeneinander. Aber dann kletterten sie über ein Tor und jagten über Jonathons Weiden hinunter, um früher als die Schafe auf Egerton anzukommen.
Es war hoffnungslos für uns, denn die Mutterschafe und Lämmer beschleunigten ihren Schritt, so daß auch Spot jetzt zu rennen begann, um bei ihnen zu bleiben, und John und ich hinten abgehängt wurden. Als wir endlich das Tor hinter uns schlossen, hatten sich die Schafe bereits auf der ganzen Weide breitgemacht, und der Schäferhund lag dabei und beobachtete sie.
»Gut gemacht«, sagte ich und streichelte ihn. »Alle vollzählig und in bester Ordnung vorhanden?«
»Er hat sich selbst übertroffen«, sagte John. »Er hat ein Geschenk für dich.«
Er zeigte auf drei Welsh-Mountain-Schafe in dickem Wollpelz, die hungrig auf der Mitte der Weide grasten.
»Vielleicht waren sie auf dem Weg gewesen und wurden mit den anderen auf die Weide getrieben, oder aber sie haben sich hierher verirrt, als wir beim Tauchen waren?«
John ging zu ihnen rüber, um sie sich aus der Nähe zu betrachten. »Sie haben eine Markierung am Ohr und einen roten Fleck auf der Schulter. Wollen wir sie den Weg wieder hinaufjagen?«
Die Tauchprozedur der Herde hatte mich müde gemacht. »Nein, laß sie hier, vielleicht fragt jemand nach ihnen.«
»Aber nicht eher, als bis sie sich die Bäuche ein paarmal vollgefressen haben.«
Er hatte recht; meistens lief die Sache so aus.
Als wir zum Haus kamen, waren Nick und seine Freunde im Garten; Vicky und Shirley, in Shorts und schulterfreiem Oberteil, sahen ihnen zu.
»Genießt Jonathon auch die Sonne?« fragte Shirley.
»Er läßt dich grüßen und bietet dir Rhabarber und Stachelbeeren an, wenn es dir nichts ausmacht, sie selber zu ernten.«
»Wie freundlich von ihm! Ich werde versuchen, mir dafür Zeit zu nehmen.«
John legte den Hund an die Leine und fragte: »Was
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