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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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Kindheit.«
    »Daran zweifle ich keinen Moment … du meine Güte, so habe ich das nicht gemeint!«, sagte Lisa nervös und sah Sergei hilfesuchend an.
    »Ist schon gut, wir wissen, wie es gemeint war«, beruhigte er sie.
    »Natürlich«, stimmte Amy freundlicher zu. »Außerdem tut es schon gut, ein bisschen Mitgefühl für die letzten Tage zu bekommen. Ich fühle mich, als säße ich in einem Hochgeschwindigkeitszug. Als ich zu dieser Reise aufbrach, wollte ich ein bisschen Abstand gewinnen, mir ein paar kostbare Dinge zurückholen und meinem Freund etwas beweisen – Ex-Freund mittlerweile.«
    »Ein an sich vernünftiges Anliegen«, betonte Sergei.
    »Insbesondere der letzte Punkt.« Lisa lächelte. Sie streckte sich ausgiebig und stand dann auf. »Wisst ihr was? Ich brauche ein ausgedehntes Bad, bevor ich ins Bett gehe. Die Mädchen haben mich heute geschafft. Habt ihr hier unten alles, was ihr braucht?«
    Sergei hielt sie an der Hand fest, als sie an ihm vorbei in Richtung Treppe ging. »Du musst nicht gehen, nicht wahr, Amy?«
    »Natürlich nicht!« Amy nickte energisch. Aber insgeheim war sie froh. Sergei musste ihr noch mehr erzählen, es gab Dinge, die ihr noch nicht klar waren. Sie konnte zwar versuchen, großzügig zu sein, aber in Wahrheit wollte sie doch lieber allein mit ihrem Vater sprechen.
     
    »Ich hatte Hannah fünf Jahre lang nicht gesehen«, gestand Sergei, nachdem Lisa ihnen beiden einen Gutenachtkuss gegeben und sich nach oben zurückgezogen hatte. »Ich dachte, es sei am besten, wenn wir gar keinen Kontakt hätten. Hannah heiratete Patrick und war damit beschäftigt, mit ihm eine Familie aufzubauen. Auch nach deiner Geburt habe ich sie nicht besucht. Lange Zeit redete ich mir ein, mein Verhalten sei nobel: beiseitezutreten, mir die Chance zu nehmen, eine Rolle im Leben meiner Tochter zu spielen und dir Freiraum zu lassen.«
    »Ich glaube, das kann ich verstehen«, räumte Amy ein. »Wie hast du dich damit gefühlt?«
    »Ehrlich?«
    Sie nickte.
    »Am Anfang war es hart, aber nach einer Weile kam ich ganz gut damit zurecht. Mein Leben war sehr aufregend. Ich war tagtäglich umgeben von kreativen, aktiven Menschen. Und ich war der große Star, mit allem, was dazu gehört: das Jetset-Leben, die Partys, die ständigen Proben und Auftritte. Wie ich schon sagte, nachdem Hannah und ich uns getrennt hatten, habe ich mich mit doppelter Kraft in all das hineingestürzt. Nachdem du auf die Welt gekommen warst, wusste ich zwar, dass ich eine Tochter habe, aber …«
    Amy sah ihm an, wie er mit sich rang. Fragte er sich, wie viel Wahrheit sie wohl vertrug? »Ich hatte dich nie gesehen, nie Zeit mit dir verbracht. Manchmal war es nicht allzu schwer, so zu tun … als gäbe es gar keinen Grund, traurig zu sein …«
    Sergeis Worte verletzten sie. Aber ihr Wunsch, die ganze Wahrheit zu erfahren, war größer.
    »Verstehe, Sergei, das tue ich wirklich. Bitte, erzähl weiter.«
    »Aber dann traf ich Hannah wieder, und alles wurde anders.« Er starrte in die Flammen und schien in Gedanken ganz weit weg zu sein, weit zurück in der Vergangenheit. »Es war in New York. Dort fand eine Party zu Ehren von Margot Fonteyn statt. Ich wusste, dass Hannah dort sein würde, und ich war sehr aufgeregt. Hannah und Margot waren sich bei verschiedenen Gelegenheiten begegnet und respektierten einander sehr. Hannah war extra für die Party nach New York geflogen.«
    »War Patrick auch da?«, fragte Amy.
    Sergei zögerte, dann nickte er. »Ja. Und du auch.«
    »Ich?«, rief Amy überrascht. »Sie haben mich mitgenommen? Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern!«
    »Doch, das haben sie. Ich … habe alles Erdenkliche getan, um herauszufinden, ob Hannah allein nach New York gereist war oder mit Patrick und dir. Ich rief sämtliche Hotels in New York an, in denen die Ballettensembles normalerweise absteigen, und machte meinen ganzen Einfluss geltend, um herauszufinden, wo Hannah wohnte und wer sie begleitete.«
    »Ganz schön clever«, murmelte Amy. »Aber warum?«
    »Es war so viel Zeit vergangen. Und jetzt gab es auf einmal die Möglichkeit, sie zu treffen. Aber ich wusste, dass Patrick in der Nähe war. Deshalb schrieb ich ihr eine Nachricht und hoffte, sie ihr zustecken zu können.«
    »Das klingt ein bisschen …«
    »Ich weiß, wie es klingt!«, fiel Sergei ihr hastig ins Wort. »Aber ich war nervös, aufgeregt. Ich wollte nicht den ganzen Abend mit Hannah im selben Raum verbringen und sie höchstens nach der Uhrzeit

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