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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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ihres Zielobjektes aufzunehmen.
    Und da war er auch schon! Nicht allzu weit vor ihr fuhr er stadtauswärts.
     
     
    Es gab eine Reihe von Gründen, warum Amys Verfolgung eines wildfremden Mannes in einem ihr unbekannten Land ziemlich riskant war. Sie konnte überfallen, ausgeraubt oder wegen Stalking verhaftet werden. Den Wagen in ihrer Panik zu Schrott fahren und feststellen, dass die Versicherung, die Debbie für sie abgeschlossen hatte, ungültig war, und für den Rest ihres Lebens arbeiten, um die überdimensionalen Krankenhausrechnungen zu bezahlen – und zwar von einem Büro aus, das an ihre Bedürfnisse als Rollstuhlfahrerin angepasst war. Oder sie konnte mausetot sein.
    Aber Amy verdrängte diese Gedanken. Sie steuerte einen ihr nicht vertrauten Wagen mit hoher Geschwindigkeit über einen ihr unbekannten Highway. Jeder einzelne Nerv bis zum Zerreißen gespannt jagte sie einem Fremden hinterher, dem es gelungen war, mit einem Schuhkarton unter dem Arm aus dem Postgebäude zu entkommen.
     
     
    Der Jeep fuhr die Küste entlang in Richtung Osten. Amy hatte genügend Krimis gesehen und ließ immer zwei Wagen zwischen sich und dem Verfolgten, damit der Mann keinen Verdacht schöpfte. Das ganze war ohnehin schon peinlich genug – da wollte sie nicht noch unnötig auf sich aufmerksam machen und ließ sich möglichst weit zurückfallen.
    Sie setzte ihre Sonnenbrille auf. Die Sonne brannte erbarmungslos. Das Hitzeflimmern auf dem Highway verstärkte ihre Kopfschmerzen und machte es fast unmöglich, etwas zu sehen, ohne zu blinzeln. Jesminder war überzeugt, dass Blinzeln bei Sonnenstrahlen frühzeitig zu Krähenfüßen führte. Deshalb ermahnte sie Amy ständig, eine Sonnenbrille zu tragen, sogar im Winter. Außerdem hatte sich durch die Hitze und ihre Anstrengung ein feiner Schweißfilm um ihre Augen gebildet – rasch klappte Amy die Sonnenblende herunter …
    Hoppla!
    Der Jeep blinkte plötzlich rechts und war dabei, in eine Seitenstraße abzubiegen. Amy folgte seinem Beispiel. Ihr Herz hämmerte laut in ihrer Brust.
    Jetzt fuhren sie durch an der Küste gelegene Vororte. Der Jeep bog nach links auf eine breite, schattige Straße ab und schwenkte kurz darauf rechts in eine elegante Zufahrt mit einem großen glänzenden Schild an der Wand: Pleasant Shores Senioren-Wohnheim .
    Amy fuhr am Eingang vorbei und parkte den Wagen ein Stück weiter die Straße herunter. Ihr Verstand lief auf Hochtouren. Arbeitete der Mann hier? Oder besuchte er jemanden – vielleicht diese geheimnisvolle Alice?
    Sie konnte ihm unmöglich folgen, nicht in ein Altersheim. Das wäre ziemlich aufdringlich und unpassend. Nein, sie würde hier sitzen bleiben, bis er wieder herauskam. Dann konnte sie ihn verfolgen, wenn er, hoffentlich, nach Hause fuhr. Womöglich würde das ewig dauern. Und sie hatte schon den ganzen Tag mit Herumsitzen und Warten verbracht. Dann bemerkte sie die Überwachungskameras, eine Gegensprechanlage – das ganze Programm mit allem drum und dran. Vielleicht liefen hier auch muskulöse Wachleute herum? Ob die nötig waren, um die Bewohner drinnen oder ungebetene Gäste draußen zu halten? In jedem Fall mochte Amy gar nicht daran denken, dass sie gerade dabei war, einen Narren aus sich zu machen.
    Zwei, vielleicht drei Minuten waren bisher vergangen. Amy betrachtete ihr glänzendes Gesicht im Spiegel der Sonnenblende.
    Wenn ich so darüber nachdenke, werde ich allmählich ziemlich gut darin, einen Idioten aus mir zu machen. Warum also sollte es heute anders sein?
    Verstohlen schielte sie zu der Überwachungskamera. Ist ja nicht so, als würde ich jemandem schaden, oder? Abgesehen von meiner Würde, aber das ist mittlerweile kein großer Verlust mehr.
    Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Es würde bald dunkel werden.
    Was wäre denn so schlimm daran, hineinzugehen und sich den Burschen für eine Minute zu schnappen? Mein Gott, ich habe mich sogar schon auf eine Totenfeier geschmuggelt. Dagegen ist das hier doch harmlos, oder?
    Es konnte ja auch sein, dass der Bursche dort arbeitete und sogar da wohnte und nicht wieder herauskam, bevor er in einer Woche das nächste Mal die Post abholte. Oder (und diese Möglichkeit versetzte ihr einen Riesenschreck) es gab noch einen anderen Ausgang! Er könnte das Paket abgegeben haben und längst wieder auf dem Highway unterwegs sein!
    Damit war die Sache entschieden. Amy sprang aus dem Wagen und lief zur Einfahrt.

17. Kapitel
    D er Mann, den Amy über den Highway verfolgt hatte, saß

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