Alle Orte, die man knicken kann
ausgeschlossen haben.
Chowpatty Beach. Gleich unterhalb des Hügels erstreckt sich der Strand, der in Reiseführern zum Betrachten des Sonnenuntergangs empfohlen wird. Tatsächlich ist dieses Alltagsereignis hier am südwestlich ausgerichteten Girgaum Chaupati außergewöhnlich, weil die hohe Schadstoffkonzentration als Filter wirkt, der die Sonne in dunklem Purpur erscheinen lässt. Dazu lassen die dichten Schichten der Schwebstoffe dank milliardenfacher Reflexion die Sonne nicht nur viel größer, sondern auch viel zerfledderter erscheinen als in Europa, was bei Besuchern von dort zwiespältige Gefühle hinterlässt. Es ist erleichternd, dass die Sonne hier wenigstens schnell versinkt. Eine lange Dämmerung findet Richtung Äquator immer weniger statt; es ist eher, als sei das Licht ausgeknipst worden. Wer sich kurz vorher noch umgeschaut hat, hat wahrgenommen, dass hier nicht nur Leute aus allen Schichten und Kasten und kastenlosen Religionen unterwegs sind, sondern auch viele Touristen und deshalb noch viel mehr Imbissverkäufer und noch viel, viel mehr bettelnde Kinder und Frauen mit sedierten Babys.
Marine Drive. Der Chowpatty Beach geht über in diese drei Kilometer lange bogenförmige Küstenstraße, die bereits von den Portugiesen besiedelt wurde und von den Engländern zur Edelmeile der Stadt erhoben wurde. Am einen Ende die Skyscraper des Businessviertels Nariman Point, am anderen ein weiterer betagter Shiva-Tempel namens Babulnath, der regelmäßig in Bollywood-Filmen als Hintergrund zu sehen ist. Wer ihn besichtigt, wird ihn schon am nächsten Tag mit anderen Tempeln verwechseln. Zwischen beiden Punkten feine Häuser des englischen Kolonialadels, die zwar wieder bewohnt sind, gleichwohl dem Verfall preisgegeben werden. Zwar bewilligt die Regierung regelmäßig Gelder für den Denkmalschutz, doch diese Gelder verschwinden in den bodenlosen Taschen jener Beamten, die sich selbst für ein schützenswertes Denkmal halten, und dazu gehört in Indien jeder Beamte.
Gateway of India. Einen Kilometer entfernt vom Nariman Point, am südöstlichen Ufer der Landzunge, steht Mumbais Arc de Triomphe. Der vor hundert Jahren begonnene Klotzbrocken aus Basalt und Beton sollte die englischen Schiffe schon aus der Ferne begrüßen. Durch sein Tor sollten nach dem Willen König Georgs V. «viele hundert Jahre lang die Könige Britanniens und die Vizekönige Indiens mit ihren Truppen in die Stadt marschieren». Fünfundzwanzig Jahre nach der Fertigstellung verließen die letzten britischen Truppen durch den Bogen das Land, mit ihnen übrigens auch die letzten Baumeister, die dem Land so etwas wie eine Infrastruktur gegeben hatten. Tore, Brücken und Bögen, die heute errichtet werden, stürzen gewöhnlich schon während der Bauzeit wieder ein. Vor dem immer noch trutzigen Gate flaniert man heute oder steigt unter strenger Beobachtung bewaffneter Wachen in Boote um, die zur Insel Elephanta schaukeln.
Taj Mahal Palace. Gleich hinter dem Gateway steht dieses Monstrumvon einem Hotel, das viele Besucher von weitem für eine Hochzeitstorte und beim Näherkommen für das Grab von Walt Disney halten. Doch das Hotel wurde bereits vor etwas mehr als hundert Jahren erbaut, und zwar in einem Konditorstil, der heute als «indisch-parsisch-sarazenisch oder so ähnlich» bezeichnet wird. Vor einigen Jahren gelangte es ins Fernsehen, als es von pakistanischen Terroristen erobert wurde und die Gäste sich an Bettlaken abseilten.
Mittlerweile können auch harmlos aussehende Besucher nur durch metallsensible Schleusen hinein. Drinnen, in einer Atmosphäre trübsinniger Feierlichkeit, werden in Vitrinen Fotos verblichener Gäste samt heuchlerischen Danksagungen ausgestellt. Es gibt stark gezuckerten Tee und zahnziehendes Gebäck aus der Kolonialzeit.
Elephanta. Die bunt geschminkten Holzboote zur Insel Elephanta – für Kenner Gharapuri – legen am Ufer vor dem Gateway ab. Die Überfahrt dauert eine Stunde, sofern das Boot nicht kentert oder wegen eines Kurzschlusses in Flammen aufgeht. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist laut Statistik am Wochenende am größten, wenn die Boote am vollsten sind. Für die Bewohner von Bombay ist Elephanta das klassische Familienausflugsziel am Sonntagnachmittag. Man besucht die auf einer Anhöhe gelegene Shiva Cave, ein Geflecht von sieben Höhlen, deren größte in den Fels hinein erweitert wurde und als Tempel dient. Tausendjährige Götterstatuen, aus dem Stein herausgeschlagen, die
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