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Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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schreibt. Sie muss den Termin einhalten.‹ Du weißt, welchen Spaß es dir gemacht hat,
Ohne Reue
zu schreiben. Und du hast festgestellt, dass du Talent für Autobiographisches hast.«
    Jay musste zugeben, dass sie sich gern ausmalte, wie Jasper jedermann sagen würde, man solle sie in Ruhe lassen. Die Tür verriegeln und die Barbaren fernhalten, während sie in Liebe schwelgte.
    Sie wusste genug über den Verlauf von Beziehungen, um zu begreifen, dass der Rausch der Gefühle und sexuellen Intensität zwischen ihr und Magda bald nachlassen würde. Das erste Aufwallen ließ sich nicht vertagen, bis man ein Zeitfenster finden konnte. Es kam und ging nach seinem eigenen Zeitplan. Und es war so plötzlich, unerwartet und unvorhersehbar gekommen, dass man fast fürchten musste, es könnte genauso schnell wieder verschwinden. Konkret konnte sie sich das allerdings kaum vorstellen, wo doch ihr Herz bei jedem Blick auf Magdas Schönheit jubelte. Aber wenn sie einen Vorwand hätte, sich vor der Welt zu verstecken, damit sie Magda fester an sich binden konnte, hatte das nur Vorteile. Dabei war es egal, dass sie sich mit dem Buch auf längere Sicht keine Freunde machen würde. Sie hatte ja schon genug.
    Sie seufzte: »Na ja, also gut«, was eher mürrisch als gnädig klang.
    Jasper lächelte beglückt. »Du wirst es nicht bereuen.«
    »Das hoffe ich, in deinem Interesse. Du weißt ja, dass den Leuten, die mich verärgern, schlimme Dinge zustoßen.« Einen Moment herrschte frostiges Schweigen. »Nur ein Scherz, Jasper«, sagte sie lächelnd.
    Er antwortete seinerseits mit einem schwachen Lächeln.

5
    B evor sie sich kennenlernten, hatte Charlie Flint erwartet, dass sie Lisa Kent unsympathisch finden und verachten würde. Obwohl Charlie damals diejenige war, die unter falscher Flagge segelte, war sie überzeugt gewesen, dass sie die moralisch überlegene Position innehatte.
    Ihre Liebe zu ihrem Beruf ließ sie jede Gelegenheit wahrnehmen, ihr Wissen und ihre Erfahrung zu erweitern. Als ihr klarwurde, dass es einen neuen Trend bei Selbsthilfeprogrammen gab, der sich schon fast in der Nähe des Kults bewegte, wollte sie dieses Phänomen unter die Lupe nehmen. Von den drei oder vier Seminaren, von denen sie wusste, hatte sie Lisa Kents »Ich bin nicht ok, du bist nicht ok. Der Umgang mit Verletzlichkeit« ausgewählt. Unter den Anhängern hatte sich, wie bei solchen Trends üblich, bereits ein ganz spezieller Fachjargon entwickelt.
    Charlie hatte sich unter falschem Namen für ein Wochenendseminar angemeldet. Sie hatte vor, ihre Erfahrung als Grundlage für einen prägnanten, vernichtenden Bericht über das ganze Phänomen zu nutzen. Eine akademische, von Experten begutachtete Publikation sowie ein mehrseitiger Artikel im Feuilleton des
Guardian
waren angedacht.
    Die ungefähr fünfzig Teilnehmer entsprachen weitgehend Charlies Erwartungen; die meisten waren Mitte zwanzig bis Ende dreißig, zeichneten sich nicht durch einen eigenen Stil aus, waren fast alle durch eine Niederlage gezeichnet, die nur abgemildert war durch die Hoffnung, dass dieses Wochenende irgendwie ihr Leben verändern werde. Was sie allerdings erstaunt hatte, war, dass sie widerstrebend zur Kenntnis nehmen musste, dass Lisa Kent weder eine Schamanin noch eine Schwindlerin war. Was sie bot, war größtenteils vernünftig und praktisch. Allgemein anerkannte therapeutische Ratschläge. Es war Lisas Charisma, das dem Seminar etwas Kultiges gab. Wenn sie sprach, hatte sie den Saal voll im Griff. Alle waren begeistert von ihr. Und Charlie war schockiert, als sie merkte, dass sie sich nicht so sehr von den anderen unterschied. Ihre Ausbildung und ihre Erfahrung hatten sie gegen Lisas Charme nicht immun gemacht.
    Aber es hätte trotzdem ganz harmlos ausgehen können. Alles änderte sich durch das, was in der Kaffeepause am Nachmittag geschah. Charlie stand an die Wand gelehnt, trank Tee und versuchte, so niedergedrückt auszusehen, dass sie dazuzugehören schien, als Lisa durch die Menge auf sie zukam und vor ihr stehen blieb. Lisa schaute auf ihr Namensschildchen und lächelte ironisch. »Ich hätte gern kurz mit Ihnen gesprochen, Miss … Browning«, sagte sie und ließ es so skeptisch klingen, dass Charlie es nicht als Schmeichelei verstehen konnte.
    Charlie folgte Lisa in einen kleinen Raum am Hauptkorridor. Niedrige, miteinander verbundene Stühle standen an den Wänden, und ein Wasserspender summte in einer Ecke. Die Einrichtung ließ keine Rückschlüsse auf die

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