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Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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gerissen worden. Aber das war nur der Anfang. Sie hatte noch eine lange Strecke vor sich vor dem Einschlafen.

2
    A n einem sonnigen Tag von Glasgow zur Insel Skye zu fahren war eines der eindrucksvollsten Schauspiele, die Charlie je erlebt hatte. Berge und Wasser, Nadelbäume und Farnkraut, winzige Orte, die wie zufällig über die Landschaft verstreut schienen – und das Sahnehäubchen – die Fahrt auf der Brücke über den Atlantik zur Insel selbst. Es war alles so schön wie in einem Bilderbuch. Die Art von Erlebnis, das den nüchternsten Stadtbewohner mit Sehnsucht nach dem einfachen Leben erfüllt.
    Charlie kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, dass sie nach einer Woche hier durchdrehen würde; aber für die Dauer einer langen, zauberhaften Fahrt war es möglich, die Phantasievorstellung zu genießen. Es war schön, dass Maria dabei war, mit der sie sich die Zeit am Steuer teilen konnte. Aber dass sie die Gesellschaft ihrer Partnerin genoss, löschte nicht das ständige Bewusstsein aus, dass eine andere Frau ihre Aufmerksamkeit in Beschlag nahm. Was hatte Lisa in ihrer letzten E-Mail geschrieben?
Vielleicht wird die klare Luft auf der Insel dir helfen, Klarheit in deinem Herzen zu schaffen. Man kann nicht vorwärtsgehen, bis man weiß, was vergangen ist und was man auf die weitere Reise mitnehmen will. Manchmal ziehen uns die Dinge nur an, weil wir in unserem Inneren wissen, dass wir sie nicht bekommen können. Ich will, dass du dir über alle denkbaren Konsequenzen deiner Entscheidungen im Klaren bist, Charlie. Es gibt Dinge, die sich nicht ungeschehen machen lassen.
    Wie gewöhnlich hinterließen Lisas Worte bei Charlie mehr Fragen als Antworten. War alles einfach nur ein Spiel, oder handelte es sich um eine Reihe von Tests, die Charlie helfen sollten, sich die richtigen Antworten abzuringen? Was immer los war, sie musste aufhören, hin und her zu schwanken. Es war mehr als unfair gegenüber Maria, die nicht einmal wusste, dass ihre Zukunft in der Schwebe war. Charlie hatte keine Neigung zur Grausamkeit und fühlte sich nicht gut bei der Vorstellung dessen, was Lisa die denkbaren Konsequenzen ihrer Entscheidungen nannte. Aber Lisa trieb sie um wie ein Fieber. Das Problem war, dass Charlie nicht wusste, ob sie widerstehen oder unterliegen wollte.
    Sie machten eine Pause und aßen in Fort William. Maria unternahm einen kurzen Rundgang durch die Stadt und ließ Charlie allein, die noch zu Ende aß.
    So aufgeregt wie ein kleines Kind kam sie zurück. »Es ist so anders«, sagte sie. »Warum sind wir noch nie in die richtigen Highlands gefahren?«
    »Einmal waren wir ja in Aviemore zum Skifahren«, antwortete Charlie.
    »Aber das sind nicht die richtigen Highlands. Wenn man Ski fährt, könnte man ja an jedem beliebigen Ort sein, wenn nur der Schnee einigermaßen gut ist. Aber hier ist es so schön! So etwas müssen wir häufiger machen.«
    »Was? Zwei Tage auf schlechten Straßen verbringen wegen einem Tag auf einer schottischen Insel, wo wir irgendwelche Hinterwäldler befragen?« Charlie war nicht sicher, ob sie nur so griesgrämig tat oder ob ihre Verdrießlichkeit echt war. Denn Maria hatte recht. Es war etwas Besonderes, durch diese Landschaft zu fahren, selbst wenn der Grund für ihre Fahrt banal war.
    »Du findest es doch toll«, sagte Maria. »Und übrigens bist du an der Reihe mit dem Fahren. Wenn du erst mal am Steuer sitzt, wirst du so gefordert sein, dass du dich nicht über die schlechten Straßen beklagen kannst. Komm, brechen wir auf.«
    Während sie am See entlangfuhren, bewunderte Charlie die Erhabenheit des Great Glen und den wie einen buckligen Wal geformten Ben Nevis zu ihrer Rechten. Es war unschlagbar. Aber als sie die Brücke nach Skye sah, musste sie ihre Skala atemberaubender Eindrücke berichtigen. Glänzend, elegant und irgendwie natürlich, war sie ein echter Hingucker. Dahinter zeichnete sich die dunkle Gebirgskette der Cuillins ab.
    »Wie könnte man durch diese Landschaft fahren mit dem Wissen, dass man jemanden umbringen wird?«, fragte Maria. »Ich meine, es ist doch überwältigend, oder? Es gibt mir das Gefühl, unbedeutend zu sein. Wie kann man all das erleben und seine Sorgen so wichtig finden, dass man deswegen jemanden tötet?«
    Charlie seufzte. »Nicht alle reagieren so. Manche Leute sehen die Landschaft fast als eine Herausforderung. ›Gut, du bist groß und wirst noch hier sein, wenn es mich schon lange nicht mehr gibt; aber ich werde mein Zeichen auf dir

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