Alle Rache Will Ewigkeit
würde. Aber da saß sie und flirtete mit einer anderen Frau in dem gleichen Restaurant, in dem – und auch das wusste sie – Charlie und Maria beim Dinner sitzen würden. Es war unglaublich. Als Charlie plötzlich klarwurde, dass Maria mit ihr sprach, lenkte sie ihre Aufmerksamkeit an ihren Tisch zurück. »Bitte?«
»Ich sagte, ob du meinst, dass sie von unserem Ufer sind«, wiederholte Maria und wies mit einer Kopfbewegung Richtung Lisa und Begleiterin.
»Wenn nicht, dann sollten sie’s in Erwägung ziehen«, sagte Charlie, ohne weiter nachzudenken. »Was nimmst du denn? Hast du dich entschieden?«
Später erinnerte sich Charlie nicht mehr daran, was sie gegessen oder getrunken hatte, nur dass dabei ziemlich viel Rotwein geflossen war. Wenn man nach Marias überschwenglicher Beurteilung ging, war das Essen außergewöhnlich gut gewesen, und Charlie musste ihren Part der Unterhaltung irgendwie gemeistert haben. Aber sie konnte nur an Lisa denken, die auf der anderen Seite des Raums saß, und was ihre Gegenwart bedeuten könnte. War Lisa verrückt? Versuchte sie, eine Art katastrophale Auseinandersetzung zu provozieren? Oder noch schlimmer, hatte sie es auf eine groteske Begegnung mit Partnertausch abgesehen? Oder konnte es womöglich sein, dass sie so hingerissen war von Charlie wie Charlie von ihr? So etwas zu denken, hatte sie sich bisher nicht erlaubt, aber es war möglich. Oder? Aber wenn Lisa sich so sehr zu Charlie hingezogen fühlte, warum hatte sie dann eine andere Frau mitgebracht? Versuchte sie, Charlie eifersüchtig zu machen? Wenn ja, dann war es ihr allerdings gelungen.
Die beiden anderen Frauen verließen das Restaurant vor Charlie und Maria und grüßten im Vorbeigehen höflich nickend, wie es bei Gästen in einem kleinen Hotel üblich ist. »Sie scheinen ganz nett zu sein«, sagte Maria. »Vielleicht sind sie später noch in der Bar.«
»Ich glaube, ich will lieber nichts mehr trinken«, antwortete Charlie.
»Ich dachte, wir sind hier, weil du Inselbewohner befragen willst?« Maria klang spöttisch. »Oder hast du einen besseren Grund entdeckt, um deinen Schatz in romantische Hotels zu entführen?«
Charlie wusste, dass es ihr unmöglich wäre, mit Maria zu schlafen, während Lisa im gleichen Haus war. »Ich glaube, du hast das Beste von mir schon gehabt«, sagte sie. »Und natürlich hast du recht. Ich sollte nicht vergessen, warum wir eigentlich hier sind.« Sie trank ihren Wein aus. »Also komm, lass uns gehen und herausfinden, ob die Bedienungen an der Bar schon aus den Windeln waren, als Jay und Kathy hier abstiegen.«
Die Bar war ein gemütlicher Raum am Ende des Saals. Lisa und die andere Frau saßen in der Nähe der Tür, so weit wie möglich von der Bar entfernt. Als sie hereinkamen, richtete Lisa ihren strahlenden Blick direkt auf Maria. »Hi«, sagte sie. »Kann ich Sie überreden, sich auf einen Drink zu uns zu setzen? Es kommt mir albern vor, dass wir auf entgegengesetzten Seiten des Raums sitzen.«
Bevor Charlie ablehnen konnte, hatte Maria schon die Einladung angenommen. »Danke. Ich bin übrigens Maria, und das ist Charlie.«
Lisa lächelte Charlie einladend zu und neigte den Kopf. »Ich heiße Lisa. Und das ist Nadja.«
Nadja winkte ihnen neckisch zu. »Das ist ja cool«, sagte sie.
»Ich geh mal und hole uns was zu trinken«, murmelte Charlie. »Was möchtet ihr denn?«
»Wir trinken beide Rotwein.«
»Dann hole ich am besten eine Flasche«, sagte Charlie und ging auf die Bar zu. Es war niemand zu sehen, aber neben einer Glocke stand ein Schild mit dem Hinweis, dass man bei Bedarf klingeln solle. Sie wusste nicht, was größer war – ihre Fassungslosigkeit oder ihre Angst. Bevor jemand auf die Glocke reagieren konnte, erschien Lisa an ihrer Seite.
»Ich habe Maria gesagt, ich würde dir bei der Auswahl des Weins helfen«, erklärte sie.
»Fickst du sie?« Es war heraus, bevor Charlie sich bremsen konnte. Leise und schroff, verbittert und brutal.
»Ich könnte dir die gleiche Frage stellen«, antwortete Lisa. »Und es wäre genauso sinnlos. Wir wissen doch beide, dass Sex alles oder nichts bedeuten kann. Und wir wissen beide, dass das, was zwischen uns läuft, viel mehr ist als Sex. Du solltest lächeln, Charlie. Maria kann deine Körpersprache wahrscheinlich aus einhundert Metern Entfernung lesen.«
Gerade in dem Moment trat der junge Mann von der Rezeption hinter die Bar. Er lächelte und sagte: »Heute Abend bin ich für alles zuständig. Was wünschen
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